Neue US-Studie –
Herzstiftungs-Experte vor Ostern: Nicht Ei alleine, sondern gesamtes
Ernährungskonzept entscheidend
(Frankfurt a. M., April 2019)
Erhöhen Eier den Cholesterinspiegel und schaden so dem Herzen? Ab wie vielen
Eiern pro Woche wird es bedenklich? Immer wieder erreichen die Deutsche
Herzstiftung Fragen wie diese.
„Erhöhte Cholesterinspiegel im
Blut sind ein wichtiger Risikofaktor für koronare Herzkrankheit (KHK),
Herzinfarkt und Schlaganfall. Das belegen Studien seit Jahrzehnten“,
untermauert der Herzspezialist Prof. Dr. med. Helmut Gohlke vom Vorstand der
Deutschen Herzstiftung. Zusätzlich konnte in vielen Studien gezeigt werden,
dass sich eine medikamentöse Senkung erhöhter Cholesterinwerte insbesondere
durch Statine oder seit kurzem auch durch PCSK9-Inhibitoren günstig auf den
Krankheitsverlauf auswirkt. (Infos: www.herzstiftung.de/cholesterin-ratgeber.html)
„Aber weit weniger klar war,
welche Bedeutung die Cholesterinzufuhr über die Nahrung für den
Cholesterinspiegel im Blut und für das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
hat“, betont Gohlke. Die Aufnahme cholesterinhaltiger Lebensmittel auf etwa 300
mg Cholesterin pro Tag zu begrenzen, war für Jahrzehnte die Empfehlung der
Amerikanischen Herzgesellschaft (AHA). Bis die AHA und das Beratungskomitee für
die US-amerikanischen Ernährungs-Leitlinien in Übereinstimmung mit dem American
College of Cardiology (ACC) im Jahr 2015 von dieser Position wegen der
unzureichenden Studienlage abrückten. Nach deren Ansicht fehlte der Nachweis
dafür, dass die Cholesterinzufuhr mit der Ernährung oder speziell mit Eiern
einen wesentlichen Einfluss auf die kardiovaskuläre Ereignisrate habe.
US-Studie: Auch Eier können
Herz-Kreislauf-Risiko erhöhen
Eine neue Übersichtsarbeit
(Meta-Analyse) (1) zu sechs Studien mit über 29.600 Teilnehmern, die sorgfältig
zu ihrem Ernährungsverhalten befragt und im Schnitt für 17,7 Jahre
nachbeobachtet wurden, kommt zu dem Schluss, dass eine unbeschränkte
Cholesterinzufuhr mit der Ernährung doch nicht unbedenklich ist: „Denn bei
erwachsenen US-Amerikanern war eine höhere Cholesterinzufuhr deutlich mit einem
höheren Erkrankungs- und Sterblichkeitsrisiko durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen
verbunden“, so Gohlke. „Also je höher der Cholesterinverzehr in Lebensmitteln
oder der Eierkonsum war, umso höher war auch das kardiovaskuläre Risiko.“ (*).
Dabei spielte es keine Rolle, ob das Cholesterin vorwiegend über den Verzehr
von Eiern oder über sonstige Komponenten der Nahrung aufgenommen wurde. Ein Ei
enthält etwa 250-280 mg Cholesterin. Allerdings weisen die Autoren der Studie
darauf hin, dass sich ihre Auswertungen nicht ohne Weiteres auf Menschen
außerhalb der USA übertragen ließen. Gohlke folgt diesem Standpunkt u. a. mit
Blick auf Studien in Europa. „Vermutlich spielt die gängige und beliebte
Zubereitung der Eier in den USA, beispielsweise mit Speck, eine größere Rolle
als das Ei selbst.“
Erkenntnisse aus US-Studien nicht
unbedingt auf Europa übertragbar
Die Europäischen
Präventions-Leitlinien geben bezüglich des Cholesterin-Konsums keine
Empfehlungen mehr ab, auch weil gesättigte Fette eine stärker cholesterinerhöhende
Wirkung haben als das mit der Nahrung zugeführte Cholesterin selbst. Eine
spanische Beobachtungsstudie (2) an einem Kollektiv von über 14.100 gesunden
Universitätsabsolventen konnte auch in der Gruppe der Personen, die mehr als
vier Eier pro Woche verzehrten, kein erhöhtes KHK-Risiko feststellen. „Der
Blick beim Essen sollte daher nicht nur auf die einzelne Nahrungskomponente Ei
fallen. Vielmehr kommt es auf das Gesamternährungskonzept an“, gibt Prof.
