Berlin (dts Nachrichtenagentur/MDN) -
Angesichts der hohen Inflation drängt Bund der Steuerzahler die
"Ampel", zur Vermeidung der kalten Progression den
Einkommensteuertarif anzupassen. "Der Einkommensteuertarif 2022 beruht auf
Inflationsprognosen aus dem Jahr 2020, die längst völlig überholt sind", sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel dem
"Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Montagausgaben).
So basiere der aktuelle Tarif auf einer
Inflationsrate von 1,17 Prozent, tatsächlich betrage sie aber nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamtes 3,1 Prozent.
"Wir fordern dringend eine
Tarifkorrektur rückwirkend zum 1. Januar, damit die kalte Progression in diesem
Jahr komplett abgebaut wird", hob er hervor. Mit einer solchen Reform würde die neue Bundesregierung ein starkes Signal der Fairness und
Verlässlichkeit an die Steuerzahler senden, fügte
Holznagel hinzu. Nach Berechnungen des Verbands müsste
der Grundfreibetrag im Einkommensteuertarif von aktuell 9.984 auf 10.046 Euro
steigen.
Auch die anderen Eckwerte des Tarifs müssten weiter nach rechts verschoben werden. Der
Spitzensteuersatz von 42 Prozent würde dann ab 59.714 statt ab 58.597 Euro
greifen. Die Korrektur verursacht den Berechnungen zufolge bei Bund, Ländern
und Kommunen Mindereinnahmen von insgesamt 2,6 Milliarden Euro.
Von der vorgeschlagenen Entlastung würden kleine und mittlere Einkommen überproportional
profitieren. Ein Single ohne Kinder würde nach Angaben des Steuerzahlerbundes bei
einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 25.000 Euro gegenüber dem geltenden Tarif jährlich um 41 Euro oder 1,2 Prozent
entlastet. Bei 50.000 Euro wären es 113 Euro oder 1,0 Prozent, bei 75.000 Euro
152 Euro oder 0,7 Prozent.
Die kalte Progression - auch als heimliche
Steuererhöhung bezeichnet - entsteht, wenn der Steuertarif nicht an die
Preissteigerung angepasst wird. Das ist notwendig, weil der Steuertarif mit dem
Einkommen überproportional stark ansteigt. Wird die Anpassung unterlassen,
zahlt ein Arbeitnehmer im ungünstigsten Fall mehr Steuern, ohne sich
tatsächlich mehr leisten zu können.
Denn obwohl eine Gehaltserhöhung komplett
durch die Inflation aufgefressen wird, steigt seine Steuerbelastung.
Text / Foto: dts