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70. Internationale Filmfestspiele Berlin eröffnet - Demonstration gegen Ausgrenzung

Freitag, den 21. Februar 2020

Mit einer Schweigeminute für die Opfer des Attentats von Hanau haben die 70. Internationalen Filmfestspiele in Berlin begonnen. In ihrer Eröfffnungsrede rief Kulturstaatsministerin Grütters (Foto) dazu auf, gerade angesichts dieses "entsetzlichen, offenbar rassistisch motivierten Verbrechens, das 70. Jubiläum auch als vielstimmige Demonstration gegen Abschottung und Ausgrenzung" zu begehen.

Die 70. Internationalen Filmfestspiele Berlin sind eröffnet - zum ersten Mal unter der Leitung der neuen Doppelspitze aus Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek.

Schatten der Gegenwart ...

Die diesjährige Eröffnungsgala stand allerdings unter dem Eindruck der rechtsextremistisch motivierten Gewalttat in Hanau, der tags zuvor neun Menschen mit Migrationshintergrund zum Opfer gefallen waren. Kulturstaatsministerin Monika Grütters erklärte: "Unsere Gedanken sind heute, einen Tag nach dem erschütternden Gewaltexzess in Hanau, bei den ermordeten Menschen und ihren Familien."

... und der Vergangenheit

Einen weiteren Schatten über die Jubiläums-Berlinale warfen im Vorfeld auch neuere Erkenntnisse über Alfred Bauer: Ausgerechnet der Gründsdirektor der Filmfestspiele - "die von Beginn an für Freiheit, für künstlerische Vielfalt und für Weltoffenheit standen", wie die Staatsministerin betonte - war offenbar tiefer in die totalitäre Kulturpolitik der Nationalsozialisten verstrickt als bisher bekannt. In Reaktion darauf hatte die Berlinale-Leitung umgehend die Verleihung des nach Alfred Bauer benannten Ehrenpreises der Berlinale ausgesetzt. Zudem kündigte sie eine intensive, wissenschaftliche Aufarbeitung der Biografie Alfred Bauers an.

Für das konsequente Vorgehen dankte die Staatsministerin Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian in ihrer Rede ausdrücklich. "Wie wichtig Aufklärung ist und wie beklemmend aktuell die Lehren aus der Vergangenheit sind, das liegt angesichts rechtsextremistischen Terrors in Deutschland auf der Hand", erklärte Grütters und mahnte eindringlich: "Niemals darf es eine wie auch immer geartete, politische Zusammenarbeit mit rassistischen und völkischen Kräften geben! Nirgendwo!" 

Filmkunst weckt Verständnis

Die Staatsministerin erinnerte daran, dass es die Berlinale war, die nach 1945 den Kräften freier Filmkunst von Anfang an ein riesiges Publikum bescherte. "Uns Fremdes vertraut machen, uns Mit-Fühlen lassen mit Menschen, mit denen uns nichts zu verbinden scheint, Verständnis wecken über alle Grenzen und Gräben hinweg: Das kann großes Kino, und dafür steht die Berlinale", so Grütters.

Auch mit der diesjährigen Filmauswahl erwarte die Zuschauerinnen und Zuschauer "ein künstlerisch vielseitiges Programm, das dem Ruf der Berlinale als ein dezidiert politisches Filmfestival alle Ehre macht."

Die Internationalen Filmfestspiele Berlin gehören zu der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH. Aus dem Haushalt der Kulturstaatsministerin stehen im Rahmen der Filmförderung des Bundes 10,4 Millionen Euro für die Berlinale 2020 zur Verfügung.

Internationale Vielfalt

340 Filme aus 71 Ländern bietet das größte Publikumsfestival der Welt in diesem Jahr auf. Am Anfang stand die Weltpremiere der Romanverfilmung "My Salinger Year" des kanadischen Regisseurs Philippe Falardeau mit Sigourney Weaver in der Hauptrolle.

Den Wettbewerb bestreiten insgesamt 18 Einreichungen, um sich von einer international besetzten Fachjury cineastisch vermessen und zum Sieger küren zu lassen. Wer das Rennen um die Goldenen und Silbernen Bären gewinnt, entscheidet sich am vorletzten Tag der Festspiele.

Neben dem Hauptwettbewerb findet bei der 70. Berlinale erstmals auch ein zweiter Wettbewerb statt. Unter dem Titel "Encounters" will die Berlinale-Leitung in dieser Sparte künftig speziell die experimentelle Filmkunst stärker ins Rampenlicht der Filmfestpiele holen. 15 Beiträge laufen in dem neuen Programm.

Zwei Beiträge aus Deutschland

Unter den diesjährigen Wettbewerbsbeiträgen befinden sich Burhan Qurbanis Neuverfilmung von "Berlin Alexanderplatz" mit Schauspielerin Jella Haase. Regisseur Christian Petzold tritt mit seinem Film "Undine" an - Paula Beer und Franz Rogowski spielen hier die beiden Hauptrollen.

Und noch ein dritter deutschprachiger Film wird im Jubiläumsprogramm zu sehen sein: Die Schweizer Regisseurinnen Stephanie Chuat und Veronique Reymond stellen "Schwesterlein" mit Nina Hoss und Lars Eidinger vor. Insgesamt sechs der im Wettbewerb gezeigten Filme sind von Frauenhand gemacht.

Interessante Randnotiz: Mit diesen Beiträgen drehen sich gleich drei der Wettbewerbsfilme in und um Berlin.

Wichtiger Treffpunkt der Filmbranche

Neben dem Filmfestival hat sich die Berlinale im Laufe der vergangenen 70 Jahre auch als wichtiger internationaler Branchentreff etabliert. Produzenten, Verleiher, Ein- und Verkäufer informieren sich hier über neueste Produktionen, handeln mit Filmrechten oder pflegen Geschäftskontakte.

Wichtigste Plattform hierfür ist der im Rahmen der Berlinale stattfindende European Film Market. Der erste internationale Filmmarkt des Jahres gilt weltweit als einer der drei wichtigsten Branchentreffen der Filmindustrie. Neben den großen Hollywood-Filmen wird hier auch die Kinozukunft kleiner, unabhängiger Produktionen und technischer Neuentwicklungen abgesteckt.