Medizinische Einordnung von alley zum Schmerzverständnis und
Umgang mit Schmerzen
Köln (ots). Schmerzen kennt jeder und trotzdem erlebt sie jeder
anders. Denn Schmerz besteht aus einer physischen, einer sozialen und einer
psychischen Komponente, mit der verschiedene Menschen unterschiedlich umgehen.
Grundsätzlich ist Schmerz wichtig - er dient dem Körper als Warnsignal und zum
Schutz. So reagieren die körpereigenen Schadensmelder, auch Nozizeptoren
genannt, auf eine drohende oder bereits eingetretene Verletzung von Gewebe. Diese Warnfunktion kann überlebenswichtig sein, denn sie
schützt den Köper vor weiteren Schäden und fördert durch die Ausschüttung von
Hormonen die Heilung. "Für den Umgang mit Schmerzen ist es wichtig zu
verstehen, wie sie entstehen und wirken", weiß Dr. Andreas Hellmann,
Neurowissenschaftler und Schmerzexperte bei alley, einer Medizin-App mit der
u.a. eine Schmerzerfassung in Echtzeit möglich ist.
Schmerzentstehung
Schmerzen können durch übermäßige mechanische, thermische oder
chemische Reize entstehen, zum Beispiel durch Hitze, Kälte oder Verletzungen.
Die Nozizeptoren, die sich in fast allen Organen und Körperteilen befinden,
werden aktiviert und leiten ein Signal über die aufsteigenden Nervenbahnen des
Rückenmarks ins Gehirn. Das Gehirn bewertet das Signal und gleicht ab, ob es
bereits Erfahrungswerte mit dem empfundenen Reiz gibt. Das passiert in
unterschiedlichen Gehirnarealen. Für körperliche Aspekte zuständige Areale
bewerten Herkunft und Stärke des Signals sowie Ausmaß des Schadens.
Andere Areale sind für die emotionalen Aspekte zuständig. Sie
bewerten, die Erfahrungen mit diesem Schmerzreiz. Noch während das Gehirn den
Reiz verarbeitet, löst es bestimmte Impulse aus, die über die absteigenden
Bahnen des Rückenmarks bis in die Extremitäten - also Hände, Beine, Füße -
geleitet werden und dort eine Reaktion erzeugen: Hinsetzen nach einem
stechenden Schmerz im Kniegelenk oder Wegziehen der Hand von der Herdplatte.
Neben solchen sichtbaren Handlungen finden auch Reaktionen im Körperinneren
statt. Beispielsweise werden an verschiedenen Stellen im Körper Hormone und
andere Stoffe ausgeschüttet, die Schmerzen lindern können.
Schmerzverlauf
Bestehen Schmerzen, wird der Schmerzverlauf in der Medizin in
akut und chronisch eingeteilt. Akute Schmerzen treten bei gesunden Menschen
immer dann auf, wenn ein Gewebeschaden vorliegt, oder dieser droht. Schmerzen
sollen das Gewebe vor weiterer Belastung und so vor weiterer Schädigung
schützen. Dies ist zum Beispiel auch nach einer Operation der Fall. Schmerzen
spiegeln eine Momentaufnahme der körperlichen Belastungsgrenze wider und sind
daher auch ein wichtiger Bestandteil der Heilungsphase. Meist verschwinden sie
nach einer Zeit der Schonung oder einer Behandlung, da das betroffene Gewebe
ausheilt. Wenn die Schmerzen aber über mehr als drei Monate anhalten oder immer
wiederkehren, spricht man von einem chronischen Verlauf. Der Schmerz verliert
dabei seine Warnfunktion, und das Nervensystem bleibt in einem dauerhaft
erhöhten Alarmzustand.
Grund dafür ist, dass das Gehirn stetigen Umbauprozessen
unterliegt und sich an Schmerzerfahrungen erinnert. Man spricht dabei
umgangssprachlich auch vom Schmerzgedächtnis, zum Beispiel, wenn abgespeichert
ist, dass das Anheben eines Wäschekorbs im Rücken schmerzt. Diese Information
mischt das Gehirn dann der tatsächlichen Sinneserfahrung bei und ist alarmiert.
