Experten schätzen, dass rund 40 Prozent aller
Krebserkrankungen durch eine gesunde Lebensweise vermieden werden können.
Berlin
– Die Deutsche Krebshilfe und die Landeskrebsgesellschaften setzen sich seit
vielen Jahren dafür ein, die Bevölkerung über die Möglichkeiten der
Krebsvorbeugung aufzuklären. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) forscht
intensiv an neuen Ansätzen zur personalisierten Prävention und Früherkennung.
Im Rahmen einer Pressekonferenz auf dem Deutschen Krebskongress 2020 sprachen
Experten über Präventionsforschung und das Potenzial der Krebsprävention.
„Besser
als eine Krebserkrankung zu behandeln, ist es, sie zu vermeiden“, so Gerd
Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Die
Krebsprävention fristet in unserer Gesellschaft jedoch leider noch ein
‚Nischen-Dasein‘: Es fehlt an Geld, Lobby und an Umsetzungswillen.“ Dabei sei
bereits heute bekannt, dass jeder Einzelne sein individuelles Krebsrisiko durch
einen gesunden Lebensstil senken kann – etwa indem er sich viel bewegt, sich
ausgewogen ernährt, auf sein Körpergewicht achtet, rauchfrei und möglichst
alkoholfrei lebt und sich vor UV-Strahlung schützt.
Aufklärung,
die alle Lebenswelten durchdringt
Die
Deutsche Krebshilfe klärt die Bevölkerung bereits seit vielen Jahren über
Krebsrisikofaktoren auf. Sie bietet unter anderem zahlreiche kostenlose
Informationsbroschüren und den persönlichen Beratungsdienst INFONETZ KREBS an.
Auch der Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums in
Heidelberg informiert über Möglichkeiten der Prävention. „Wir sind allerdings
davon überzeugt, dass eine erfolgreiche Prävention nur dann gelingen kann, wenn
sie alle gesellschaftlichen Bereiche und Lebenswelten durchdringt und wir
Menschen bereits vom Kindesalter an für dieses wichtige Thema sensibilisieren“,
so Nettekoven. Darüber hinaus engagiert sich die Deutsche Krebshilfe auch auf
politischer Ebene – mit Erfolg: Die bundesweiten Nichtraucherschutzgesetze
sowie die gesetzlichen Nutzungsverbote, die Minderjährige vor Solarien und
E-Zigaretten schützen sollen, sind nur einige Beispiele für den umfänglichen
Einsatz der Organisation für einen besseren Gesundheitsschutz.
Auch
die Landeskrebsgesellschaften setzen sich intensiv für die Krebsprävention ein.
‚Du bist kostbar‘ ist eine Kampagne, die von der Hessischen Krebsgesellschaft
initiiert wurde und inzwischen in vielen weiteren Bundesländern umgesetzt wird.
„Unsere Gesundheit bleibt unser höchstes Gut, mit dem viele von uns einfach
nicht achtsam genug umgehen,“ sagte Professor Dr. Christian Jackisch,
Vorstandsvorsitzender der Hessischen Krebsgesellschaft. „Deswegen informieren
wir über Möglichkeiten, die Gesundheit möglichst lange zu erhalten. Neben einer
gesunden Ernährung und Lebensweise gehört auch die Nutzung der
Krebsvorsorgemöglichkeiten für Frauen und Männer dazu. Daher gehört der Präventionsgedanke
bereits in den Kindergarten: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr.“
Prävention:
Forschungsfeld mit Zukunft
Die Zahl der Krebsneuerkrankungen steigt sowohl weltweit als auch in Deutschland rapide. „Um diesen Tsunami an Krebserkrankungen zu reduzieren, müssen wir die Krebsforschung – insbesondere im Bereich der Prävention – weiter verstärken“, konstatierte Professor Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des DKFZ. „Jeder Mensch hat individuelle Risiken, an bestimmten Krebsarten zu erkranken. Diese persönlichen Risiken zu erfassen und jedem Mitbürger spezifische Präventionsmaßnahmen vorzuschlagen, die an sein individuelles Risikoprofil angepasst sind, ist unser langfristiges Ziel. So lassen sich Krebserkrankungen hinauszögern oder sogar vermeiden.“ Im Nationalen Krebspräventionszentrum, das von der Deutschen Krebshilfe mit 25 Millionen Euro gefördert wird, sollen die umfangreiche Präventionsforschung des DKFZ zukünftig unter einem Dach gebündelt werden sowie eine Präventionsambulanz und ein Informationszentrum entstehen.
