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Gesundheit-News: Richtig lüften, wie geht das eigentlich?

2. Dezember 2020

(ams). Frischluftfans können aufatmen und Fröstelnde müssen sich warm anziehen: In der kalten Jahreszeit gesellt sich zu den AHA-Regeln das L hinzu, um sich vor Coronaviren zu schützen: L wie Lüften. Wie, wann, wie oft braucht es frische Luft? Können Lüftungsanlagen das offene Fenster ersetzen? Und was bringen Luftreiniger und CO2-Ampeln? Dr. Eike Eymers, Ärztin im AOK-Bundesverband, gibt Antworten.

Wenn man in U-Bahn oder Büro die Fenster aufreißt, herrscht schnell dicke Luft. Es ist zu kalt! Es zieht! So heißt es dann. Mindestabstand und Masken, vielleicht sogar Plexiglasscheiben – reicht das denn nicht, um sich in Innenräumen vor Coronaviren zu schützen? "Diese Maßnahmen allein reichen in geschlossenen Räumen tatsächlich nicht aus", sagt Dr. Eike Eymers, Ärztin beim AOK-Bundesverband.

"Nur durch zusätzliche Lüftung kann man das Risiko für eine Infektion deutlich senken." Gerade im Herbst und Winter, wo sich Menschen meistens drinnen aufhalten, spielt das Lüften zum Schutz vor Coronaviren, genauer SARS-CoV-2, eine besondere Rolle. Denn ohne Austausch der verbrauchten Luft steigt die Konzentration unerwünschter Stoffe, darunter auch Krankheitserreger, in der Raumluft immer mehr an.

Tröpfchen und Aerosole

Beim Atmen, Sprechen, Singen, Niesen oder Husten stoßen Menschen kleinste Partikel aus, die Krankheitserreger wie Corona- oder Grippeviren enthalten können. Dabei unterscheiden Infektiologen die schwereren Tröpfchen, die schnell zu Boden fallen, von den leichteren Aerosolen, die länger in der Luft schweben. Während man sich eine Grippe eher über eine Tröpfcheninfektion einfängt, werden Coronaviren auch über Aerosole verbreitet. Diese Schwebeteilchen können sich je nach Luftbewegungen über mehrere Meter hinweg im Zimmer verteilen und über mehrere Stunden infektiös bleiben.

Genau aus diesem Grund können sich also auch Menschen in anderen Ecken selbst eines großen Raumes anstecken. Richtiges Lüften kann die belastete Luft verdünnen und die Virenkonzentration reduzieren. In einer Stellungnahme der Kommission Innenraumlufthygiene des Umweltbundesamtes heißt es: "Eine möglichst hohe Frischluftzufuhr ist eine der wirksamsten Methoden, potenziell virushaltige Aerosole aus Innenräumen zu entfernen."

Viel Lüften hilft viel

Je kleiner der Raum und je mehr und länger sich Personen im Raum befinden, desto mehr muss gelüftet werden. Lüften heißt hier Stoßlüften, also Fenster oder Türen, am besten gleich mehrere, sollte man weit öffnen. "Wenn man die Fenster nur kippt, wird die verbrauchte Luft nicht genügend ausgetauscht." Optimal ist eine Querlüftung von gegenüberliegenden Fenstern, sodass ein Durchzug entsteht. Als Faustregel kann zu Coronazeiten gelten: Büro-, Veranstaltungs- und Seminarräume am besten alle 20 Minuten gut durchlüften. Die gute Nachricht für alle, die schnell frieren: Drei bis fünf Minuten Lüften können in der kalten Jahreszeit ausreichen. Denn die kalte Luft von draußen ist dichter als warme und hat somit einen höheren Druck. Die Außenluft kann so gut ins wärmere Zimmer strömen und die verbrauchte Luft dort verdrängen. Bei warmen Außentemperaturen dagegen, wie es im Sommer der Fall ist, sollte man mindestens für zehn Minuten die Fenster aufreißen.

