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Polizei Ruecken Aufscrift   dts

Sachsen-Anhalt-News: Politisch motivierte Kriminalität 2021 – deutlicher Anstieg im Superwahljahr

Mittwoch, 13. April 2022
 
Magdeburg. Die Landespolizei Sachsen-Anhalt hat im vergangenen Jahr deutlich mehr politisch motivierte Straftaten registriert. Grund für den Anstieg ist das Superwahljahr mit Landtags-, Bundestags- und einzelnen Kommunalwahlen und den damit verbundenen Beschädigungen und Schmierereien an Wahlplakaten. Ansonsten wäre die Anzahl der politisch motivierten Straftaten konstant geblieben. Das geht aus der Bilanz der politisch motivierten Kriminalität hervor, die Innenministerin Dr. Tamara Zieschang am Dienstag in Magdeburg vorgestellt hat.
 
Insgesamt wurden im Jahr 2021 in Sachsen-Anhalt 3.133 politisch motivierte Straftaten registriert. Das waren 33,1 Prozent beziehungsweise 780 Straftaten mehr als im Vorjahr. Damit wurde der höchste Stand seit Beginn der Auswertung politisch motivierter Kriminalität im Jahr 2001 erreicht.
 
Bei 812 Taten bestand ein Zusammenhang mit den Wahlen, überwiegend (746 Fälle beziehungsweise 92 Prozent) wurden dabei Wahlplakate beschädigt, beschmiert oder entwendet.
 
Rechtsmotivierte Straftaten bilden weiterhin den Schwerpunkt bei der politisch motivierten Kriminalität. Allerdings ist ein Anstieg bei den linksmotivierten Straftaten und jenen, die keiner Kategorie zuzuordnen sind, zu verzeichnen. So hat sich die Zahl der Straftaten, die sich keinem konkreten Phänomenbereich zuordnen lassen, binnen eines Jahres von 216 auf 976 mehr als vervierfacht – ein Großteil der Taten hat einen Bezug zu den Wahlen.
 
Auch die Aufklärungsquote wird von den Straftaten mit Bezug zur Wahl beeinflusst: Beschädigungen und Schmierereien an Wahlplakaten sind schwer aufzuklären. Die Aufklärungsquote lag im vergangenen Jahr bei 38,6 Prozent. Ohne die Straftaten mit Bezug zu den Wahlen läge sie bei 47,6 Prozent und damit leicht über dem Wert des Vorjahres (2020: 46 Prozent).
 
Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: „Auch wenn der deutliche Anstieg der Taten vor allem in Straftaten mit Bezug zu den Wahlen begründet liegt, dürfen wir bei der Bekämpfung von politisch motivierter Gewalt, Hetze und Hasstaten nicht nachlassen. Unsere Sicherheitsbehörden schauen sehr genau hin und verfolgen Straftaten konsequent.“
 
Antisemitische Straftaten
 
In Sachsen-Anhalt sind im vergangenen Jahr 111 antisemitische Straftaten erfasst worden und damit knapp 28 Prozent beziehungsweise 24 Fälle mehr als noch 2020. Dabei handelte es sich überwiegend um Volksverhetzungen (59 Fälle), Propagandadelikte (15 Fälle) und Sachbeschädigungen (14 Fälle). Es wurden auch vier Gewaltdelikte registriert, darunter ein versuchter Raub einer Kippa im Mai 2021 in Magdeburg sowie zwei Körperverletzungen in Magdeburg und eine in Stendal.
 
„Die Bekämpfung von Antisemitismus und judenfeindlichen Hassstraftaten steht im Fokus der Arbeit der Landespolizei“, sagt Innenministerin Zieschang. „Deswegen sind wir im engen Dialog mit den jüdischen Gemeinden und haben unsere Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, die ihrerseits Opfer antisemitischer Angriffe und Diskriminierung beraten, weiter intensiviert.“
 
So arbeitet seit vorigem Jahr unter anderem eine Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) in Sachsen-Anhalt, mit der die Sicherheitsbehörden ebenso kooperieren wie mit dem Ansprechpartner für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt und gegen Antisemitismus.
 
Der enge Dialog soll das gegenseitige Verständnis und Vertrauen stärken. Ziel der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteuren ist es, dass antisemitische Vorfälle auch tatsächlich angezeigt werden, um diese ahnden zu können. Die gestiegenen Fallzahlen weisen auch darauf hin, dass es gelungen ist, das Dunkelfeld weiter zu erhellen. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um antisemitische Straftaten effektiv zu bekämpfen.
 
Straftaten mit Corona-Bezug
 
Die Landespolizei hat voriges Jahr deutlich mehr politisch motivierte Taten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie festgestellt. Insgesamt wurden 212 Fälle registriert und damit 99 mehr als im Vorjahr. Das entspricht einem Plus von 87,6 Prozent.
 
