Foto: Prof. Dr. Andreas Wiedemann mit dem Zertifikat für
das Zentrum für Interstitielle Zystitis
In Witten wurde das Zentrum für Interstitielle Zystitis
zertifiziert – als erst neunte Einrichtung im deutschsprachigen Raum
Schon das Wort für die Erkrankung ist kaum unfallfrei
auszusprechen: die Interstitielle Zystitis ist auch als chronisches
Blasenschmerzsyndrom bekannt: „Betroffene leiden unter starken, oft
unerträglichen Schmerzen in der Blase und im Unterbauch“, erklärt Prof. Dr.
Andreas Wiedemann.
„Dazu kommt heftiges, zwanghaftes Wasserlassen bis zu 40
Mal am Tag.“ Prof. Wiedemann ist Chefarzt der Klinik für Urologie im Ev.
Krankenhaus Witten und gehört zum Lehrstuhl für Geriatrie der Universität
Witten/Herdecke. Seine Klinik wurde jetzt zusammen mit der Gynäkologie und der
Neurologie des Schwesterkrankenhauses in Herne als Zentrum für Interstitielle
Zystitis (IC) und Beckenschmerz zertifiziert – als erst neunte Einrichtung im
deutschsprachigen Raum, die die hohen Anforderungen des Vereins ICA Deutschland
– Förderverein für Interstitielle Zystitis erfüllt.
Die Interstitielle Zystitis ist eine Autoimmunerkrankung,
die Ursachen sind ungeklärt. Vermutlich dringen Säureionen und
Nahrungsbestandteile, die sich im Urin befinden, in die Blasenwand ein und
verursachen dort eine Entzündung. Deutschlandweit sind pro Jahr etwa 25.000
Menschen betroffen, vor allem Frauen zwischen 40 und 50 Jahren. Die üblichen
Medikamente gegen eine Reizblase helfen nicht. Außerdem ist die Erkrankung
schwer zu diagnostizieren. „Im Schnitt dauert es neun Jahre bis zur Diagnose
und Betroffene waren bei zirka 20 Ärzten“, weiß Prof. Dr. Wiedemann. Zentrale
Untersuchung zur sicheren Diagnostik ist eine spezielle Blasenspiegelung, bei
der die Blase gedehnt wird. Ein typischer Befund, der sich nur bei diesem
Krankheitsbild findet, sind punktförmige Blutungen aus der sonst gesunden
Blasenwand. Außerdem werden bei diesem Eingriff Gewebeproben aus der Harnblase
entnommen, die vom Pathologen speziell untersucht werden.
So unterschiedlich wie der Befund sieht dann auch die
Hilfe aus: „Wir kombinieren beispielsweise morphinhaltige Schmerzmittel,
bestimmte Antidepressiva und Pentosanpolysulfat. Dieser Wirkstoff stellt die
Isolationsschicht der Blasenschleimhaut wieder her und schützt sie vor
schädlichen Urinbestandteilen.“ Auch eine spezielle Diät kann Linderung
verschaffen, da beispielsweise Gewürze die Blasenwand reizen können. Wenn diese
Maßnahmen nicht ausreichen, kommen weitere Verfahren zur Anwendung, die auch
bei der Behandlung der Harninkontinenz eingesetzt werden. Dazu gehören die
Injektion von Botulinum-Toxin in die Blase, Reizstrom und die sakrale Neuromodulation.
Quelle - Text und Foto: Universität Witten/Herdecke