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14 Kerstin Ibald  Sybille Lambrich  Opernchor TheaterMD Rebecca HPO 204  c  Andreas Lander

Magdeburg-News: „Rebecca“ - Domplatz Open Air in Vollendung, bildgewaltig und beeindruckend

Donnerstag, 7. Juli 2022

Magdeburg. „Ich hab geträumt von Manderley“, dieses Lied, gesungen von der Hauptdarstellerin Sybille Lambrich in der Rolle von „Ich“, stimmt die Zuschauer im Musical „Rebecca“ von Sylvester Levay (Musik) und Michael Kunze (Text) nach dem gleichnamigen Roman von Daphne du Maurier auf eine bildgewaltige und beeindruckende Aufführung ein. 

Vor der Kulisse des Magdeburger Doms entführen im schwindenden Abendlicht mehr als 70 Schauspieler des Theater Magdeburg die Zuschauer in zwei Akten unter Einbeziehung aller Elemente in die Welt der Schönen und Reichen, auch der Welt der äußeren Fassaden und Intrigen, in der echte Gefühle keinen Platz haben. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Liebe ihr Band um die beiden Hauptdarsteller schlingt. Eine Liebe, die befreit - den Engländer von seiner Vergangenheit und der Fassade eines nach außen gelebten Lebens und die junge Gesellschafterin von ihrem Schattenkind und ihren Glaubenssätzen, nichts wert zu sein. Neben Sybille Lambrich spielt Patrick Stanke als Maxim de Winter an ihrer Seite die Hauptrolle im Musical. Der internationale Bühnenbildner Dirk Hofacker entwickelte für „Rebecca“ ein wandlungsfähiges Bühnenbild, das effektvoll mit den Elementen Wasser und Feuer spielt. Mehr als 200 Kostüme entwarf Kostümbildner Kristopher Kempf und nimmt das Publikum mit auf eine Reise in die glamourösen 1920er Jahre.
 
Der reiche Engländer Maxim de Winter lernt in Monte Carlo die junge Gesellschafterin „Ich“ kennen, die in den Diensten der Amerikanerin Mrs. Van Hopper ihr Leben als unterwürfige graue Maus mehr als höriges Kind denn als Frau fristet. Ein magisches Band zieht die junge Frau und den Engländer zueinander, sie verlieben sich und was niemand für möglich gehalten, da sie nicht in seiner Liga spiele, wird Wirklichkeit: der Gentleman hält um ihre Hand an und sie begleitet ihn als seine Ehefrau auf sein Anwesen Manderley. 

Das scheinbar anfängliche Glück und der Segen entpuppen sich alsbald als Fluch der Vergangenheit, denn alles, was auf Manderley existiert, atmet und verströmt den Namen Rebecca, die frühere und vor einem Jahr ertrunkene Frau von Mr. de Winter. Die neue Ehefrau versteht tief in ihrem Inneren, dass der Geist von Rebecca über allem schwebt und auch den Geist ihres Gatten gefangen hält. Rebecca ist allgegenwärtig und wie ein böser Bann scheint sie auch ihren Ehemann selbst aus dem Reich der Toten gefangen und von ihr und ihrer Liebe fern zu halten. Denn nicht nur im Kopf ihres Gatten ist Rebecca präsent, sondern sie beherrscht als allgegenwärtiger Geist auch alle Bediensteten des herrschaftlichen Anwesens, vor allem die Haushälterin Mrs. Danvers, die alles dafür tut, um die neue Frau an der Seite ihres Herren zu vergraulen und sogar in den Tod zu treiben. Mit einer Intrige im Rahmen des traditionellen Kostümballs gelingt es ihr, den Zorn von Mr. De Winter auf seine junge Frau zu entfachen. In einer verzweifelten Nacht am Bootshaus lernt die junge Ehefrau den einfältigen Ben kennen, der ihr in seiner begrenzten, aber berührend ehrlichen Art vermittelt, wer Rebecca tatsächlich war - kalt, herzlos und berechnend. Eine Ahnung, wie es tatsächlich um ihren Mann steht, dringt an das Bewusstsein der jungen Frau, die sich Szene um Szene weg vom beeinflussten Kind hin zu einer selbstbewussten jungen Frau entwickelt, welche an sich selbst und die Kraft ihrer Liebe zu ihrem Mann glaubt. Dieser gesteht ihr schließlich, dass er bereits Monate zuvor eine andere Leiche als seine verstorbene Frau identifiziert hatte. Die Einsicht, Rebecca nie wirklich geliebt zu haben, verbunden mit der nie zugelassenen Wut über ihre Kaltherzigkeit und ihre permanenten Betrügereien und Ehebruch brechen aus ihm heraus und ihm wird klar, dass ihn die Liebe mit seiner neuen Frau das erste Mal wirklich berührt hat. 

Nun kann er sich selbst und auch ihr gestehen, dass er die Wahrheit über Rebeccas Tod verheimlicht hat. Bei einem Streit hatte er sie fortgestoßen und sie dabei versehentlich getötet. Seine jetzige Frau steht ihm während des Prozesses, der noch einmal die Geschehnisse der Vergangenheit und des Todes der ehemaligen Mrs. de Winter aufrollt, zur Seite und gewinnt an Stärke. Sie entwickelt sich zu einer selbständigen Frau, die alles versucht, um ihren Mann vor dem nun bevorstehenden Mordprozess zu bewahren, auch wenn die Beziehung zwischen den beiden auf die Probe gestellt wird, denn Mrs. Danvers versucht weiterhin mit Geschichten Rebeccas Geist über Manderley herrschen zu lassen. Es stellt sich jedoch heraus, dass Rebecca todkrank war und den Streit mit ihrem Ehemann provozierte, um sich vor einem elenden, langsamen Tod zu bewahren.
 
Regisseur Erik Petersen inszenierte mit „Rebecca“ ein großes und bildgewaltiges Stück auf dem Magdeburger Domplatz. Nicht zuletzt die große Anzahl der Mitwirkenden tragen neben der beeindruckenden Kulisse und den Effekten zu einer Stimmung bei, die lange anhält. Perfekte tänzerische Darbietungen vom Ballett tragen zum Gesamteindruck des Stückes ebenso bei wie der volle Körpereinsatz und auch die Publikumsnähe der Mitwirkenden, die sich mit jeder Szene mehr in die Herzen der Zuschauer spielen. Bewegte Gesichter, absolute Stille bei den Zuschauern und am Schluss tosender Applaus für die sich immer wieder verbeugenden Darsteller zeugen von der berührenden und vereinnahmenden Atmosphäre auf den Rängen.
 
Noch bis zum 10. Juli zeigt das Theater Magdeburg dieses herausragende Stück an Schauspielkunst. Ein Besuch auf dem Domplatz ist unbedingt zu empfehlen, die Essenz von „Rebecca“ wirkt lange nach.
 
Das letzte Wort hat niemals der Tod, das letzte Wort hat die Liebe. 
 
Rezension: Steffi Pretz
Foto: Andreas Lander