Foto von Möhren und Kohlrabi in Marktkisten ausgelegt
(ams). Weniger Bewegung und mehr Zeit für Essen - die Corona-Pandemie ist auch aus
Ernährungssicht eine schwierige Situation. Gründe, sich gerade jetzt Gedanken über die eigene Ernährung zu machen, gibt es genug: Ein
ausgewogenes und nachhaltiges Essverhalten stärkt die Abwehrkräfte, verbessert
das Wohlbefinden und kann außerdem einen positiven Beitrag zum Klima leisten.
"Die Art und Weise, wie unsere Lebensmittel
produziert werden, spielt eine entscheidende Rolle. Die Herkunft, der
Transport, die Verarbeitung, die eigene Lebensmittelbeschaffung und das eigene
Wegwerfverhalten kommen hinzu", sagt Karolin Wagner, Ernährungsberaterin
der AOK. Ein in Deutschland lebender Mensch prodiziert durchschnittlich rund
elf Tonnen CO2 pro Jahr. 1,75 Tonnen davon fallen auf den Bereich Ernährung .
Der CO2-Ausstoß könnte jedoch reduziert werden, wenn
weniger Lebensmittel im Abfall landen. Insgesamt fallen in privaten Haushalten
jedes Jahr rund sechs Millionen Tonnen an Lebensmittelabfällen an. Dabei werden
vor allem Obst und Gemüse weggeworfen, dies
macht mehr als ein Drittel der Verschwendung aus. Am zweithäufigsten landen
zubereitete Speisen im Müll, gefolgt von Brot
und Backwaren.
"Dabei kann jeder und jede dafür ein besseres Bewusstsein entwickeln, denn so schont
man nicht nur das Klima, sondern tut auch etwas Gutes für
die eigene Gesundheit, das Tierwohl und den eigenen Geldbeutel", betont
Wagner und hat folgende Tipps:
1. Weniger tierische Lebensmittel konsumieren
Tierische Lebensmittel sollten nur in Maßen konsumiert werden: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurstwaren pro Woche, das entspricht 15 bis 30 Kilogramm im Jahr. Der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland fällt mit rund 60 Kilogramm jedoch deutlich höher aus. "Tierische Produkte haben die schlechteste CO2-Bilanz, denn die Herstellung erfordert große Mengen an Futtermitteln, Wasser und Anbauflächen, die häufig durch Rodung entstehen, wodurch ganze Ökosysteme zerstört werden", so die AOK-Ernährungsberaterin. So sind beispielsweise die Methan-Emissionen in der Landwirtschaft hierzulande fast vollständig auf die Rinder- und Milchkuhhaltung zurückzuführen.
2. Saisonale Produkte aus der Region wählen
Wenn eine heimische Frucht oder ein regionales Gemüse Saison hat, ist nicht nur dessen Ökobilanz am
besten, sondern auch der gesundheitliche Nutzen. Der Aufwand der Erzeugung ist
genau dann am geringsten, wenn das Obst oder Gemüse
auch ohne viel Zutun im Garten wächst.
"Im Winter kommen Tomaten, Gurken, Paprika aus
beheizten Treibhäusern, Erdbeeren zum Beispiel aus Peru und Weintrauben aus
Indien. Diese sind nicht nur weit gereist, sondern wurden auch aufwendig
produziert und schmecken nicht mal aromatisch, eher wässrig und teilweise sogar
chemisch. Heimisches Wintergemüse ist da eine
besonders gesunde Alternative. Auch Sprossen und Kräuter lassen sich wunderbar
auf der Fensterbank ziehen, und man hat immer etwas Frisches im Haus",
empfiehlt Wagner.
3. Ökologisch erzeugte Lebensmittel bevorzugen
Ökologische Produkte sind in der Regel nachhaltiger als konventionelle. Vorteile sind der Verzicht auf mineralischen Stickstoffdünger und auf Pestizide in der Pflanzenzucht. In der artgerechte(re)n Tierhaltung, die ohne präventiven Antibiotikaeinsatz auskommt, verzichtet man auf Kraftfutter aus Südamerika. Gentechnik ist unzulässig. Am besten achtet man natürlich auch hier auf Regionalität und saisonale Produkte. "Es gibt unterschiedliche Siegel, die verschiedene Kriterien beinhalten. Das EU-Biosiegel stellt die Mindeststandards für ökologisch erzeugte Lebensmittel dar. Strenger sind Siegel von Verbänden wie Naturland, Bioland und Demeter", so Wagner weiter.