Der Schmerz kann dann nicht mehr auf eine Verletzung zurückgeführt werden.
Trotzdem ist der empfundene Schmerz real und behandlungsbedürftig, auch, wenn
es keine strukturelle Ursache gibt. Gemessen werden Schmerzen nach Art, Stärke
und Verlauf. Sie können sich über den Tag verändern, stärker oder schwächer
werden. Wovon das abhängt, ist nicht immer eindeutig festzustellen. Ob
Schmerzen chronisch werden, hängt aber nicht nur von der Art der ursprünglichen
Verletzung oder Erkrankung ab, sondern auch von emotionalen Zuständen, den
Erfahrungen, dem sozialen oder beruflichen Umfeld und anderen Faktoren.
Schmerzbehandlun
Um Schmerzen behandeln zu können, müssen Arzt oder
Physiotherapeut wissen, wie sie sich entwickeln. Das geht am besten, indem man
aufschreibt, wann und in welcher Situation der Schmerz wie stark auftritt. Das
kann in Form eines "Schmerztagebuchs" geschehen, das es heute auch
schon in digitaler Form gibt. Der Arzt klärt zunächst ab, ob für die Schmerzen
eine strukturelle Ursache besteht. Je nach Art der Beschwerden entwickelt er
dann eine individuelle Therapie mit dem Ziel, Schmerzen und Ursachen ganzheitlich
zu behandeln. Grundlegendes Wissen über die Entstehung und Funktion von Schmerz
hilft bereits, um mit der Leidenssituation besser zurechtzukommen. Darüber
hinaus kurbelt sportliche Aktivität die körpereigene Apotheke an, denn bei
Bewegung schüttet der Körper Glückshormone aus, die Schmerzen lindern. Eine
gezielte Bewegungstherapie, kombiniert mit dem bewussten Gebrauch von
Medikamenten, ist Teil einer ganzheitlichen Therapie. Psychotherapie,
Entspannungs- und Massagetherapie oder alternative Verfahren können ebenfalls
hinzugezogen werden.
Schmerzbeeinflussung
Heute weiß man, dass Gesundheit ein komplexes Zusammenspiel aus körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren ist. Die unterschiedlichen Faktoren bedingen sich gegenseitig und können in ihrem Zusammenspiel die Erklärung für gesundheitliche Einschränkungen und Schmerz sein. Gelingt es, einzelne Faktoren positiv zu beeinflussen, kann sich das Schmerzempfinden reduzieren. Besonders für Menschen mit chronischen Schmerzen ist das wichtig, um aktiv Einfluss auf ihre Lebensqualität zu nehmen. Dazu gehört zum Beispiel, zu verstehen, dass Schmerzen real sind, auch wenn kein physischer Schaden vorliegt. Neben Vorerfahrungen und momentanen Sinneseindrücken, spielen Umgebungszustände eine große Rolle. Stress und Angst können das Empfinden stark beeinflussen.
Um gegen Angst und Stress vorzugehen, eignen sich Gesprächs-, Verhaltens- oder Entspannungstherapien wie progressive Muskelentspannung nach Jacobsen oder Autogenes Training. Schmerzen sind eine komplexe und sehr persönliche Wahrnehmung, die mit und ohne feststellbare körperliche Ursache das Leben der Betroffenen beeinträchtigt. Doch, ob akut oder chronisch - in der modernen Schmerztherapie bietet eine ganzheitliche Betrachtung der Ursachen den Betroffenen eine echte Chance auf Linderung. Seinen Schmerz richtig zu erkennen, hilft mit ihm umzugehen, denn das größte Potential zur Schmerzbewältigung liegt darin, eine Einstellung zu ihm zu finden und sich nicht mehr ausgeliefert zu fühlen.
Weitere Informationen rund um das Thema Schmerz finden Sie auf
der von Dr. Andreas Hellmann geprüften alley-Website: alley.de/magazin/gelenkschmerzen-ursache-verlauf-tipps
Text / Foto: www.alley.de / news aktuell