Berlin – „In dem Entwurf für das Terminservice- und
Versorgungsgesetz steckt viel Gutes. Leider enthält er aber auch etliche
Vorgaben, die gerade jungen Ärztinnen und Ärzten die Freude an der Arbeit in
eigener Praxis verleiden können.“ Das sagte Bundesärztekammer-Präsident Prof.
Dr. Frank Ulrich Montgomery vor der öffentlichen Anhörung des Terminservice-
und Versorgungsgesetzes (TSVG) am 16. Januar in Berlin.
Montgomery kritisierte die geplanten staatlichen Vorgaben
für offene Sprechstunden und die Ausweitung der Mindestsprechstundenzeiten als
„übergriffig“. Offenbar habe sich die
Politik von den Krankenkassen ins Ohr flüstern lassen, dass vermeintliche Versorgungsengpässe von
unzureichenden Sprechstundenzeiten herrührten.
Alle seriösen Zahlen würden dies aber widerlegen.
Notwendig seien vielmehr flexible Lösungen, die sich sowohl an den Bedürfnissen
der Patienten, als auch an denen der jungen Ärztegeneration orientieren.
„Solche praxisnahen Regelungen können nur von der Selbstverwaltung kommen.
Dafür muss ihr die Politik aber die notwendige Gestaltungsfreiheit geben“,
forderte der BÄK-Präsident.
„Die Wurzel des Problems eingeschränkter
Versorgungskapazitäten liegt nicht in einer unzureichenden Arbeitsleistung der
Ärztinnen und Ärzte, sondern in einem bedrohlichen und zunehmenden Ärztemangel,
für den in dem Gesetzentwurf keine Lösungen angeboten werden“, heißt es auch in
der schriftlichen Stellungnahme der Bundesärztekammer für die öffentliche
Anhörung im Bundestags-Gesundheitsausschuss. Zu begrüßen sei, dass zumindest
ein Teil der Mehrarbeit entsprechend vergütet werden soll.
Dennoch werde die wahre Ursache der eingeschränkten
Versorgungskapazitäten und dadurch bedingter Wartezeiten verkannt. „Die
Arbeitsbelastung von Ärztinnen und Ärzten ist bereits heute
überdurchschnittlich hoch. Zudem führen der Strukturwandel im Gesundheitswesen
mit mehr Ärztinnen und Ärzten in Anstellung, mehr Teilzeitarbeit, die striktere
Einhaltung gesetzlicher Arbeitszeitvorgaben sowie der demografische Wandel zu
einer weiteren Arbeitsverdichtung“, so die BÄK in ihrer Stellungnahme.
Positiv hebt die Bundesärztekammer hervor, dass der
Gesetzgeber mit der Neuaufstellung der Terminservicestellen erste
Weichenstellungen für ein sektorenübergreifendes Konzept der Notfall- und
Akutversorgung vornimmt. Allerdings würden in den neuen Servicestellen
Vorhaltekosten entstehen, die über die Leistungsvergütung der Krankenkassen
nicht abgedeckt sind. Die Finanzierung sei daher nicht nur aus Mitteln der
Gesetzlichen Krankenversicherung, sondern auch durch ergänzende Investitionen
aus Steuermitteln zu gewährleisten.
Mit großer Sorge sieht die Bundesärztekammer das
Vordringen von Kapitalgebern in die ambulante Versorgung. Daraus ergäben sich
Risiken für die Wahlfreiheit von Patientinnen und Patienten ebenso wie für die
Möglichkeit von Ärztinnen und Ärzten, sich niederzulassen oder im
Angestelltenverhältnis den Arbeitgeber zu wechseln.
Sie unterstützt die Forderungen des Bundesrates nach
Regelungen, die einem kapitalgetriebenen Missbrauch von MVZ-Strukturen wirksam
begegnen, indem sie den gesundheitspolitisch gewünschten Versorgungsbeitrag von
MVZ klarer fassen. Dazu gehört die grundsätzliche Bindung von Krankenhaus-MVZ
an einen regionalen und fachlichen Bezug ebenso wie die Möglichkeit, eine
Fokussierung auf lukrative Leistungsbereiche zu verhindern und sinnvolle
Vorgaben zur Größe von MVZ zu machen.
Text - Quelle: Bundesärztekammer