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Gesundheit-News: „Ageism“ - Altersdiskriminierung bedroht Gesundheit

8. Mai 2021

Mai 2021 – Nur aufgrund des eigenen Alters Diskriminierung, Unrecht und Benachteiligung erfahren? Viele Menschen weltweit sind Opfer von „ageism“. In Zeiten einer Pandemie erfährt das Thema neue Brisanz: Denn mancherorts wird das Alter als das einzige Kriterium herangezogen, das entscheidet, inwiefern eine Person Zugang zu medizinischer Versorgung und lebensrettender Behandlung erhält. Dieses Beispiel zeigt: Es geht um Leben und Tod.

Das Alter ist eines der ersten Dinge, das uns bei anderen Menschen auffällt“, heißt es im „Global Report on Ageism“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Wenn es benutzt wird, „um Menschen zu kategorisieren und zu unterteilen“ und zwar so, dass es „zu Schaden, Benachteiligung sowie Unrecht führt und den Zusammenhalt zwischen den Generationen untergräbt“, ist im Englischen von „ageism“ die Rede. Das kann verschiedene Formen annehmen: Da ist das junge Mädchen, das verspottet wird, weil es eine politische Bewegung startet. Oder ein Senior, dem ein Job verwehrt wird.

Ageism sickert in viele Institutionen und Sektoren der Gesellschaft“, so die WHO, wie in das Rechtssystem, die Medien oder die Gesundheits- und Sozialfürsorge.

Gesundheitsversorgung: Rationierung je nach Alter

Im Bericht kommt die 82-jährige Vera aus Kirgisistan zu Wort: „Manche Ärzt:innen halten es nicht für nötig allem zuzuhören, was wir zu sagen haben, oder uns fachgerecht zu untersuchen. Wenn wir ihnen von unseren Gesundheitsproblemen berichten, sagen sie oft, dass unser Alter schuld an den Problemen trage und es ganz natürliche Veränderungen seien.“ Sie fühle sich „sehr unerwünscht und hilflos“.

Ihr Gefühl kommt nicht von ungefähr: In 127 von 149 im Jahr 2020 untersuchten Studien (85 %) zeigte sich, dass das Alter darüber entschied, wem bestimmte medizinische Verfahrensweisen zuteilwurden. Eine Studie an fünf Kliniken in den USA nahm unter die Lupe, inwiefern das Alter von 9.000 Patient:innen den Einsatz von lebenserhaltenden Maßnahmen beeinflusste. „Mit zunehmendem Alter der Betroffenen verwehrte das medizinische Personal eher die Unterstützung durch Beatmungsgeräte, Operationen und Dialyse“, fasst die WHO zusammen. Mit jeder Lebensdekade wurde es demnach um 15 Prozent wahrscheinlicher, dass jemand kein Beatmungsgerät erhielt.

Auch im Zuge der COVID-19-Pandemie verteilen Verantwortliche knappe Güter wie Beatmungsgeräte oder Intensivbetten mancherorts „nur nach chronologischem Alter“, heißt es im Bericht. Das sei „unethisch“ – schließlich stehe das chronologische Alter nur „moderat“ in Zusammenhang mit dem biologischen Alter oder der Prognose. In einigen Ländern bestimmte das Alter außerdem über die Isolationsmaßnahmen. „Im Vereinigten Königreich beispielsweise wurden Erwachsene ab 70 Jahren anfangs angewiesen, sich für vier Monate in Selbstisolation zu begeben; in Bosnien und Herzegowina durften ältere Personen ihr Haus […] für mehrere Wochen nicht verlassen; und in Kolumbien und Serbien zielten Lockdown-Maßnahmen lediglich auf ältere Menschen ab.“

COVID-19: Herausforderung und Chance

Und auch die Medien zeichnen in der Pandemie oftmals stereotype Bilder. „Ältere Erwachsene allgemein als gebrechlich, verletzlich und schutzbedürftig darzustellen“ werde der großen Vielfalt dieser Altersgruppe nicht gerecht. Altersdiskriminierende Narrative – auf der einen Seite die gefährdeten Senior:innen, auf der anderen Seite die Party-machenden Jugendlichen – drohen Generationen gegeneinander auszuspielen. Das zeigt sich etwa in Form einer in sozialen Medien verbreiteten Bezeichnung des Coronavirus als „boomer remover“ (s. New York Post).

Trotz allem war die Pandemie auch Katalysator für viele positive Initiativen. So wurden Kampagnen über die mentale Gesundheit älterer Menschen ins Leben gerufen. Senior:innen haben sich zahlreich engagiert – beispielsweise in der digitalen Hausaufgabenbetreuung; oder indem sie aus der Rente zurückkehrten, um Pflegekräfte an vorderster Front zu unterstützen.

Lasst uns diese Krise zu einem Wendepunkt dahingehend machen, wie wir ältere Menschen sehen, behandeln und auf sie reagieren“, forderte Natalia Kanem vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen. Lösungen könnten Gesetze und Richtlinien bieten, die die Probleme rund um Ageism adressieren – aber auch Aufklärung und Bildung sowie generationsübergreifende Aktivitäten, die das Miteinander fördern. Gerade angesichts des demografischen Wandels gewinnt der Kampf gegen Ageism an Bedeutung. Die Vision: „eine Welt wie wir sie uns alle wünschen – voller Gesundheit, Wohlergehen und Würde für alle Altersgruppen“, so Kanem.


Text: Pharma Fakten e.V.