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Aus dem Gerichtssaal: Das Oberlandesgericht Naumburg verhandelt über die Entfernung einer Sandsteinplastik von der Fassade der Stadtkirche Wittenberg

Donnerstag, den 12. Dezember 2019

Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg verhandelt am 21. Januar 2020 über den Antrag des Klägers, die Evangelische Stadtkirchengemeinde Wittenberg zur Entfernung des unter dem Begriff „Judensau“ bekannten Sandsteinreliefs von der Fassade der Stadtkirche zu verurteilen und vorsorglich festzustellen, dass das Sandsteinrelief den Tatbestand der Beleidigung erfülle.

Der Kläger ist Mitglied einer jüdischen Gemeinde. Die beklagte Kirchengemeinde ist Eigentümerin der unter Denkmalschutz stehenden Stadtkirche in Wittenberg. Am südöstlichen Flügel der Stadtkirche Wittenberg befindet sich in etwa 4 m Höhe ein Sandsteinrelief aus dem 13. Jahrhundert, das als Schmähplastik gegen die Angehörigen des jüdischen Glaubens erkenntlich ist. Seit dem Jahr 1570 trägt das Relief eine Inschrift, die auf eine drastisch kritische Auseinandersetzung Martin Luthers mit der jüdischen Theologie Bezug nimmt.

Als im Jahr 1983 die Renovierungsarbeiten an der Stadtkirche die Südseite erreichten, befand die Gemeinde, das Sandsteinrelief an seinem Ort zu belassen. Im November 1988 weihte die Stadtkirchengemeinde unterhalb des Reliefs ein Mahnmal ein, das sich auf die Schmähplastik bezieht und die Wirkungsgeschichte des Antijudaismus und des Antisemitismus auf künstlerische Weise thematisiert.

Durch Urteil vom 24. Mai 2019 hat das Landgericht Dessau-Roßlau die Klage abgewiesen. Der Kläger könne die Beseitigung nicht verlangen, weil das Relief den Tatbestand der Beleidigung nicht erfülle. Es sei Bestandteil eines historischen Gebäudes und befinde sich nicht unkommentiert an der Mauer der Stadtkirche. Über das Mahnmal am Fuße der Kirche sei das Relief in eine Gedenkkultur eingebettet.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Die Mündliche Verhandlung des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg findet am 21. Januar 2020, 13:30 Uhr, Saal 400 statt.