Krisenhilfen
bei Suizidgedanken - Telefonische und digitale Angebote gewinnen an Bedeutung
Leipzig,
April 2020 An Depression erkrankte Menschen sollten sich auch während der
CoronaPandemie nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Depression ist eine ernste, oft lebensbedrohliche Erkrankung. „Es darf nicht
passieren, dass Menschen mit Depression meinen, dass ihre Erkrankung im Moment
nicht so wichtig sei.
Dieses
Risiko ist gerade bei Patienten mit Depressionen hoch, da diese
krankheitsbedingt die Depression als persönliches Versagen erleben und nicht
als eigenständige Gehirn-Erkrankung verstehen, die konsequent behandelt werden
muss – insbesondere wenn sich Suizidgedanken einstellen“, warnt Prof. Ulrich
Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Inhaber der
Senckenberg-Professur an der Goethe Universität Frankfurt/Main.
Fach-
und Hausärzte sind auch jetzt Ansprechpartner
Der erste Ansprechpartner für die Diagnose und Behandlung einer Depression kann im ambulanten Bereich der Psychiater/Nervenarzt, Psychologische Psychotherapeut oder der Hausarzt sein. Sie sind selbstverständlich auch in der Corona-Krise weiterhin Ansprechpartner. „Auch jetzt haben Menschen mit depressiven Erkrankungen einen uneingeschränkten Anspruch auf eine regelgerechte, konsequente Behandlung mit Antidepressiva und/oder Psychotherapie“, betont Hegerl. Zudem ist es nun durch schnell in der Pandemie eingeführte Neuregelungen für Ärzte und Psychotherapeuten möglich, Videosprechstunden oder telefonische Behandlungen durchzuführen und bei den Krankenkassen abzurechnen.
Zurückfahren
der Behandlung kann zu mehr Suiziden führen
Für
Menschen mit Depressionen und anderen schwereren psychischen Erkrankungen sind
die psychiatrischen Kliniken weiterhin geöffnet. „Betroffene berichten
uns aber zunehmend, dass Behandlungsangebote in psychiatrischen Kliniken
wegen Covid 19 reduziert werden oder dass sie aus Angst vor einer
Ansteckung zögern, ambulante Versorgungsangebote wahrzunehmen. Werden Menschen
mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen nicht konsequent undleitlinienkonform
behandelt, entsteht unnötiges Leid, und die Suizidzahlen werden steigen“, befürchtet
Hegerl. Dieses Risiko wird weiter erhöht, da durch die aktuellen
Kontaktbeschränkungen Angehörige und Freunde eine geringere Chance
haben, eine Suizidgefährdung zu erkennen und Hilfe zu organisieren.
Hegerl
betont deshalb: „Die Gesundheitspolitik steht vor einer verantwortungsvollen
Aufgabe: Sie muss Maßnahmen festlegen, um Leid und Tod zu reduzieren, die
durch eine mögliche Überforderung der intensivmedizinischen
Versorgungskapazitäten entstehen würden. Gleichzeitig muss sie eine
Balance zu dem Leid und Tod herstellen, die mögliche Folge dieser
CoronaMaßnahmen sind. Mehr Suizide durch die Abnahme der Versorgungsqualität
für Menschen mit psychischen Erkrankungen sind bei diesen Abwägungen zu
berücksichtigen.“
Digitale
und telefonische Angebote
Während der Corona-Pandemie gewinnen digitale und telefonische Beratungsangebote als Unterstützung für psychisch erkrankte Menschen an Bedeutung. Deshalb hat die Stiftung Deutsche Depressionshilfe sich entschlossen, ihr internetbasiertes, kostenfreies Selbstmanagement-Programm iFightDepression bis auf Weiteres auch ohne professionelle Begleitung zur Verfügung zu stellen.
Normalerweise setzt iFightDepression eine Begleitung durch einen Arzt oder Psychologischen Psychotherapeuten voraus. iFightDepression unterstützt Betroffene u.a. bei der Tagesstrukturierung, der Schlafregulation und dem Vermeiden von negativen Gedankenkreisen. Auch eine englischsprachige Version steht nun zur Verfügung. Mehr unter:
www.deutschedepressionshilfe.de/ifightdepression.
Was Betroffenen derzeit hilft und was in der Krise ratsam sein kann, zeigt außerdem ein neues Kapitel auf der interaktiven Webseite:
www.die-mitte-der-nacht.de/thema/krise
Darüber
hinaus gibt es weitere telefonische und digitale Angebote:
•
Online-Selbsthilfegruppe: fachlich moderiertes Online-Forum zum
Erfahrungsaustausch
www.diskussionsforum-depression.de
•
deutschlandweites Info-Telefon Depression 0800 33 44 5 33 (kostenfrei)
•
Corona-Hotline des Bund deutscher Psychologen 0800/777 22 44 (kostenfrei)
•
Telefonseelsorge 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 (kostenfrei)
•
Viele Kliniken haben telefonische Hotlines eingerichtet
•
E-Mail-Beratung für junge Menschen:
www.u25-deutschland.de oder: