Berlin (ots). Wir stecken mitten im Novembergrau - und es wird
nicht besser. Bis Mitte Dezember werden die Tage noch kürzer und damit die
Stimmung vieler Menschen stetig dunkler. Kein Wunder: Mangelndes Tageslicht
kann körperlich und psychisch zusetzen und sogar bis zu einer Lichtmangeldepression
führen.
Prof. Dr. Dr. Matthias J. Müller, Ärztlicher Direktor und
Medizinischer Geschäftsführer der Oberberg Gruppe, und Priv.-Doz. Dr. med.
Andreas Jähne, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Oberberg Fachklinik
Rhein-Jura und der Oberberg Tagesklinik Lörrach, informieren rund um die
Depression durch Lichtmangel und erklären, was man tun kann, um gut durch die
dunkle Jahreszeit zu kommen.
Lichtmangeldepression - typisch für nordische Länder
Zahlreiche Studien belegen, dass die bekannte "Herbst- oder
Winterdepression" in Wahrheit eine "Lichtmangeldepression" ist.
"Typische Beschwerden aufgrund von Lichtmangel treten vor allem in
nordischen Ländern wie Norwegen und Finnland auf, wo es im Winter nur wenige
Stunden hell ist. Im sonnigen Südeuropa sind diese hingegen so gut wie
unbekannt", erläutert Dr. med. Andreas Jähne. In Deutschland, das bei den
Tageslichtstunden im Winter etwa im Mittel liegt, sind besonders die Menschen
beeinträchtigt, die ihren Arbeitsweg morgens und abends im Dunkeln zurücklegen
und die Zeit dazwischen ausschließlich in Innenräumen verbringen. Denn der
Hormonhaushalt aller Menschen wird durch die Menge und die Intensität des
Sonnenlichts beeinflusst. Bekommt man im Laufe des Tages nur wenig Licht ab,
kann das auf das Gemüt schlagen. "Der Mangel an Licht kann sogar krank
machen", weiß der Psychiater.
Lichtmangel-Symptome
"Erste Alarmzeichen sind oft Schlafstörungen. Nicht selten
fühlen sich Betroffene tagsüber wenig erholt und ständig müde", erklärt
Jähne. Als weitere Symptome können allgemeine Antriebslosigkeit, der Eindruck,
bei allen Aktivitäten gegen einen inneren Widerstand ankämpfen zu müssen und
ein Gefühl von Lust- und Freudlosigkeit hinzukommen. In manchen Fällen ist auch
ein erhöhter Appetit auf kohlehydrathaltige Lebensmittel zu beobachten.
Um gesund zu bleiben, sollte man durchschnittlich 15 Minuten
Sonnenlicht pro Tag sehen. Dabei ist wichtig zu wissen, dass auch der bedeckte
Himmel genügend Licht bietet, um einer Winterdepression vorzubeugen. Allerdings
ist der Aufenthalt im Hellen während der dunklen Jahreszeit oftmals gar nicht
so leicht umzusetzen. Normales Lampenlicht kann den Mangel nicht ausgleichen.
Lichttherapie - duschen im Licht
Die nebenwirkungsarme Lichttherapie ist ein Verfahren, das sich
besonders als physiologische Ergänzung zur Behandlung einer saisonal abhängigen
Depression eignet. Außerdem kann sie bei Menschen, die zu Depressionen im
Winter neigen, auch vorbeugend eingesetzt werden. Wird mit der Lichttherapie
zum Beispiel bereits im Oktober begonnen, kann das Entstehen einer SAD
("seasonal affective disorder") verhindert werden.
Die Wirksamkeit einer "Lichtdusche" ist
wissenschaftlich nachgewiesen. Sie beeinflusst die innere Uhr des Menschen, die
in den dunklen Monaten des Jahres oder auch bei Schichtarbeit aus dem
natürlichen Rhythmus geraten kann. "Bei andauernder geringer
Lichtintensität wird nicht nur nachts, sondern auch tagsüber das Schlafhormon
Melatonin vermehrt ausgeschüttet. Fehlt die Unterdrückung der Ausschüttung
durch intensives Licht, ist Melatonin am Tag in zu hoher Konzentration
vorhanden. Dann reagiert der Mensch mit Antriebslosigkeit und
Niedergeschlagenheit. Um Melatonin herzustellen, wird die Aminosäure Tryptophan
stärker verbraucht und steht dadurch in geringerem Umfang für die Bildung des
Neurotransmitters Serotonin zur Verfügung", so Professor Müller.