Welche
Lebensstilfaktoren das Krebsrisiko beeinflussen, ist durch zahlreiche Studien
belegt. Aber warum eigentlich fördern etwa Bewegungsmangel oder starkes
Übergewicht die Krebsentstehung? Was geschieht dabei im Körper, in den Zellen?
Genau hier setzt die Forschung von Professor Dr. Mathias Heikenwälder vom
Deutschen Krebsforschungszentrum an. „Am Beispiel der Leber konnten wir zeigen,
wie Alkohol oder auch fettreiche Ernährung krebsfördernde chronische Entzündungsreaktionen
auslösen“, sagte der Wissenschaftler. „Und wir haben dabei auch herausgefunden,
dass wir den Kreislauf von entzündlichen Prozessen mit Wirkstoffen durchbrechen
und so den betroffenen Menschen helfen können, ihr Risiko für bestimmte Formen
von Leberkrebs zu senken.“
PROBASE:
Sekundärprävention am Beispiel von Prostatakrebs
An
die Primärprävention schließt sich die Sekundärprävention, also die
Krebsvorsorge beziehungsweise Früherkennung an. Frühe Stadien lassen sich meist
erfolgreicher und auch schonender behandeln als späte Stadien, in denen
möglicherweise sogar schon Tochtergeschwülste (Metastasen) entstanden sind. Bei
der Früherkennung von Prostatakrebs spielt die Bestimmung des
Prostata-spezifischen Antigens (PSA) im Blut eine umstrittene Rolle. In der
PROBASE-Studie wird deshalb ein modernes Konzept zum generellen PSA-Screening
untersucht: Die PSA-Tests erfolgen in Abhängigkeit vom individuellen Risiko des
Mannes, das anhand eines Basis-PSA-Wertes im Alter von 45 beziehungsweise 50
Jahren ermittelt wird. Erste Ergebnisse der Studie wurden nun auf dem Deutschen
Krebskongress vorgestellt.
Nach erfolgreicher Rekrutierung von fast 47.000 Männern im Alter von 45 Jahren zeigte die Analyse der ersten Screeningrunde überraschende Ergebnisse. Etwa 90 Prozent der Männer lagen mit ihrem Basis-PSA-Wert im Niedrigrisikobereich und daher konnte die Wiederholung des PSA-Tests auf 5-jährliche Abstände reduziert werden. Nur bei etwa der Hälfte der Männer in der Hochrisikogruppe (PSA > 3 ng/ml) bestätigte sich dieser Wert in einer Kontrolluntersuchung. So wurde nur 0,8 Prozent aller Männer mit 45 Jahren eine weitere Diagnostik empfohlen. Diese zeigte bei einem Drittel der Männer ein Prostatakarzinom. Allerdings waren die meisten durch dieses risiko-adaptierte Screening gefundenen Karzinome von geringem Aggressivitätsgrad. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob sich dieser Trend bestätigt und damit der Beginn eines risiko-adaptierten Screenings nach hinten verlagert werden kann. „Schon jetzt zeigt PROBASE, dass ein risiko-adaptiertes, altersabhängiges Screening möglich ist und das Potenzial hat, die Problematik der Überdiagnostik des populations-bezogenen Screenings drastisch zu reduzieren“, sagte Urologe Professor Dr. Peter Albers aus Düsseldorf, Leiter der Studie und Abteilungsleiter im neuen Nationalen Krebspräventionszentrum für den Bereich „Personalisierte Krebsfrüherkennung des Prostatakarzinoms“.
Die Deutsche Krebshilfe wurde am 25. September 1974 von Dr. Mildred Scheel gegründet.
Ziel der gemeinnützigen Organisation ist es, Krebserkrankungen in
all ihren Erscheinungsformen zu bekämpfen. Unter dem Motto „Helfen. Forschen.
Informieren.“ fördert die Stiftung Deutsche Krebshilfe Projekte zur
Verbesserung der Prävention, Früherkennung, Diagnose, Therapie, medizinischen
Nachsorge und psychosozialen Versorgung, einschließlich der Krebs-Selbsthilfe.
Ihre Aufgaben erstrecken sich darüber hinaus auf forschungs- und
gesundheitspolitische Aktivitäten. Sie ist ebenfalls Mitinitiator des
Nationalen Krebsplans sowie Partner der „Nationalen Dekade gegen Krebs“. Die
Deutsche Krebshilfe ist der bedeutendste private Geldgeber auf dem Gebiet der
Krebsbekämpfung – unter anderem der Krebsforschung – in Deutschland. Sie finanziert
ihre gesamten Aktivitäten ausschließlich aus Spenden und freiwilligen
Zuwendungen der Bevölkerung. www.krebshilfe.de
Text:
Stiftung Deutsche Krebshilfe