header-placeholder


image header
image
justice 2060093 960 720

Aus dem Gerichtssaal: Millionenklage des Insolvenzverwalters der HSV Handball Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG bleibt auch vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg

Samstag, den 13. April 2019


Dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der HSV Handball Betriebsgesellschaft mbH & Co KG steht gegen den ehemaligen Mäzen Andreas R. (im Folgenden: Beklagter) kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von gut 1,6 Millionen Euro wegen des Verstoßes gegen eine Liquiditätszusage zu. Das hat der 9. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts am 10. April 2019 entschieden.

Zum Sachverhalt: Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der HSV Handball Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Am 28. Februar 2015 unterschrieb der Beklagte eine „Verpflichtungserklärung zwecks Lizenzerteilung an den HSV e. V. durch die HBL e. V.“. In der Erklärung verpflichtete sich der Beklagte gegenüber der Insolvenzschuldnerin, dieser eine etwaige Liquiditätslücke für den Zeitraum der Handballsaison 2015/2016 vom 01.07.2015 bis zum 30.06.2016 in Höhe von maximal 2,5 Millionen Euro auszugleichen. Am selben Tag schlossen der Beklagte und die Insolvenzschuldnerin darüber hinaus eine „Vereinbarung zur Verpflichtungserklärung“, die weitere Regelungen enthielt. Im September 2015 machte die Insolvenzschuldnerin gegenüber dem Beklagten unter Hinweis auf Liquiditätsprobleme Ansprüche aus der Verpflichtungserklärung vom 28. Februar 2015 geltend. Der Beklagte wies die Ansprüche zurück. Am 15. Januar 2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet, nachdem diese am 15. Dezember 2015 einen Eigenantrag gestellt hatte. Am 25. Januar 2016 wurde dem HSV Handball Sport Verein Hamburg e.V. die Lizenz zur Teilnahme am Spielbetrieb der Bundesliga für die Saison 2015/2016 mit Wirkung zum Ende des Spieljahres entzogen. Mit seiner Klage verfolgt der Kläger Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten, weil dieser seiner Verpflichtung aus der Verpflichtungserklärung vom 28. Februar 2015 nicht nachgekommen sei. Das Landgericht Lübeck hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers vor dem Oberlandesgericht hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger hat als Insolvenzverwalter gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch in Höhe von gut 1,6 Millionen Euro. Zwar hat der Beklagte gegen ihm obliegende Vertragspflichten verstoßen. Aber es fehlt an einem kausal verursachten Vermögensschaden.

Die „Verpflichtungserklärung“ und die „Vereinbarung zur Verpflichtungserklärung“ stellen einen einheitlichen Vertrag dar. Durch diesen Vertrag hat sich der Beklagte verbindlich verpflichtet, die Insolvenzschuldnerin bis zu einem Maximalbetrag in Höhe von 2,5 Millionen Euro finanziell so auszustatten, dass sie ihren jeweils aktuellen Verpflichtungen nachkommen kann. Die Ausstattungsverpflichtung des Beklagten bestand Anfang September 2015 noch in Höhe von gut 1,3 Millionen Euro und hat sich bis zur Insolvenzantragstellung im Dezember 2015 durch die Anrechnung von Kommanditeinlagen und Einnahmen aus Sponsorengeldern auf gut 550.000 Euro weiter reduziert. Gegen diese Ausstattungsverpflichtung verstieß der Beklagte, als er der Insolvenzschuldnerin weder im September 2015 noch in der Folgezeit bis zur Insolvenzantragstellung im Dezember 2015 weitere Liquidität zuführte.

Der klagende Insolvenzverwalter hat jedoch nicht hinreichend dargelegt, inwieweit der Insolvenzschuldnerin durch diese Pflichtverletzung des Beklagten ein eigener Vermögensschaden entstanden ist. Da der Beklagte in der Wahl der Mittel, wie er der Insolvenzschuldnerin weitere Liquidität zuführt, frei war, hätte er dies auch durch die Gewährung eines Darlehens tun können. Damit wäre der Insolvenzschuldnerin aber kein weiteres Kapital zugeführt worden, das ihr Vermögen erhöht hätte, weil sie gleichzeitig mit einem entsprechenden Darlehensrückzahlungsanspruch belastet gewesen wäre. Es steht auch nicht fest, dass durch die Weigerung des Beklagten, der Insolvenzschuldnerin weitere Liquidität zuzuführen, die Insolvenz verursacht worden ist. Das wäre nur dann der Fall, wenn durch die Erfüllung der im Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung bestehenden Ausstattungsverpflichtung die Insolvenz vermieden worden wäre, wenn also durch eine Zahlung in Höhe von gut 550.000 Euro die Insolvenzreife beseitigt worden wäre. Das steht jedoch nicht hinreichend fest. Vielmehr spricht das vom Insolvenzverwalter selbst erstellte Gutachten und der von ihm erstellte Bericht für die Gläubigerversammlung dafür, dass auch bei Erfüllung der Ausstattungsverpflichtung die Insolvenz nicht vermieden worden wäre.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 10. April 2019, Az. 9 U 100/18)