"Serotonin, das für psychische Ausgeglichenheit und positive Stimmung
sorgen kann, fehlt dem Gehirn dann, was zu Mutlosigkeit und Reizbarkeit führen
kann."
Das helle Licht der Lichtdusche sorgt wiederum dafür, dass die
innere Uhr in ihren Takt zurückfindet und sich der Serotoninspiegel wieder
erhöht. Intensives Licht ohne UV- und IR-Spektren gelangt dabei über die
Netzhaut bis zum sogenannten Nucleus suprachiasmaticus. Dieser Teil des Gehirns
ist der Taktgeber für unseren Tagesrhythmus und beeinflusst den Serotonin- und
Melatonin-Spiegel.
Lichttherapie strahlt positiv auf die Psyche aus
"Wenn die Lichttherapie konsequent intensiv eingesetzt und
richtig angewendet wird, kann sie bereits nach drei Tagen eine Wirkung
erzielen", weiß Dr. Jähne. Das therapeutische Licht hat eine Helligkeit
von 2.500 bis 10.000 Lux (Glühbirnen besitzen höchstens etwa 1.400 Lux), was in
etwa der Intensität des Sonnenlichts entspricht und sich positiv auf die Psyche
auswirken kann.
Je nach Verordnung durch Ärztin oder Arzt wird die Lichtdusche
im Abstand von einem halben bis zu einem Meter von den Augen entfernt
aufgestellt. "Die empfohlenen Beleuchtungszeiten reichen von 30 Minuten
bis maximal zwei Stunden. Die effizienteste Wirkung wird erzielt, wenn die
Menschen einmal pro Minute für ein paar Sekunden ins Licht blicken",
erklärt der Arzt. Um die Augen vor dem UV-Licht zu schützen, besitzen die Therapie-Lampen
einen UV-Filter.
Ein weiterer wichtiger Faktor im Zusammenhang zwischen
psychischem Wohlbefinden und Licht ist Vitamin D. Dieses Vitamin wird in der
Haut mit Hilfe von UV-Licht der Sonneneinstrahlung gebildet. Neben Effekten auf
den Knochen- und Calciumstoffwechsel, die Muskulatur und das Immunsystem führt
ein Mangel zu nachteiligen Wirkungen auf Stimmung und Antrieb. In der dunklen
Jahreszeit kann die Vitamin D-Versorgung schwierig werden. Weil die
Tageslichtlampen kein UV-Licht enthalten, kann es für Menschen mit Depression
in den Wintermonaten deshalb auch sinnvoll sein, nach Rücksprache mit dem Arzt
Vitamin D zusätzlich durch Tabletten oder Tropfen zu sich zu nehmen.
Wenn die dunkle Stimmung trotzdem nicht verschwindet
Man schätzt, dass in Europa ein bis zwei Prozent der Erwachsenen
von einer SAD betroffen sind. Etwa jede zehnte Depression im Winter kann als
saisonale Depression bezeichnet werden, sie ist seltener als andere
Depressionsformen. "Beachtet werden muss, dass die Lichttherapie häufig
eine Ergänzung der Therapie bei einer (saisonalen) Depression darstellt",
erläutert der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Bei schwereren
(saisonalen) Depressionen reichen Licht und Sport oft nicht aus. "Dann ist
die professionelle Hilfe eines psychologischen oder ärztlichen Therapeuten
gefragt. Die Psycho- und eventuell auch die Pharmakotherapie werden dann durch
Lichttherapie und Bewegungstherapie wirksam begleitet und ergänzt", so Dr.
Jähne weiter.
Mehr über die Lichttherapie: https://www.oberbergkliniken.de/therapien/biologische-therapieverfahren
Text / Foto: Oberberg Kliniken - news aktuell / pixabay