header-placeholder


image header
image
Zieschang Innenministerin   LaurenceChaperon

Sachsen-Anhalt-News: Politisch motivierte Kriminalität 2022 - Rückgang der Gesamtzahlen, Anstieg der fremdenfeindlichen Straftaten


veröffentlicht am 26. April 2023

Die Landespolizei Sachsen-Anhalt hat im vergangenen Jahr einen Rückgang der politisch motivierten Straftaten registriert. Insgesamt wurden im Jahr 2022 in Sachsen-Anhalt 2.835 politisch motivierte Straftaten erfasst. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Rückgang um 9,5 Prozent beziehungsweise 298 Straftaten. 
Im zehnjährigen Vergleich ist das Fallaufkommen jedoch immer noch über dem Durchschnitt. Das geht aus der Bilanz für das vergangene Jahr hervor, die Innenministerin Dr. Tamara Zieschang gestern in Magdeburg vorgestellt hat.

Fast zwei Drittel aller politisch motivierten Straftaten wurden im vergangenen Jahr dem Bereich politisch motivierter
Kriminalität - rechts zugeordnet und bilden damit weiterhin den Schwerpunkt politisch motivierter Kriminalität. Es wurden 1.847 Straftaten erfasst; das waren 287 Straftaten mehr als im Vorjahr. Den größten Anteil (66 Prozent) machen Propagandastraftaten aus wie etwa die Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Ihre Zahl ist binnen eines Jahres um 220 auf 1.220 Fälle gestiegen. Auch die Anzahl der Beleidigungen ist um 54 Fälle auf 202 Straftaten (elf Prozent) angestiegen.

Im Phänomenbereich der politisch motivierten Kriminalität - links war im Jahr 2022 ein Rückgang um gut 40 Prozent auf 314 Straftaten
(- 215 Fälle zu 2021) zu verzeichnen.
Dieser Rückgang ist vornehmlich auch auf weniger Sachbeschädigungen (- 97 Fälle) in diesem Phänomenbereich zurückzuführen. Sachbeschädigungen mit 208 erfassten Fällen, Beleidigungen mit 31 und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz mit 17 registrierten Fällen bilden die deliktischen Schwerpunkte linksmotivierter Straftaten.
Die Zahl der Straftaten, die sich keinem konkreten Phänomenbereich zuordnen lassen und daher im Phänomenbereich PMK - nicht zuzuordnen erfasst werden, hat sich im vergangenen Jahr von 976 auf 495 fast halbiert. Hierunter fallen unter anderem auch Straftaten (176 Fälle), die im Zuge von Protesten gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen festgestellt worden sind. Die meisten Straftaten wurden im Januar und Februar 2022 begangen.
Die Gesamtaufklärungsquote der Straftaten politisch motivierter Kriminalität weist eine deutliche Steigerung auf. Mit 49,9 Prozent wurde fast die Hälfte aller Fälle aufgeklärt – und damit mehr als elf Prozent über dem Vorjahresergebnis (38,6 Prozent).

Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: „Die Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität und der damit verbundenen Gewalt und Hetze stellt einen Schwerpunkt bei der polizeilichen Aufgabenbewältigung dar. Nur die unbeirrte Verfolgung jeder einzelnen Straftat kann die Spirale aus Hasstaten stoppen. Um die Aufklärungsquote weiterhin zu erhöhen, werden die Sicherheitsbehörden des Landes auch künftig jedem Anhaltspunkt nachgehen, konsequent handeln und jegliche rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen.“

Politisch motivierte Gewaltkriminalität
Im vergangenen Jahr wurden 230 politisch motivierte Gewaltdelikte erfasst – 54 Fälle mehr als noch 2021. Das ist die höchste Anzahl politisch motivierter Gewaltkriminalität der zurückliegenden zehn Jahre. Davon wurden 140 Straftaten in Form von Körperverletzungsdelikten begangen; dies entspricht einem Anteil von fast 61 Prozent. Die Anzahl der Widerstandsdelikte hat sich binnen eines Jahres um 24 Fälle auf 52 Fällen im Jahr 2022 erhöht. Rund ein Drittel der politisch motivierten Gewaltdelikte stand im Zusammenhang mit Versammlungen.
Es wurden insgesamt 111 rechtsmotivierte Gewaltstraftaten erfasst. Dies stellt eine Steigerung um 27 Straftaten gegenüber 2021 dar (84 Fälle). Ein Großteil dieser Taten waren Körperverletzungen mit 96 registrierten Fällen.
Bei linksmotivierten Gewaltstraftaten ist ein Rückgang der Fallzahlen zu verzeichnen: Es wurden 36 Gewaltdelikte erfasst. Das sind 20 Taten weniger als im Vorjahr. So halbierte sich die Zahl der Körperverletzungsdelikte von 32 auf 16 Fälle; im Jahr 2022 wurden sechs Widerstandshandlungen registriert (2021: 14 Fälle).
67 Gewaltstraftaten standen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (unter anderem Widerstandshandlungen in 35 Fällen, 16 Körperverletzungen und zwölf Landfriedensbrüche). Der überwiegende Teil dieser Gewaltstraftaten wurde dem Phänomenbereich PMK - nicht zuzuordnen zugerechnet. Im Jahresverlauf zeigte sich eine deutlich abnehmende Fallzahlentendenz.
Die Aufklärungsquote bei politisch motivierten Gewaltdelikten für 2022 liegt insgesamt bei 72,2 Prozent – 166 von 230 Straftaten konnten aufgeklärt werden. Bei den rechtsmotivierten Gewaltstraftaten wurde sogar eine Aufklärungsquote von 80,2 Prozent erreicht.

Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: „Der erhebliche Anstieg der Gewalttaten aus politischer Motivation um mehr als 30 Prozent ist alarmierend. Die Bekämpfung der politisch motivierten Gewaltkriminalität wird auch künftig ein Schwerpunkt des polizeilichen Staatsschutzes sein. Das konsequente Vorgehen spiegelt sich in der hohen Aufklärungsquote von Gewalttaten wider.“

Fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten
In Sachsen-Anhalt sind im Jahr 2022 insgesamt 604 fremdenfeindliche Straftaten erfasst worden. Damit setzt sich der negative Trend der vergangenen Jahre fort und mündet in einem traurigen Höchstwert. Fremdenfeindliche Straftaten sind um gut 40 Prozent (+ 173 Fälle) angestiegen. Den größten Teil nehmen neben rassistischen (141 Fälle) und antisemitischen (144 Fälle) in erster Linie Straftaten mit ausländerfeindlicher Motivation (347 Fälle) ein. Dabei handelt es sich überwiegend um Volksverhetzungen/Beleidigungen (379 Fälle) und Körperverletzungen (88 Fälle). Knapp ein Viertel der antisemitischen Straftaten wurde im Internet begangen. Es wurden neun Gewaltdelikte registriert, darunter unter anderem zwei Brandstiftungen im September 2022.
„Fremdenfeindliche Straftaten und antisemitisch motivierte Straftaten haben in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr einen erschütternden Rekord erreicht. Dies unterstreicht, dass die gezielte Bekämpfung von Antisemitismus und deren Ausbreitung weiterhin im Mittelpunkt der polizeilichen Arbeit stehen muss. Zur Erkennung von fremdenfeindlichen und antisemitischen Straftaten und entsprechender Sensibilisierung aller Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten haben wir im vergangenen Jahr ein umfassendes Konzept zur Stärkung der Interkulturellen Kompetenzen der Landespolizei erarbeitet, das bereits umgesetzt wird“, sagt Innenministerin Zieschang.
Zudem wurde im vergangenen Jahr erstmalig ein Polizeirabbiner in die Aus- und Fortbildung der Landespolizei integriert. Die Tätigkeit des Polizeirabbiners Herrn Fabian und seines Teams fügt sich, insbesondere in Ausbildung und Studium, in das Konzept der Landespolizei zur Stärkung der Interkulturellen Kompetenz ein.
Um Antisemitismus entschieden entgegenzutreten und bekämpfen zu können, hat die Landespolizei den engen Dialog mit den jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt intensiviert. Das gegenseitige Verständnis bildet die Grundlage für die Stärkung des Vertrauens in die polizeiliche Arbeit. Dieses Vertrauen soll neben Kooperationen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen wie der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) für eine erhöhte Bereitschaft sorgen, antisemitische Straftaten bei der Polizei anzuzeigen.

Straftaten im Zusammenhang mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine
Infolge des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges auf die Ukraine am 24. Februar 2022 kam es auch in Sachsen-Anhalt zu politisch motivierten Straftaten. Insgesamt wurden 155 Straftaten erfasst, welche in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit dem Krieg stehen. Die überwiegende Anzahl der Straftaten (82 Fälle) wurde im Phänomenbereich PMK - ausländische Ideologie erfasst.
In 62 Fällen wurde die Billigung von Straftaten nach § 140 StGB registriert. Von diesen 62 Fällen wurden in 56 Fällen das öffentliche Verwenden des Buchstabens „Z“ als Symbol für die Billigung des völkerrechtswidrigen Krieges strafrechtlich verfolgt.
 

Text / Foto: Staatskanzlei und Ministerium für Kultur / Laurence Chaperon