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Kriegsgrab pixabay

Sachsen-Anhalt-News: Neue Publikation • Kriegsgräber des Zweiten Weltkrieges im Land Sachsen-Anhalt

Freitag, 15. April 2022

Sachsen-Anhalt. Eine neue Publikation des Ministeriums für Inneres und Sport informiert über die Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft des Zweiten Weltkriegs in Sachsen-Anhalt. Das zweibändige Werk „Orte des Gedenkens und Lernens“  wurde diese Woche in der Schlossdomäne Wolmirstedt von Ministerin für Inneres und Sport Dr. Tamara Zieschang vorgestellt. Damit liegt nach zweijährigen Erhebungsarbeiten erstmals eine vollständige Übersicht der im Land vorhandenen Kriegsgräber vor.
 
„Die Dokumentation der Kriegsgräber ist ein wichtiger Beitrag gegen das Vergessen. Die übersichtliche Publikation dient nicht nur als Grundlage für weitere Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen. Sie ist vielmehr eine gute Grundlage, um über die grauenhaften Kriege der jüngeren Geschichte und die NS-Diktatur aufzuklären und den unermesslichen Wert des Friedens greifbarer zu machen“, sagt Innenministerin Dr. Tamara Zieschang. „Die Gräber der Toten des barbarischen russischen Angriffskrieges auf den freien und souveränen Staat Ukraine verleihen der heute vorzustellenden Publikation eine erschütternde Aktualität.“
 
Auf dem Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt befinden sich auf mehr als 900 Anlagen mehr als 50.000 Gräber von Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft der Jahre 1933 bis 1952. Die bestatteten Menschen stammen aus 33 Ländern, zumeist aus Deutschland sowie der ehemaligen Sowjetunion, zu welcher unter anderem die heutigen Staaten Russland, Weißrussland, Georgien, Kasachstan, das Baltikum und die Ukraine gehörten.
 
Aber auch viele Kriegsopfer und gefallene Soldaten aus Polen, Frankreich, Italien, Ungarn, den Niederlanden, Tschechien, Belgien und weiteren Nationen haben im Zweiten Weltkrieg auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Bei etwa jedem vierten Toten konnte die Herkunft bisher nicht zweifelsfrei ermittelt werden. Unter den Opfern waren auch Minderjährige, Kinder von Zwangsarbeiterinnen, die in Deutschland geboren wurden, und Juden, die in den Konzentrationslagern ermordet wurden oder bei Todesmärschen ums Leben kamen.
 
Damit die Kriegsgräber weiter Orte des Gedenkens sein und verstärkt zu Orten des Lernens werden können, haben die Beteiligten die Ergebnisse ihrer aufwendigen Erhebung in einer zweibändigen Dokumentation festgehalten.
 
Die Publikation wurde vom Ministerium für Inneres und Sport mit Unterstützung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. – Landesverband Sachsen-Anhalt, der Landeszentrale für politische Bildung und mehreren weiteren Unterstützern erarbeitet beziehungsweise gefördert.
 
Die Vorstellung der Kriegsgräber-Publikation in Wolmirstedt soll auch eine Würdigung der Initiative des dortigen Gymnasiums und Museums sein, die in den vergangenen Jahren das Schicksal des sogenannten gestrandeten Zuges erforscht haben.

Die Insassen des KZ-Gefangenentransports waren am 13. April 1945 von US-Truppen bei Farsleben (heute Landkreis Börde) befreit worden.
 
Hintergrund: Im April 1945 wurde das Konzentrationslager Bergen-Belsen vor den heranrückenden britischen und US-amerikanischen Truppen geräumt. Nach vier Tagen Irrfahrt kam einer der entsprechenden Räumungstransporte mit 2.500 jüdischen Geiselhäftlingen – unter ihnen viele Frauen und Kinder – am 12. April 1945 zwischen Zielitz und Farsleben zum Stehen. Die Wachmannschaft des Zuges setzte sich in der folgenden Nacht ab und entzog sich durch Flucht einer Bestrafung.

Gegen Mittag des 13. April befreiten US-amerikanische Soldaten die erschöpften, hungrigen und kranken Menschen. Sie versorgten sie zunächst in Farsleben und später in einer ehemaligen Heeresversuchsanstalt in Hillersleben. Trotzdem starben noch nach ihrer Befreiung mehr als 100 Menschen.
 
Nachdem diese Ereignisse weitgehend in Vergessenheit geraten waren, erforschte und dokumentierte eine Initiative aus Wolmirstedt, der auch Schülerinnen und Schüler des dortigen Kurfürst-Joachim-Friedrich-Gymnasiums angehörten, in den vergangenen Jahren das Schicksal der Insassen des „gestrandeten Zuges“.
 
Text: Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt
Foto: pixabay