August 2019 – Moderne Therapien gegen die Immunschwäche
HIV haben nicht nur die Behandlung der Krankheit stark verändert. Sie wirken
weit in die Gesellschaft hinein.
Pharma Fakten-Grafik: HIV/AIDS in Europa
Bis Mitte der 1990er Jahre behandelte man Menschen mit
HIV-Infektion mit einer Kombination auf Basis von Azidothymidin (AZT) – die
hohe Dosierung (bis zu 400 mg alle vier Stunden) entsprach der allgemeinen
Verzweiflung: Die Krankheitslast war hoch, die Todesraten auch (s. Grafik).
Die im Vergleich zu heute nur mäßige Unterdrückung der
Viruslast wurde erkauft mit einer ganzen Liste von Nebenwirkungen, die viele
Betroffene dazu bewogen, aus der Therapie auszusteigen. Fast 20.000 Menschen
starben zu dieser Zeit in Europa pro Jahr an den Folgen der Infektion. Die
Zahlen finden sich in der vom europäischen Pharma-Verband EFPIA zusammen mit
der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC herausgegebenen Studie
„Wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Fußabdruck der pharmazeutischen
Industrie in Europa“.
HIV-Medikamente von heute: Hochwirksam und verträglich
Erst HAART – eine Triple-Therapie auf Basis neu
entwickelter Protease-Inhibitoren – machte den Unterschied, der in den Grafiken
deutlich nachvollziehbar ist. Heute stehen in Europa mehr als 30
HIV-Medikamente zur Verfügung, von denen 13 eine fixe Kombination sind, die aus
nur einer Tablette am Tag besteht. Mitte der 90er Jahre sah die Behandlung noch
anders aus: 20 bis 30 Tabletten täglich waren keine Seltenheit.
Aber auch seit der ersten HAART-Therapie hat sich viel
getan. HIV-Medikamente von heute sind nicht nur hochwirksam. Sie sind auch
wesentlich verträglicher und haben einen positiven Effekt auf die
Lebensqualität der Menschen. „Wir schätzen, dass HAART im Vergleich zu den
Jahren vor Mitte 1990 dem durchschnittlichen HIV-Patienten neun Jahre an
Lebenserwartung (7,4 gesunde Jahre) schenkt – was damit der Lebenserwartung der
allgemeinen Bevölkerung entspricht“, schreiben die Autoren des EFPIA-Papiers.
HIV-Behandlung: Die Folgen in Zahlen
Das hat Folgen: Zwischen 2007 und 2017 konnten in Europa
rund 775.000 gesunde Lebensjahre hinzugewonnen werden. Weil aber gesunde
Lebensjahre dazu beitragen, dass Menschen z. B. arbeiten gehen können, rechnen
die Statistiker mit Produktivitätsgewinnen in Höhe von 207.000 Euro pro Patient
und Lebenszeit. Auf die gesamte Population hochgerechnet, könnten auf diese
Weise in Europa Produktivitätsgewinne von rund 22 Milliarden Euro
zusammenkommen.
Dass pharmazeutische Innovationen im Bereich HIV mehr
können, als „nur“ Viren zu unterdrücken, zeigt diese Zahl: Weil gut
eingestellte Patienten weniger Komplikationen haben, weniger oft beim Arzt oder
im Krankenhaus erscheinen, wirken moderne Medikamente entlastend auf das
Gesundheitssystem; PwC rechnet mit durchschnittlichen Netto-Einsparungen von
rund 11.000 Euro pro Patient und Lebenszeit.
Normalisierung und Ent-Stigmatisierung von Menschen mit
HIV
Und noch etwas können diese Medikamente. Sie sind so
wirksam, dass Menschen unter HAART-Therapie für ihre Partner kein
Infektionsrisiko darstellen. Das kann dazu beitragen, dass sich die Prävalenz
von HIV in Europa reduziert, was wiederum die Gesundheitssysteme entlasten
würde. Und es nimmt einer Krankheit den Schrecken – was zur Normalisierung im
Umgang mit HIV und damit zur Ent-Stigmatisierung beitragen kann.
Text / Grafik: PHARMA FAKTEN – Eine Initiative von
Arzneimittelherstellern in Deutschland