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DGB begrüßt Einigung zum Landeshaushalt – Sachsen-Anhalt muss sich für aktuelle Herausforderungen wappnen

Freitag, den 20. März 2020

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt den erfolgreichen Abschluss der Haushaltsverhandlungen durch die Kenia-Koalition. Anlässlich der heutigen Verabschiedung des Landeshaushalts für die Jahre 2020/21 erklärt DGB-Landesleiterin Susanne Wiedemeyer (Foto):

„Die Hängepartie um den Landeshaushalt ist beendet – wenn auch viel zu spät. Die Menschen erwarten ein funktionierendes Netz an öffentlichen Leistungen. Nur mit einer funktionierenden Infrastruktur kann den aktuellen Herausforderungen für das Land, die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt begegnet werden kann. Dafür muss das Land handlungsfähig sein, auch finanziell.“

Mit der Einigung zum Landeshaushalt stellt die Landesregierung die Finanzierung weiter Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge sicher. Die Verwaltung des Status Quo allein kann grundsätzlich nicht Ziel und Anspruch bei der Ausgestaltung der Landesfinanzen sein. Angesichts eines tiefgreifenden strukturellen Wandels von Arbeit, Wirtschaft und Gesellschaft sieht der DGB in Bezug auf den Landeshaushalt Nachbesserungsbedarf und fordert tragfähige und zukunftsorientierte Lösungen.

Die globale Pandemie infolge des COVID-19-Virus (Coronavirus) hat unabschätzbare Folgen für Sachsen-Anhalt, die Bundesrepublik Deutschland, die gesamte Welt. Wir appellieren an die Landesregierung, alle haushalterischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um dieser Krise zu begegnen. In einem geeinten und solidarischen Vorgehen muss alles dafür getan, die gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung zu minimieren; Betriebe müssen in dieser wirtschaftlichen Ausnahmesituation unterstützt und Arbeitsplätze erhalten werden.

Gesundheit

Um eine verlässliche und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung mit tariflicher Bezahlung bis in den ländlichen Raum zu gewährleisten, muss der anhaltende Investitionsstau aufgelöst werden. Das kreditfinanzierte Investitionsprogramm der Landesregierung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Nicht erst seit den Auswirkungen der Corona-Krise zeigt sich, dass eine gute Ausstattung von Krankenhäusern und ausreichend qualifiziertes Personal unerlässlich sind. Um das zu garantieren, müssen Krankenhäuser und die Gesundheitsversorgung insgesamt bedarfsgerecht ausfinanziert werden.

Arbeit/Strukturwandel/Weiterbildung

Der Ausstieg aus der Kohleverstromung, die Umstellung auf E-Mobilität und die fortschreitende Digitalisierung im Arbeitsleben stellen Sachsen-Anhalt vor große Herausforderungen. Der Erhalt und die Schaffung guter, zukunftssicherer Arbeitsplätze erfordern umfangreiche Investitionen der Betriebe und der öffentlichen Hand. Das Land braucht moderne Verkehrswege, schnelles Internet in der Fläche und leistungsfähige unternehmensnahe Forschung und Entwicklung. Der DGB fordert verstärkte Unterstützung für Unternehmen, die sich für gute Arbeitsbedingungen engagieren, indem sie Tarifverträge abschließen und mit Betriebsräten die Arbeitsbedingungen partnerschaftlich gestalten.

Auch auf die Beschäftigten kommen große Herausforderungen zu, denen sie sich mit – oftmals zeitaufwendiger und teurer – beruflicher Weiterbildung stellen. Hier sind Unternehmen in der Finanzierungspflicht, aber auch die Landesregierung. Die Ausgaben für öffentlich geförderte Weiterbildung sind seit Jahren unzureichend. Wer Volkshochschulen und andere öffentliche Bildungsanbieter kaputt spart, gefährdet die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes.