Auch vor und nach Veranstaltungen sollte immer für frische Luft gesorgt werden. Die Variante für Abgehärtete: Bei mehreren Personen im Raum die Fenster die ganze Zeit geöffnet lassen. Denn mehr Lüften hilft auch mehr.

CO2-Ampeln: Rot bei zu viel Kohlendioxid in der Luft

Als Anhaltspunkt, wie oft Frischluftzufuhr nötig ist, kann der Gehalt an Kohlendioxid (chemisch CO2) in der Luft dienen. Den Sauerstoff, den Menschen einatmen, atmen sie teilweise als Kohlendioxid wieder aus. "Wenn die Luft viel CO2 enthält, kann man davon ausgehen, dass auch viele, möglicherweise infektiöse Aerosole in der Luft hängen", so Medizinerin Eymers. Einfache Messgeräte, sogenannte CO2-Sensoren oder CO2-Ampeln, können auf zu viel CO2 in der Luft hinweisen und damit zum Lüften auffordern. Als Grenzwert gelten 1.000 ppm, was "parts per million" heißt, also von einer Million Teilchen sind 1.000 Teile CO2. Zum Vergleich: In der Außenluft sind es etwa 400 CO2-Teile, also 400 ppm. Gerade in Räumen mit vielen Personen können CO2-Ampeln vor einem erhöhten Infektionsrisiko warnen.

Lüftungsanlagen: Wie hoch ist der Anteil an Umluft?

Auch Lüftungsanlagen (sogenannte raumlufttechnische Anlagen, RLT-Anlagen), wie sie teilweise in größeren Einrichtungen eingebaut sind, können für saubere Luft sorgen – sofern auf Umluft verzichtet wird. Umluft heißt, dass ein Teil der abgeführten verbrauchten Luft, wieder der zugeführten Frischluft beigemengt wird. Arbeitet eine Lüftungsanlage mit einem hohen Umluftanteil, kann die Infektionsgefahr unter Umständen sogar steigen, weil die Viren in den Räumen regelrecht verteilt werden. Wenn sich ein Betrieb mit Umluft technisch nicht vermeiden lässt, sollte die Anlage mit speziellen Schwebstofffiltern, sogenannten HEPA-Filtern der Klassen H 13 und H 14 ausgestattet werden, um insbesondere SARS-CoV-2-Viren herauszufiltern oder zu inaktivieren. Wenn dieser Umbau nicht möglich ist, hilft nur: Fenster auf!

Regeln fürs Lüften

Faustregel: Alle 20 Minuten stoßlüften. Im Winter mindestens drei Minuten lang, im Herbst und Frühling mindestens fünf und im Sommer mindestens zehn Minuten.

Nach Niesen und Husten sofort die Fenster öffnen.

Auch vor und nach Veranstaltungen den Raum gut durchlüften.

Bei Besuch zu Hause: möglichst draußen zum Spaziergang verabreden.

In Schulen: alle 20 Minuten und zusätzlich in jeder Unterrichtspause intensiv lüften.

Wenn Lüften nicht möglich ist, sollte man den Raum möglichst meiden.

Luftreiniger sind kein Ersatz fürs Lüften

Ein weiteres Hilfsmittel für saubere Luft: sind sogenannte Luftreiniger, die - mit HEPA-Filtern ebenfalls der Klassen H 13 und H 14, Ozon oder UV-Licht - die Virenlast in der Luft verringern möchten. Diese Luftreinigung ist aber ungenügend und das Lüften ist unverändert wichtig und notwendig. Auch hat die Kommission des Umweltbundesamtes gesundheitliche Bedenken.

Aufs Lüften lässt sich also nicht verzichten - genauso wenig wie auf Abstand, Hygiene und (Alltags-)Maske. Gute Luft hat zudem auch weitere positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden. So steigen zum Beispiel Konzentration und Leistungsfähigkeit, Kopfschmerzen und Müdigkeit verfliegen - zusammen mit den Aerosolen.


Text / Foto: AOK-Bundesverband