Es gibt auch klimafreundlich arbeitende konventionelle
Betriebe in der Region, die mit gutem Vorbild (zum Beispiel Weidehaltung)
vorangehen. Flächen von Betrieben mit ökologischer Erzeugung und geschlossenem
Kreislauf jedoch haben in der Regel humusreichere Böden, die mehr CO2 binden
können und somit eine bessere Klimabilanz aufweisen.
4. Frische und unverarbeitete Lebensmittel nutzen
Empfehlenswert sind frische und unverarbeitete
Lebensmittel, nicht nur aus Gründen des
Klimaschutzes. AOK-Expertin Wagner: "Auch der gesundheitliche Nutzen ist
höher, wenn man sein Essen selbst aus frischen Zutaten energiesparend und
schonend zubereitet." Tiefkühlung und eine
starke Verarbeitung benötigen außerdem einen hohen Einsatz von Energie. Im
Haushalt sollten daher möglichst energiesparende Geräte zum Einsatz kommen.
5. Auf klimafreundliche Beschaffung der Lebensmittel
achten
Auch das beste Bio-Lebensmittel ist nicht mehr so ganz ökologisch, wenn man regelmäßig mit dem Auto zum Einkaufen fährt. Am klimafreundlichsten ist der Einkauf mit dem Rad oder zu Fuß. "Wer zum Beispiel fünf Kilometer mit dem Auto fährt, um zehn Kilo Äpfel zu kaufen, verursacht zusätzlich 1.600 Gramm CO2, also 160 Gramm CO2 pro Kilogramm Äpfel", rechnet Wagner vor (weitere Beispiele zum CO2-Fußabdruck: siehe Kasten).
6. Möglichst verpackungsfrei einkaufen
Obgleich es mittlerweile zunehmend Verpackungen gibt, die aus recyceltem oder biologisch abbaubarem Material hergestellt werden - zu Beginn steht immer die Herstellung der Verpackung und am Ende die Entsorgung. Es lohnt sich ein verpackungsfreier Einkauf. Wer ganz konsequent darauf achten möchte, kann dies in Unverpackt-Läden machen, die es zunehmend in Deutschland gibt.
7. Lebensmittel nicht verschwenden
Das Mindesthaltbarkeitsdatum dient nur als
Orientierung. In der Regel sind Lebensmittel noch über
das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus sehr gut genießbar. Ausnahmen bilden rohes
Fleisch und Fisch. Man sollte sich dabei auf seinen eigenen Instinkt, Geruchs-
und Geschmackssinn verlassen. Es gibt mittlerweile einige Start-Ups und
Projekte, die gegen die Lebensmittelverschwendung ankämpfen. Dazu gehören zum
Beispiel "Zu gut für die Tonne",
"ToGoodToGo" oder "Foodsharing".
Fazit:
"Fakt ist: Eine pflanzenbetonte Kost, mit wenig tierischen Produkten und nahezu ausschließlich saisonalen und regionalen Erzeugnissen, ist nicht nur für das Klima die beste Wahl, sondern auch für unsere Gesundheit. Die bewusste Ernährung ist ein wichtiger Teil eines nachhaltigen Lebensstils. Jeder kann mit seinem Konsum einen wesentlichen Beitrag leisten", bilanziert AOK-Ernährungsberaterin Wagner. Die mediterrane Ernährungsweise schneide bei der Klimabilanz dabei fast so gut ab wie eine rein vegane/vegetarische Lebensweise.
CO2-Fußabdruck - Zahlen und Fakten:
CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln (einige Beispiele):
1 Kilo Ananas (Transport mit Flugzeug) verursacht
durchschnittlich 15,1 kg CO2
1 Kilo Rindfleisch: 13,6 kg CO2
1 Kilo Fisch, Garnelen, Tiefkühlkost:
12,5 kg CO2
1 Kilo Butter: 9 kg CO2
1 Kilo Kaffee: 5,6 kg CO2
1 Kilo Hähnchen: 5,5 kg CO2
1 Kilo Schokolade/Vollmilch: 4,1 kg CO2
(Quelle: ifeu –
Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg)
Text / Foto: AOK-Bundesverband