Sachsen-Anhalt erhält für die Herausforderungen des Strukturwandels vielfältige Unterstützung aus Bundes- und europäischen Mitteln. Um diese Fördermittel zielgerichtet einsetzen zu können, brauchen insbesondere die Kommunen mehr Unterstützung und eine gute Personalausstattung in den Planungsämtern.  

Bildung

Lehrkräfte an Grundschulen erhalten nach wie vor weniger Lohn als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Schulformen. Für eine gerechte und gleichwertige Bezahlung aller Lehrkräfte sind im Haushalt keine Mittel vorgesehen. Damit wird der Einkommensnachteil von voll ausgebildeten Grundschullehrkräften gegenüber Lehrkräften an weiterführenden Schulen aufrechterhalten. Der DGB fordert daher eine gleichwertige Bezahlung und Besoldung aller Lehrkräfte.

Die Schulsozialarbeit trägt entscheidend zur Verbesserung des Schul- und Lernklimas bei und ist somit ein wichtiger Faktor zur Qualitätssicherung an Schulen. Deshalb bewerten wir die Erhaltung der Schulsozialarbeit mit 38 Millionen Euro bis 2023 positiv. Perspektivisch muss es darum gehen, die Schulsozialarbeit zu verstetigen und mit einem entsprechenden Mittelvolumen im Haushalt zu unterlegen.

Um Lehre, Studium und Forschung auf hohem Niveau zu gewährleisten, müssen die Hochschulen im Land solide ausfinanziert sein. In diesem Bereich wurde über Jahre gespart. Und dieser Trend setzt sich fort. Die Grundfinanzierung der Hochschulen ist nach wie vor unzureichend.

Ausbildung/Azubi-Ticket

Mit der Einführung des Azubi-Tickets ab 2021 werden tausende Auszubildende in Sachsen-Anhalt entlastet. Der Ausbildungsstandort Sachsen-Anhalt wird damit attraktiver und wettbewerbsfähiger. Obwohl der Ticketpreis von 50 Euro im Monat zu hoch ist, bewerten wir diese Weichenstellung als wesentlichen Meilenstein. Offen bleiben konkrete Fragen zur technischen Umsetzung. Das Ticket muss unbürokratisch und digital zur Verfügung gestellt werden.

Auch zukünftig brauchen Azubis insbesondere Zuschüsse zur Internatsunterkunft bei Blockunterricht an der Berufsschule und zu Fahrten mit dem eigenen PKW. Hier sind einerseits die Arbeitgeber in der Pflicht, es bedarf aber auch einer Aktualisierung der RabAZ-Richtlinie, um die Belastung der Auszubildenden so gering wie möglich zu halten.

Polizei/Sicherheit

Die Polizei leistet wichtige Arbeit und garantiert die Sicherheit im Land. Trotzdem bleibt die Beförderung von Beamtinnen und -beamten auf der Strecke. Mittlerweile sind allein bei der Polizei über 1.500 Stellen beförderungsreif. Die im Haushalt eingestellten Mittel reichen nicht aus, um den Beförderungsstau aufzulösen bzw. verringern. Neben einer unzureichenden Grundfinanzierung aller Stellen ist auch die Finanzierung der 75 Dienstposten für die zentrale Bewachung von Einrichtungen der jüdischen und muslimischen Glaubensgemeinschaft nicht gesichert. Darüber hinaus kritisieren wir, dass für die Sanierung des mit Künstlichen Mineralfasern (KMF) belasteten Gebäudes und die Modernisierung der IT-Datenleitungen des Landeskriminalamtes keine Haushaltsmittel eingestellt wurden.

Kampf gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus

Angesichts der Taten von Halle und Hanau ist die Aufstockung der Mittel für die Präventi-onsarbeit gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus richtig und wichtig. Wir begrüßen ebenso die zusätzlichen Mittel für Gedenkstättenfahrten über die Landeszentrale für politische Bildung. Gute Präventionsarbeit in Schulen, Jugendclubs, Vereinen und Ju-gendverbänden erfordert mehr Mittel für landesweite Angebote der Demokratie- und Jugendbildung.