Foto: Fahrgäste mit Mund-Nasen-Schutz
Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Die
Vorsitzende des Ärzteverbandes Marburger Bund hat sich für einen "Lockdown
light" für Ungeimpfte ausgesprochen: "Aus meiner Sicht sollte 2G der
Standard in allen Bereichen des öffentlichen Lebens sein, beispielsweise in der
Gastronomie und in Museen", sagte Susanne Johna der "Neuen Osnabrücker
Zeitung" (Mittwochausgabe). 2G hieße, nur Genesene und Geimpfte hätten
Zugang. "Was die Betriebe angeht, finde ich die 3G-Regelungen in Italien
und Österreich nachahmenswert", ergänzte die Marburger-Bund-Vorsitzende am
Tag vor der nächsten Gesundheitsministerkonferenz.
Bei 3G dürften Nichtgeimpfte nur mit
negativem Corona-Test zur Arbeit erscheinen. Zur Begründung verwies Johna auf
die zuletzt gestiegenen Corona-Zahlen. "Wir sehen ja jetzt schon, wie
schnell die Delta-Virusvariante eine stabile Lage nach und nach außer Kontrolle
geraten lässt."
In Deutschland gebe es etwa 13 Millionen
ungeimpfte Erwachsene, und von den mehr als zehn Millionen über 70-Jährigen
hätten weniger als zwei Millionen eine Auffrischungsimpfung erhalten. "Es
ist also ein einfaches Rechenexempel: Wenn sich in kürzester Zeit die
Ungeimpften infizieren und ein kleinerer Teil der Geimpften, werden je nach
regionaler Inzidenz auch Krankenhäuser wieder an Grenzen kommen." Zumal
die Kliniken anders als im letzten Jahr wieder das komplette Programm fahren.
"Schon für diesen Regelbetrieb fehlt
uns ausreichend Personal." Bei den Drittimpfungen warf die
Marburger-Bund-Vorsitzende der Politik Versäumnisse vor: "Wir müssen bei
den Booster-Impfungen mehr aufs Tempo drücken", sagte sie und verlangte eine
sofortige Kampagne: "Die Gesundheitsministerien der Länder sollten jetzt
alle Menschen ab 70 per Brief gezielt über die Möglichkeit zur
Auffrischungsimpfung informieren. Man darf nicht einfach davon ausgehen, dass
die Leute schon Bescheid wissen."
Aber noch immer komme die
Informationskampagne zum Impfen "sehr hölzern daher". Das sei sehr
problematisch, denn viele Betroffene wüssten gar nicht, "dass sie eine
dritte Impfung brauchen, um weiterhin gut vor einem schweren Krankheitsverlauf
geschützt zu sein". Vorrang müssten dabei die Menschen über 70 sowie jene
mit bestimmten Vorerkrankungen haben: "Die von der Ständigen
Impfkommission empfohlene Reihenfolge ist richtig", sagte Johna der NOZ.
Nach mehr als einem halben Jahr habe die Schutzwirkung der Impfung besonders
bei alten Menschen nachgelassen.
"Um die Immunität zu erhalten,
brauchen wir jetzt rasch Auffrischungsimpfungen für diesen besonders
gefährdeten Personenkreis", sagte sie. "Dazu gehören auch jüngere
Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen und medizinisches Personal." Eine
Wiedereröffnung der Impfzentren, wie sie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
fordert, sei dafür aber nicht notwendig.
"Es war eine politische Entscheidung,
die Impfzentren abzubauen. Das lässt sich aber kompensieren, wenn nun mobile
Einheiten massiv verstärkt werden", sagte die Marburger-Bund-Chefin.
"Ich finde, es sollte auch mehr Impfbusse im ganzen Land geben. Solche
niedrigschwelligen Angebote sind in den vergangenen Monaten sehr gut angenommen
worden, wohingegen die Impfzentren zuletzt ja vergleichsweise wenig Zulauf
hatten."
Text / Foto: dts Nachrichtenagentur