Hintergrund war meist die Ablehnung oder Kritik an den staatlichen Corona-Eindämmungsmaßnahmen. Am häufigsten kam es in diesem Zusammenhang zu Sachbeschädigungen (40 Fälle) und Beleidigungen (33 Fälle). Dabei fällt auf, dass die Zahl der Straftaten parallel zu den Wellen der Pandemie und den damit verbundenen Eindämmungsmaßnahmen über die Monate hinweg ab- beziehungsweise zunahm.
 
Auch bei den Straftaten mit Corona-Bezug gibt es mit 121 Fällen einen hohen Anteil, der nicht den klassischen Phänomenbereichen zuzuordnen ist. Es wurden 65 rechtsmotivierte Taten erfasst sowie 25 linksmotivierte.
 
Fast die Hälfte aller politisch motivierten Straftaten mit Corona-Bezug, konkret 101, wurde auf Versammlungen erfasst. Dabei handelte es sich in 33 Fällen um Beleidigungen, fünf Mal um Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte sowie um 25 Volksverhetzungen, 20 Propagandadelikte und 17 Körperverletzungen. Im Jahr 2020 waren 113 Straftaten mit Corona-Bezug erfasst worden – davon 68 bei Versammlungen.
 
„Bei den Versammlungen gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen ist die Landespolizei von Anfang an gezielt gegen Straftäter, gegen Gewaltbereite und gegen Rechtsextremisten vorgegangen. Die hohe Zahl an Anzeigen zu Propaganda- und Volksverhetzungsdelikte zeigt, dass wir den Straftaten konsequent nachgegangen sind“, so die Innenministerin.
 
Politisch motivierte Kriminalität bei Versammlungen
 
Vergangenes Jahr wurden insgesamt 323 politisch motivierte Straftaten bei Versammlungen und Demonstrationen erfasst. Das waren 145 Fälle mehr als im Vorjahr. Einen Schwerpunkt bildeten auch die Proteste gegen den Bau der Bundesautobahn A 14 im Losser Forst in der Altmark. In diesem Zusammenhang nahm die Polizei 45 Taten auf, größtenteils Verstöße gegen das Versammlungsgesetz.
 
Entwicklung der einzelnen Deliktsbereiche:
 
Die Hälfte aller politisch motivierten Straftaten wurde im vergangenen Jahr dem Bereich rechts zugeordnet. Insgesamt wurden 1.560 Straftaten erfasst. Das waren zwar 82 Straftaten weniger als im Vorjahr. Rechte Straftaten bilden allerdings weiterhin den Schwerpunkt politisch motivierter Kriminalität. Den größten Anteil machen Propagandastraftaten aus, etwa die Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Ihre Zahl ging binnen eines Jahres um 105 auf 1.000 Fälle zurück. Gestiegen ist hingegen die Zahl der Volksverhetzungen – und zwar um fünf auf 163 Taten.
 
Im Phänomenbereich der politisch motivierten Kriminalität links war im Jahr 2021 ein Anstieg um 30,3 Prozent beziehungsweise 123 Straftaten auf 529 Fälle zu verzeichnen. Auffällig ist dabei, dass linke Straftäterinnen und Straftäter die Auseinandersetzung mit dem erklärten politischen Gegner suchen. Zwei Drittel aller Taten in diesem Phänomenbereich betrafen die direkte Konfrontation mit tatsächlich oder als rechtsgerichtet wahrgenommenen Menschen. Auch die Zahl der Sachbeschädigungen stieg – um 41 auf 305 Fälle.
 
Politisch motivierte Gewaltkriminalität
 
Im vergangenen Jahr wurden 176 politisch motivierte Gewaltdelikte registriert. Das waren 47 Fälle, beziehungsweise 36,4 Prozent, mehr als noch 2020. Fast 70 Prozent der Straftaten im Bereich Gewaltkriminalität konnten aufgeklärt werden.
 
Die Zahl der Gewaltdelikte im Bereich rechts blieb auf hohem Niveau in etwa konstant (2021: 84, 2020: 85). Ein Großteil der erfassten Taten waren Körperverletzungen. Einen deutlichen Anstieg gab es hingegen im Bereich linksmotivierter Gewalttaten: Es wurden 56 Gewaltdelikte erfasst, das sind 18 Taten mehr als im Vorjahr. So verdoppelte sich die Zahl der Körperverletzungen von 16 auf 32 Fälle; die Zahl der Widerstandsdelikte stieg von drei auf 14.
 
Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: „Den Anstieg der Gewalttaten aus politischer Motivation betrachte ich mit Sorge. Gewalt kann und darf niemals ein legitimes Mittel der Auseinandersetzung sein. Umso wichtiger ist es, dass die Landespolizei dagegen weiterhin konsequent vorgeht. Die hohe Aufklärungsquote in diesem Bereich ist ein Beleg dafür.“

Text: Staatskanzlei und Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt
Foto: pixabay