Mit einer neu entwickelten Hightech-Matratze wollen die
Techniker Krankenkasse (TK) und das Universitätsklinikum Frankfurt die
Versorgung von Frühchen verbessern.
Jedes Jahr kommen in Hessen mehr als 700 Babys zehn
Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin auf die Welt. Diese Kinder müssen
in den ersten Lebenswochen häufig viel Zeit im Inkubator verbringen.
Ein direkter Körperkontakt mit den Eltern ist für sie nur
sehr eingeschränkt möglich. Damit die Frühgeborenen dennoch die Geborgenheit
der Eltern spüren können, testen nun bundesweit zehn Geburtskliniken der
Maximalversorgung, darunter das Universitätsklinikum Frankfurt, in einer
wissenschaftlichen Studie eine digital gesteuerte Gelmatratze des Start-ups
Babybe. Sie gibt den Kindern in der künstlichen Welt des Inkubators das Gefühl,
sie lägen direkt auf dem Oberkörper der Eltern.
Bionische Matratze simuliert Anwesenheit der Eltern
Studien zeigen, dass die sogenannte Känguru-Methode, bei
der das Frühgeborene möglichst häufig auf der Brust der Mutter oder des Vaters
liegt, die gesundheitliche Entwicklung der Kinder nachweislich unterstützt. Ergebnisse
dieser Studien zum „Känguruhing“ sind in die Entwicklung der bionischen
Matratze des Stuttgarter Start-ups Babybe eingeflossen. „Das System ist ein
Beispiel für eine digitale Innovation, von der gerade die schutzbedürftigen
Babys profitieren werden. Die Technik kann eine liebevolle Berührung nicht
ersetzen, aber sie simuliert die Anwesenheit der Eltern im Inkubator, indem sie
Herzschlag, Brustkorbbewegung und auch die Stimmen von Mutter und Vater
überträgt. Wir sind überzeugt, dass die Matratze das Potenzial hat, die
Versorgung der Frühchen weiter zu verbessern“, sagt Dr. Barbara Voß, Leiterin
der TK-Landesvertretung in Hessen.
Pilotstudie weist auf positive Effekte hin
Erste Ergebnisse einer Pilotstudie des Babybe-Systems –
der Name steht für „be with your baby“ – mit 15 Frühchen in Chile haben
gezeigt, dass die bionische Matratze die Atemfrequenz von Frühchen senkt und
die Gewichtszunahme beschleunigt. Diese Ergebnisse sollen jetzt in einer
multizentrischen wissenschaftlichen Studie bestätigt werden, an der das
Frankfurter Universitätsklinikum als einziges hessisches Krankenhaus teilnimmt.
Prof. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des
Universitätsklinikums Frankfurt, betont: „Am Universitätsklinikum Frankfurt
finden die Erkenntnisse aus der Wissenschaft und Forschung ohne Umwege direkt
Anwendung bei unseren Patienten, so natürlich auch ganz konkret in diesem Fall
bei unseren kleinsten Patienten auf der Neonatologie.“ Prof. Rolf Schlößer,
Leiter des Schwerpunkts Neonatologie des Universitätsklinikums und einer der
Leiter der Babybe-Studie: „Wir freuen uns, als eine der ersten Neonatologien in
Deutschland die Innovation im Stationsalltag zu erproben. Im Rahmen der Studie
untersuchen wir unter anderem, wie sich bei unseren Frühchen Herzschlag, Atmung
und Körpergewicht entwickeln, ob die Gelmatratze den Krankenhausaufenthalt
verkürzt und wie sich die Kinder bis zum zweiten Lebensjahr entwickelt haben.“
Das von Babybe entwickelte System nimmt die Stimmen der
Eltern sowie deren Herzschlag und Atembewegungen auf und überträgt diese per
Funk in den Brutkasten, wo die Hightech-Gelmatratze die Daten, die am
elterlichen Körper gemessen wurden, wieder in Töne und Bewegungen umsetzt.
Babybe-Gründer und Mechatronikingenieur Raphael Lang sagt dazu: „Babybe ist aus
der Idee entstanden, dem frühgeborenen Baby das Gefühl zu geben, ganz nah bei
der Mutter zu sein. Wir wollten aber auch die Sorgen der Eltern verringern und
ihnen ein besseres Gefühl geben. Durch Babybe haben die Frühchen auch während der
Abwesenheit der Eltern – beispielsweise während die Mutter zu medizinischen
Untersuchungen muss – das Gefühl von Körperkontakt.“
Multizentrische Studie
Im Rahmen der TK-Kooperation mit dem Start-up Babybe
wurden bundesweit bis zu zehn Geburtskliniken der Maximalversorgung, sogenannte
Level-1-Kliniken, zu einem vergünstigten Preis mit dem Babybe-System
ausgestattet. Die teilnehmenden Kliniken verpflichten sich im Rahmen der
Kooperation, Daten für eine multizentrische wissenschaftliche Studie mit rund 230
Frühgeborenen zu liefern. Leiter der Studie sind Prof. Rolf Schlößer sowie der
Direktor der Klinik für Neonatologie der Universitätsmedizin Mannheim, Prof.
Thomas Schaible. Für die Studie kommt das Babybe-System bei jedem teilnehmenden
Frühchen vier bis sechs Wochen zum Einsatz.
Text: Universitätsklinikum Frankfurt