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TV-Tipp-News: Was vom Tage übrig blieb • 3sat • ab 20.15 Uhr • Drama

15. April 2022

England in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Stevens, der langjährige Butler in Darlington Hall, erbittet sich von seinem neuen Herrn, einem reichen Amerikaner, ein paar Tage Urlaub, um Miss Kenton wiederzusehen - jene Frau, die er 1936 für Lord Darlington als Haushälterin eingestellt hatte und die das Anwesen vor 20 Jahren verließ, um zu heiraten.

Im Lauf der Autofahrt werden in Stevens Erinnerungen an Lord Darlington und die Jahre unmittelbar vor dem Krieg wach, aber auch an die junge Miss Kenton. Das Darlington Hall des untergegangenen, viktorianisch geprägten Englands ersteht vor seinem inneren Auge in all seiner einstigen Pracht. Doch hinter der Fassade - den glänzenden Abend- und Jagdgesellschaften - zeigt sich in der Gestalt Lord Darlingtons das düstere Gesicht jenes britischen Adels, der den blaublütigen Unterhändlern Nazideutschlands Tor und Tür öffnete. Zugleich wurden die eigenen Landsleute, denen - ganz wie dem Butler Stevens - jede Gefühlsregung untersagt war, zu blindem, knechtischem Gehorsam erzogen. So hatte Stevens beim Tod seines Vaters keine Träne verloren und sich Miss Kenton gegenüber jede Gefühlsregung als Zeichen von Schwäche verboten.

Doch auch jetzt, nachdem Lord Darlington als Verräter und Kollaborateur verurteilt wurde und sich selbst gerichtet hat, vermag es Stevens nicht, seinen ehemaligen Dienstherrn zu kritisieren. Als Stevens und Miss Kenton schließlich aufeinandertreffen, flackert erneut eine zarte Zuneigung zwischen ihnen auf.

Nach "Wiedersehen in Howards End" (1992) arbeitete Regisseur James Ivory in "Was vom Tage übrigblieb" erneut mit Emma Thompson und Anthony Hopkins zusammen. Hopkins' präzise Darstellung einer Figur, die alles - auch sich selbst - der Kontrolle unterwirft und sich von einem undurchdringlichen Panzer des Nichtfühlens, Nichtdenkens, Nichtsehenwollens umgibt, lässt den Zuschauer mitfühlen.

"Was vom Tage übrigblieb" entstand nach dem gleichnamigen Romans des japanischen Schriftstellers Kazuo Ishiguro ("Alles, was wir geben mussten"), der 2017 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. Der Film erhielt insgesamt acht Oscarnominierungen, unter anderem für den besten Film und die beste männliche und weibliche Hauptrolle.


Text / Foto: ARD