Gohlke zu bedenken. „Dennoch kann man die neuerlichen Bedenken der
US-amerikanischen Kollegen nicht völlig außer Acht lassen.“
In einer schwedischen Studie (3)
waren bis zu sechs Eier pro Woche nicht mit einem erhöhten Risiko für
Herzinfarkt und Schlaganfall verbunden, bei höherem Konsum nahm das Risiko
jedoch zu. Das würde einer täglichen Cholesterinzufuhr nur durch Ei-Konsum von
240 mg pro Tag entsprechen und damit die Bedenken der neueren US-amerikanischen
Studien gegen einen „ungebremsten“ Cholesterinkonsum unterstützen. In diesen
Studien geht es allerdings um einen dauerhaft hohen Cholesterin- bzw.
Eierkonsum und nicht um den über einen kurzen Zeitraum zu Ostern erhöhten
Cholesterin- bzw- Eierkonsum. „Deshalb sollte man sich die Freude am
Osterfrühstück auch nicht durch ein schlechtes Gewissen verderben lassen.“
Wichtig: Ungesunde gesättigte
Fette in Wurst, Speck & Co. vermeiden!
Die Auswirkung der
Cholesterinzufuhr durch die Nahrung auf den Cholesterinspiegel im Blutserum ist
außerdem stark von der übrigen Ernährung abhängig. Ein hoher Anteil an mehrfach
ungesättigten Fetten in der Ernährung reduziert die Cholesterinaufnahme. „Je
höher jedoch der Anteil der gesättigten Fette in der Nahrung ist, umso stärker
fällt die Cholesterinerhöhung aus. Außerdem verstärken die gesättigten Fette
die Gerinnungsaktivität im Blut. Dadurch begünstigen sie die KHK, Herzinfarkt
und Schlaganfall“, erläutert Gohlke. Gesättigte Fette verstecken sich in
erheblichen Mengen z. B. in Fleisch, Speck, Wurst, Schinken und
Schweineschmalz. Gesättigte Fette finden sich zwar auch in Milchprodukten, z.
B. Käse, aber die gesättigten Fette aus der Milch von Kühen, Schafen und Ziegen
werden als eher günstig beurteilt. Die Erkenntnisse der US-Studie im JAMA (1)
unterstreichen die Bedeutung der von den kardiologischen Gesellschaften und der
Herzstiftung empfohlenen Mittelmeerküche (www.herzstiftung.de/kochbuch.php)
für die Verbesserung der Prognose von Patienten mit KHK. Wer sich daher
herzgesund ernähren möchte, legt am besten die Betonung seiner Ernährung auf
Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Geflügel, Fisch, Hülsenfrüchte, Raps- und
Olivenöl (kein Kokosnuss- oder Palmöl) und Nüsse. Beobachtungsstudien zeigen:
Bei 200 g Obst und Gemüse pro Tag sinkt das Risiko für die Arteriosklerose. 30? g
Ballaststoffe aus Vollkornprodukten, Obst und Gemüse sind wünschenswert. Auch
Fisch (ca. 2-mal pro Woche) wirkt sich günstig aus. Industrielle Transfette
sind möglichst ganz zu vermeiden. Rezepte der Mittelmeerküche: www.herzstiftung.de/Rezept-Tipps-Mittelmeerkueche
(*)
Pro 300 mg Cholesterinzufuhr in Lebensmitteln pro Tag nahm das Risiko für
Herz-Kreislauf-Erkrankungen um relative 17% (absolut: 3,24 %), das Sterberisiko
um relative 18% (absolut 4,43%) zu.
(1) Zhong Victor W et al., Associations of Dietary Cholesterol or Egg
Consumption With Incident Cardiovascular Disease and Mortality. JAMA. 2019;321(11):1081-1095
(2) Zazpe I et al., Egg consumption and risk of cardiovascular disease in the
SUN Project. Eur J Clin Nutr. 2011 Jun;65(6):676-82. doi: 10.1038/ejcn.2011.30.
Epub 2011 Mar 23.
(3) Larsson SC et al., A Egg consumption and risk of heart failure,
myocardial infarction, and stroke: results from 2 prospective cohorts The
American Journal of Clinical Nutrition, 102:1007 November 2015
Cholesterin-Ratgeber:
Worauf bei ungünstigen Cholesterinwerten zu achten ist, mit welchen
Cholesterinsenkern zu hohe Werte behandelt werden und wie wichtig eine gezielte
Ernährung ist, darüber informiert der kostenfreie Ratgeber „Hohes Cholesterin:
Was tun?“ (32 S.), erhältlich unter www.herzstiftung.de/cholesterin-ratgeber.html
oder per Tel. 069 955128-400.
Rezepte
der Mittelmeerküche bieten das Herzstiftungs-Kochbuch „Mittelmeerküche – Genuss
& Chance für Ihr Herz“ von Gerald Wüchner unter www.herzstiftung.de/kochbuch.php
sowie der kostenfreie Herzstiftungs-Newsletter unter www.herzstiftung.de
Text - Quelle: Deutsche
Herzstiftung - www.herzstiftung.de