Sonntag, den 22. August 2021
Von Kathleen Radunsky-Neumann
In der Theorie klingt es einfach: Eine große undichte Stelle an einer Herzklappen wird mit Hilfe
eines Clips verschlossen. In der Praxis ist das ein komplexer Vorgang. Im Klinikum Magdeburg
stehen die technischen
Voraussetzungen und die
Kompetenz der geforderten
Mediziner zur Verfügung, so dass
hier nun Patienten mit der
sogenannten hochgradigen
Trikuspidalklappeninsuffizienz
(Undichtigkeit der Klappe zwischen
rechtem Vorhof und rechtem
Ventrikel) mit einem neuen
minimalinvasiven schonenden
Verfahren behandelt werden.
„Dadurch wird den meist schon
betagten Patienten eine schwere
OP erspart“, sagt Prof. Dr. med.
Hendrik Schmidt, Chefarzt der
Klinik für Kardiologie und
Diabetologie am Klinikum
Magdeburg.
Die
Trikuspidalklappeninsuffizienz ist
keine seltene Erkrankung am Herzen, führt der Fachmann aus. Bei dieser sogenannten
Undichtigkeit sind die Klappenstrukturen meist selbst intakt. „Jedoch wird die Klappe oder der
Halteapparat der Klappe oft durch Vergrößerungen der rechten Herzvorkammer oder der
rechten Herzhauptkammer auseinander gezogen“, erklärt der Mediziner. Dadurch könne die
Klappe nicht mehr suffizient, also nicht mehr ausreichend
schließen. Langjähriger Diabetes, mehrere Herzinfarkte oder
Bluthochdruck können Ursachen für diese Vergrößerungen
des rechten Herzens sein. Die Folge: Luftnot, Übelkeit,
Erbrechen und Wassereinlagerungen (Ödeme) im ganzen
Körper, vor allem im Bauch und in den Beinen. Diese
Symptome sorgen wiederum für eine geringere Belastbarkeit
im Alltag und schließlich zu Einschränkungen der
Lebenserwartung.
Die herkömmliche Behandlung ist oft ein operativer Einsatz,
bei dem ggfs. eine Stelle am Brustkorb geöffnet und schließlich
um die undichte Klappe eine Art Ring verlegt wird. „Jedoch sind
diese Patienten meist schwer krank und das Risiko von
Komplikationen ist bei einer solchen Operation oft groß“, fasst
Hendrik Schmidt zusammen. Deshalb sei die
Trikuspidalklappeninsuffizienz in den vergangenen Jahren
häufig unbehandelt geblieben.
Das soll sich nun ändern, deshalb greift Prof. Dr. med. Hendrik
Schmidt auf ein kathetergestütztes Reparaturverfahren zurück. Bei dieser
Behandlungsmethode schiebt der Arzt über einen kleinen Schnitt in der Leiste einen Katheter über die Leistenvene bis zum Herzen vor. Hier wird unter Ultraschallkontrolle ein Clip an der
Trikuspidalklappe so gesetzt, dass die Segel der Klappe durch diesen Clip verbunden werden.
Dieses Verfahren ist am Klinikum Magdeburg im Grunde nicht neu. Unter anderem wird hier
bereits seit Jahren die Mitralklappe ähnlich behandelt.
Der Eingriff wird in Vollnarkose am schlagenden Herzen durchgeführt. Die Narkose ist nötig,
da eine "Schluck-Ultraschall"-Untersuchung (Echokardiographie) und Durchleuchtung
während des Eingriffs nötig sind, um den Clip millimetergenau innerhalb des Herzens an die
richtige Stelle navigieren zu können. Der Eingriff wird deshalb im Klinikum Magdeburg im
hochmodernen Hybrid-OP durchgeführt und dauert zwischen einer und drei Stunden. „Der
Patient kann bereits wenige Tage später wieder nach Hause entlassen werden“, nennt der
Chefarzt einen weiteren Vorteil für die Betroffenen bei diesem schonenden
Behandlungsverfahren.
Das Klinikum Magdeburg ist eines der zwei Krankenhäuser, die in Sachsen-Anhalt diese
Behandlung anbieten. Am Klinikum Magdeburg besteht somit ab sofort die Möglichkeit, alle
derzeit durch Katheterbehandlung therapierbaren Klappen (Mitralklappe, Aortenklappe,
Trikuspidalklappe) minimalinvasiv zu behandeln.
Titelfoto: Prof. Dr. Hendrik Schmidt, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und
Diabetologie am Klinikum Magdeburg, bei einem
Trikuspidalklappeneingriff. Dabei wird über einen kleinen Schnitt
in der Leiste ein Katheter über die Leistenvene bis zum Herzen
vorgeschoben. © Klinikum Magdeburg
Foto 2: So sieht der Clip aus, der die
Undichtigkeit der Herzklappe
zwischen rechtem Vorhof und
rechtem Ventrikel behebt.
© Edwards Lifesciences
Services GmbH