Erfolgreiche
Entwöhnung nach Vermittlung der Krankenkasse
München/Bad Berka, Januar 2022.
Im Dezember 2018 schlossen die SBK Siemens-Betriebskrankenkasse und die
Karl-Hansen-Klinik Bad Lippspringe den ersten Qualitätsvertrag der GKV. Ziel
des Vertrags ist es, mehr Menschen von der Beatmung zu entwöhnen und ihnen ein
besseres Leben zu ermöglichen. Mittlerweile nehmen an dem Vertrag 22 Kliniken
und 34 Krankenkassen teil. Aufgrund diverser Hürden konnte eine Entwöhnung bislang jedoch weniger
Versicherten als erhofft ermöglicht werden. Beispielsweise kennen viele Hausärzte
die Möglichkeit nicht oder sind in diesem Bereich nicht spezialisiert genug.
Intensivpflegedienste verhindern zudem häufig die Entwöhnung dieser für sie lukrativen Patienten.
Bisher
konnte die SBK eine geringe Zahl an Versicherten in den Vertrag einsteuern. Vor
einigen Monaten wurde die erste Versicherte der SBK im Rahmen des
Qualitätsvertrags erfolgreich von der Beatmung entwöhnt. Die 70-jährige Thüringerin wurde aufgrund einer
COPD-Erkrankung im Februar 2021 intensivmedizinisch behandelt und beatmet. Die
Entwöhnung von der Beatmung war im ersten Versuch in der behandelnden Klinik
nicht erfolgreich: Die Patientin wurde beatmet in eine Intensivpflege-WG
entlassen. Der Entlassbrief aus dem Krankenhaus ließ Heide Wittig,
Fachberaterin Intensivversorgung bei der SBK und gelernte Krankenschwester mit
Erfahrung in der Intensivpflege, jedoch aufmerksam werden: Die Patientin war
kardiopulmonal stabil und eine physiotherapeutische Mobilisierung bis zum Stand
an der Bettkante war möglich. Darüber
hinaus sei sie laut Entlassbrief „ausreichend
kommunikativ“ und könne
tagsüber am Bett sitzend Nahrung
zu sich nehmen.
Weaning-Potenzial
durch Klinik bestätigt
Nach
Bewertung der Anamnese kontaktierte Heide Wittig die Zentralklinik Bad Berka in
Thüringen. Diese ist auf Weaning
spezialisiert und nimmt am Qualitätsvertrag teil. „Der Oberarzt bestätigte mir, dass unsere
Versicherte gute Chancen hatte, ohne Trachealkanüle zu leben. Es lag auch in seinen Augen keine
Kontraindikation zur Dekanülierungsüberprüfung vor“,
so Heide Wittig, die daraufhin den Ehemann der Patientin informierte. „Ihre Familie war vollkommen überrascht. Bislang hieß es,
die Erkrankte müsse bis an
ihr Lebensende beatmet werden. Entsprechend groß war die Freude bei ihr und
ihrem Ehemann.“ Henning Müller, behandelnder Oberarzt
in Bad Berka, ergänzt: „Durch die
gute Vorbereitung seitens der SBK war eine schnelle Befundzusammenstellung
möglich. Auch wir sahen das Potenzial zur Dekanülierung und nahmen die Patientin kurzfristig in
unserer Weaningeinheit auf.“
Erfolgreiche
Entwöhnung von der Beatmung nach zwei Wochen
Die
SBK-Fachberaterin bereitete daher alles für
die Klinikaufnahme in Bad Berka vor. Sie stellte außerdem den Kontakt zwischen
Klinik, Pflegedienst und Hausarzt der Versicherten her. Anfang April wurde die
Versicherte in Bad Berka aufgenommen. Bereits vier Tage später konnte dreimal
täglich für zwei
Stunden auf die Beatmung verzichtet werden. Nach zwölf Tagen war die Patientin
spontan atmend. Ihre Blutgaswerte waren gut. Vor Entfernung der Trachealkanüle wurde endoskopisch
Granulationsgewebe nachgewiesen. Über starre Bronchoskopie konnte das
Granulationsgewebe problemlos abgetragen werden. Die Dekanülierung erfolgte periinterventionell mit Anlage
eines Platzhalters, der bereits zwei Tage später entfernt werden konnte. Somit
war die Patientin nach insgesamt 14 Tagen ohne künstlichen Atemwegszugang, der sie bisher sehr
eingeschränkt hatte. Ende April wurde sie aus der Klinik entlassen, aktuell
wird sie zu Hause von einem Pflegedienst versorgt.
Erfolgreicher
Umgang mit der Erkrankung zu Hause
Heute
kann die Thüringerin
mit ihrer fortgeschrittenen chronischen Lungenerkrankung dank gezielter
Schulungen seitens der Klinik gut leben. Eine bereits während der Entwöhnung
angepasste nicht invasive Beatmung für
die Nachtstunden, ein PEP-System zur Unterstützung
des Sekretmanagements sowie eine Inhalationstherapie helfen ihr dabei. „Nach Einweisung durch uns
Atmungstherapeuten war die Patientin in der Lage, die Geräte völlig
selbstständig und defizitfrei zu nutzen und die Therapien umzusetzen. Sie
erhielt außerdem gezielte Schulungen im Umgang mit ihrer Erkrankung, um
Exazerbationen und damit ungeplante Krankenhausaufenthalte zu vermeiden“, sagt Dorit Schimandl,
leitende Atmungstherapeutin der Zentralklinik Bad Berka. „Die Patientin wird sicher auch zukünftig ihren Alltag mit der Erkrankung bestmöglich
meistern können.“
Freude
bei der Versicherten
Die
SBK-Versicherte selbst sagt über
ihre erfolgreiche Entwöhnung von der Beatmung: „Auch wenn es schwer schien: Mein Mann und ich
hatten uns bereits damit abgefunden, dass ich wohl nie wieder ohne Trachealkanüle leben könnte. Wäre Frau
Wittig damals nicht aufmerksam geworden, sähe mein Leben heute ganz anders aus.
Ich bin unendlich dankbar für
ihren Einsatz und den der Ärzte und Atmungstherapeuten in Bad Berka.“
Text
/ Foto: SBK Siemens-Betriebskrankenkasse / pixabay