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Schutzgebiete im Meer müssen wirklich Schutz bieten – BUND fordert Ruhezonen, die von jeglicher Nutzung ausgeschlossen sind

Hubert Weiger   Foto Puder

Freitag, den 7. Juni 2019


Berlin. Die Meere sind die am schlechtesten geschützten Lebensräume unseres blauen Planeten. Darauf weist der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zum Tag des Meeres am 8. Juni hin. Und dies, obwohl die Meere 50 Prozent des Sauerstoffs, den wir atmen, produzieren, klimaregulierend wirken und weltweit für viele Millionen Menschen als Nahrungsquelle dienen. Den katastrophalen Zustand der Meere hat selbst die Bundesregierung im vergangenen Jahr in ihren Zustandsberichten bestätigt: Weder die deutsche Nordsee noch die deutsche Ostsee sind in einem guten Umweltzustand.

„Gesunde Meere sind für das Ökosystem Erde von unschätzbarer Bedeutung. Doch die zunehmende Nutzung und die damit einhergehende Verschmutzung der Meere durch den Menschen hinterlassen nachweisbare Spuren und belasten den marinen Lebensraum schwer“, sagt Hubert Weiger (Foto), Vorsitzender des BUND. „Wir müssen unsere Meere wirksam vor Belastungen schützen, um Tieren und Pflanzen Rückzugsräume zu bieten und das Meer als wichtigen Lebensraum zu erhalten.“

Dem Statistischen Bundesamt zufolge stehen in deutschen Küsten- und Meeresgebieten zwar insgesamt Bereiche von der Größe Mecklenburg-Vorpommerns unter Schutz, das sind immerhin 47 Prozent der deutschen Meeresflächen der Nord- und Ostsee. Allerdings besteht dieser Schutz größtenteils nur auf dem Papier. „Bis heute wird in den Schutzgebieten, die wertvolle Ökosysteme vor unseren Küsten beherbergen, gefischt, es fahren tausende Schiffe und es finden Rohstoffabbau und militärische Manöver statt“, kritisiert Weiger. „Echte Ruhezonen oder Rückzugsräume für die Natur gibt es in den Schutzgebieten bislang nicht. Damit ist in den deutschen Meeresschutzgebieten die Artenvielfalt stark bedroht.“

Der BUND fordert angesichts des dramatisch schlechten Zustands unserer Meeresgebiete, dass in mindestens der Hälfte der deutschen Schutzgebiete alle menschlichen Nutzungen ausgeschlossen werden. „Wir brauchen dringend eine Regulierung, die es ermöglicht, bestimmte Teile der Schutzgebiete ganz vor Nutzungen zu schützen – sogenannte Nullnutzungszonen“, betont der BUND-Vorsitzende. „Zonen, in denen jede Nutzung verboten ist und dies auch umgesetzt wird, sind dringend notwendig, um einen Schutz der schwindenden Lebensräume und Arten unter Wasser zu gewährleisten.“ Neben den Nullnutzungszonen als wichtigste Maßnahme müssen auch in den anderen Teilen der Schutzgebiete ambitionierte und den jeweiligen Schutzgütern angepasste Schritte umgesetzt werden, wie der Einsatz von alternativen Fanggeräten für den Fischfang oder die Reduzierung von Unterwasserlärm.

„Die Zeit drängt“, so Weiger. „Leider blockieren sich die verschiedenen Ressorts der Regierung statt gemeinsam den Meeresschutz voranzutreiben.“ Der BUND fordert die beteiligten Ressorts Verkehr, Wirtschaft, Landwirtschaft, Verteidigung und Forschung auf, gemeinsam mit dem Umweltministerium die Erstellung und Durchsetzung der Managementpläne für die deutschen Meeresschutzgebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone voranzutreiben.

 

Hintergrund:

In der unter Verwaltung des Bundes stehenden „Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ)“ – dem Seegebiet zwischen 12 und 200 Seemeilen zur Nord- und Ostsee-Küste – sind zehn Natura-2000-Gebiete seit Januar 2008 rechtskräftig geworden. Damit sollten diese Gebiete unter Schutz gestellt werden und bekamen neun Jahre später im September 2017 endlich Schutzgebietsverordnungen. Leider sind die Flächen dadurch immer noch nicht zu Ruheräumen für die Natur geworden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sogenannte Managementpläne von der Bundesregierung für alle Gebiete erlassen und durchgesetzt werden.

Für die Gebiete in der AWZ der Nordsee wurden Ende 2017 immerhin erste Entwürfe der Managementpläne vorgeschlagen. Der BUND gab damals gemeinsam mit anderen Umweltverbänden eine umfangreiche Stellungnahme ab, doch bis heute gab es dazu keine Rückmeldung von der Bundesregierung. Für die Ostseegebiete wurden bislang noch keine Managementpläne vorgestellt.

In den Schutzgebieten der Küstengewässer (bis zu zwölf Seemeilen vor der Küste) verhält es sich genauso wie in denen der AWZ. So wurden zwar zum Beispiel in Schleswig-Holstein für die FFH-Gebiete der Nord- und Ostsee im Jahr 2017 Managementpläne erstellt. Diese verweisen allerdings lediglich auf die dringend nötige Umsetzung der Maßnahmen der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)- und der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL), um einen guten Zustand zu erreichen, ohne konkrete Verbote oder Beschränkungen aufzuführen.