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Urteil gegen Can Dündar: Tiefpunkt der Lage der Medienfreiheit und Menschenrechte in der Türkei erreicht

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag - Mittwoch, den 23. Dezember 2020

Anlässlich der Verurteilung des türkischen Journalisten Can Dündar zu 27 Jahren Haft erklären Margit Stumpp (Foto), Sprecherin für Medienpolitik, und Claudia Roth, MdB:

Die Verurteilung von Can Dündar als einem der renommiertesten Journalisten der Türkei stellt einen erneuten Tiefpunkt der Lage der Medienfreiheit und Menschenrechte im Land dar. Die präsidiale Autokratie wollte an Dündar unbedingt ein Exempel statuieren. Dabei spielt die politisch gefügig gemachte türkische Justiz ganz im Sinne des Präsidenten. Der Prozess gegen Dündar war von Beginn an politisch motiviert und hatte nichts mit rechtsstaatlichen Prinzipien und Normen zu tun.

So lässt sich mit bitterem Blick Richtung Ankara festhalten, dass für die Türkei hinsichtlich angeklagter Oppositioneller und Medienschaffender gilt: Umso dünnhäutiger der Präsident auf sie und ihre Arbeit reagiert, desto härter fallen die Urteile aus. Mit seiner Verurteilung hat Can Dündar nun auch offiziell die Gewissheit darüber, dass er mit seinen Veröffentlichungen über Waffenlieferungen der AKP-Regierung an Rebellen in Syrien eine offene Flanke von Präsident Erdogan getroffen hat. Dündar hat mit seiner mutigen journalistischen Arbeit öffentliche Aufmerksamkeit für das unrühmliche Handeln der türkischen Regierung in Syrien geschaffen. Mittlerweile hat der nach Argentinien geflohene türkische Mafia-Boss Kurtulu s ausgesagt, dass der türkische Geheimdienst auf Befehl der AKP-Regierung die Aufrüstung der Terrorgruppen Al-Nusra und IS mit vorangetrieben habe. Der ehemalige Offizier der Spezialeinheiten, Nuri Gökhan Bozkir, der mittlerweile in die Ukraine geflüchtet ist, bestätigte daraufhin die Waffenlieferungen. Es ist wichtig, dass wir das Engagement von weiteren Medienschaffenden und auch früheren Funktionären unterstützen, um mehr Licht ins Dunkel der Machenschaften der türkischen Regierung und ihrer Geheimdienste zu bringen.

Nur so kann die Hoffnung genährt werden, dass in der Türkei in naher Zukunft wieder mehr Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit einkehren könnten. Denn erst dann ist die Türkei für Deutschland, Europa und die Welt wieder ein wichtiger Partner und Stabilitätsanker. Mit dieser Vision vor Augen ist das heutige Urteil einer zu weiten Teilen gleichgeschalteten Justiz unter der Herrschaft eines selbstherrlichen autoritären Präsidenten lediglich als ein verzweifeltes Machtgehabe zu bewerten. Deutschland steht jetzt mehr als zuvor in der Pflicht, Can Dündar in seinem politischen Asyl die größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten.