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Andreas Dittmann, MbB Marina Kermer, Andreas Eggert und Frank Zacharias

Apothekerkammer Sachsen-Anhalt: Parteibasis will wohnortnahe Apotheke sichern.

Gespräch mit MdB Marina Kermer zeigt Unterschiede von Bund und Land



(ak s-a, 02. März 2017). Unter dem Motto: „Apotheken – Online oder Lokal“ veranstaltete der
SPD-Ortsverein Zerbst einen offenen Diskussionsabend. Zur thematischen Unterstützung
hatten sich die Genossen um den Zerbster SPD-Bürgermeister Andreas Dittmann die SPDBundestagsabgeordnete und Mitglied im Gesundheitsausschuss, Marina Kermer, eingeladen.
Eines wurde an diesem Montagabend, 27. Februar 2017, deutlich: Der thematische Abstand
zwischen der Parteibasis und der Politik in Berlin ist enorm.


Im Fall des viel diskutierten EuGH-Urteils vom Oktober letzten Jahres, wonach ausländische
Arzneimittelversender Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimitteln geben dürfen, stellte
sich die Parteibasis ganz klar auf die Seite der Apotheken vor Ort und forderte einen
flächendeckenden Erhalt des gut funktionierenden Apothekennetzes. Die SPD-Parteibasis
sprach sich aus diesem Grunde für die Beibehaltung der Preisbindung für Arzneimittel aus.
Die Gesundheitspolitikerin aus Berlin favorisierte dagegen ihren Parteientwurf, der vorsieht,
dass auch die deutschen Apotheken einen Bonus von einem Euro gewähren sollen.
Die Zerbster Apotheker erläuterten detailliert, dass diese Vorstellungen betriebswirtschaftlich
nicht machbar wären und für viele Apotheken das Aus bedeuten würden. Anhand
umfangreichen eigenen Zahlenmaterials legten sie beispielhaft dar, dass weder der alle sechs
Tage anstehende Notdienst noch die Herstellung einer Rezeptur kostendeckend erfolgen.
Doch beides gehört zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung und ist für die Bevölkerung
unverzichtbar. Nur durch das bestehende Preisbildungssystem für Arzneimittel sind diese
Leistungen überhaupt finanzierbar.


Dennoch sah MdB Marina Kermer kein Problem darin, ihren Bundes-Parteientwurf mit dem
momentan avisierten Bonus von einem Euro pro rezeptpflichtigem Arzneimittel zu verteidigen.
Kermer argumentierte, die Gleichstellung inländischer Apotheken und ausländischer
Arzneimittelversender im Wettbewerb müsse über diesen Bonus machbar sein. Das erntete
Kopfschütteln sowohl bei den anwesenden Apothekern der Region als auch bei den Vertretern
anderer Gesundheitsberufe und den lokalen Politikern. Weder das Argument, Arzneimittel sind
Waren der besonderen Art und keine freie Handelsware, noch solche zur Qualität der
Versorgung und Beratung der Patienten, zu den Arbeitsplätzen oder zu Steuerfragen
überzeugten sie.


Frank Zacharias, Inhaber der Schlossapotheke in Gommern, einer Stadt mit etwa 6.000
Einwohnern, erläuterte, dass schon heute kaum wirtschaftliche Reserven in seiner Apotheke
existieren. „Soll ich nun noch einen Euro Bonus gewähren, dann kann ich meine Apotheke
demnächst schließen. Bisher hatten wir mit dem ausländischen Versand ausschließlich einen
Qualitätswettbewerb. Dass uns nun ein ruinöser Preiswettbewerb droht, der rein gar nichts
mehr mit Qualität zu tun hat, ist nicht nachzuvollziehen. Wir sperren uns doch nicht gegen den
Versand, sondern gegen eine drohende Rabattschlacht, bei der es nur noch
Verlierer geben wird. Daher fordern wir, den Versand auf nicht
verschreibungspflichtige Arzneimittel zu begrenzen.“


Die Frage, wer im reinen Preiswettbewerb dann die Notfälle und komplizierten
Versorgungsfälle betreuen soll, konnte die Gesundheitsexpertin nicht konkret
beantworten. Sie stellte zur Diskussion, dass das gesamte Gesundheitswesen
umgebaut werden muss, um auf die neuen Herausforderungen gewappnet zu sein.


Bild: Bürgermeister Andreas Dittmann, MbB Marina Kermer, Zahntechniker Andreas Eggert und
Apotheker Frank Zacharias (v.l.)

Quelle Foto: Katrin Pohl, AK Sachsen-Anhalt