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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Do.., 22. April 2021

  1. Reaktionen im Ministerium
    3. Untersuchungsausschuss/Ausschuss
  2. Nationale Stelle: Kritik an Zwangsmaßnahmen in Psychiatrien
    Menschenrechte/Ausschuss
  3. Kriterien für soziales Unternehmertum gefordert
    Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Ausschuss
  4. Experten für Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds
    Recht und Verbraucherschutz/Anhörung
  5. Ausweitung des EUTM-Mali-Einsatzes
    Auswärtiges/Antrag
  6. Bundeswehr soll MINUSMA-Einsatz in Mali fortsetzen
    Auswärtiges/Antrag
  7. FDP fordert Modellregionen für Verfahrenslotsen
    Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag


01. Reaktionen im Ministerium

3. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/LL) Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen (BMF) und dort zuständig für die Aufgabenbereiche Finanzmarktpolitik und Europapolitik, war zweiter Zeuge in der öffentlichen Sitzung des 3. Untersuchungsausschusses ("Wirecard") am Mittwoch. Er erläuterte vor allem den Umgang seines Ministeriums mit dem aufkommenden Wirecard-Skandal im Sommer 2020.

Innerhalb kürzester Zeit habe er sich intensiv über den Zustand von Wirecard informiert, Stimmen aus der Wirtschaft gehört, Gespräche mit dem Wirecard kreditgebenden Bankenkonsortium geführt. Dabei konnten sich die Banken auf eine Verlängerung des Konsortialkredits, ein "Stillhalteabkommen", einigen. Zunächst sei es einfach darum gegangen, Zeit zu gewinnen, um eine ungeordnete Insolvenz zu vermeiden, sich einen Überblick zu verschaffen und die Märkte zu beruhigen, erläuterte Kukies.

Die Privatwirtschaft habe sich in diesen unruhigen Juni-Tagen 2020 intensiv mit Wirecard beschäftigt. Man habe sich gefragt, was für erhaltenswerte Bestandteile Wirecard umfasse. Wie die aktuellen Verkäufe des Insolvenzverwalters zeigten, sei da schon etwas Verwertbares vorhanden gewesen. Als abschreckend auf potenzielle Käufer aber hätten sich schon damals die erheblichen Rechtsrisiken und die nur schwer überschaubare komplexe Konzernstruktur erwiesen.

Er sei im BMF mit der Krisenreaktion befasst gewesen, habe den Fall Wirecard kurz und intensiv geprüft, dann aber "alle Möglichkeiten eines Eingriffs schnell verworfen" und die "Insolvenz nicht mehr aufgehalten." Er habe auch nicht etwa Banken wie die staatliche KfW IPEX gedrängt, Kredite zu verlängern.

Kukies schilderte den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses sein Handeln als Staatssekretär im BMF, seine Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem Bundesminister Olaf Scholz (SPD) und den involvierten Behörden.

Der Zeuge rief in Erinnerung, dass der Vorschlag, zu einem einstufigen Bilanzprüfverfahren und zu einer Stärkung der Bundesbehörde BaFin zu kommen, vom BMF ausgegangen sei. Er verteidigte allerdings die Entscheidung der BaFin, sich auch im Fall von Wirecard an das bis heute geltende zweistufige Verfahren gehalten zu haben, als die Behörde die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) um eine Verlangensprüfung ersuchte. Der Gesetzgeber habe 2004 festgelegt, dass auch in Fällen von Finanzmanipulation das zweistufige Bilanzprüfungsverfahren gelten solle.

Die Abgeordneten bewegte die Frage, ob die BaFin nicht das Recht gehabt habe, jederzeit das Verfahren an sich zu ziehen. Es sei doch nicht Ziel des Gesetzgebers gewesen, dass die BaFin untätig herumsitzen müsse, solange die DPR prüft, sagte Kai Gottschalk (AfD).

Man habe damals keine Anhaltspunkte gehabt, dass die DPR zu langsam prüft. "Wir hatten keine Zweifel, dass das läuft", erinnerte sich Kukies. Man habe ja zudem die Verlangensprüfung, die sich zunächst nur auf die Vorfälle bei einer Wirecard-Tochter in Singapur bezog, dann massiv ausgeweitet. Im Nachhinein wisse man allerdings mehr darüber, was alles schiefgelaufen sei. "Die DPR war äußerst langsam."

Auch BaFin-Präsident Hufeld sei das zu langsam gegangen und BaFin-Abteilungspräsidentin Lausch habe sich seit 2014 über die Zusammenarbeit mit der DPR beschwert, so Gottschalk. "Warum haben Sie dann nicht früher das Enforcement-Verfahren auf den Prüfstand gestellt?"

Kritische Hinweise aus der BaFin habe es leider kaum gegeben, außer solche, die sich auf prozedurale Fragen bezogen hätten, entgegnete Kukies. Die kritische Berichterstattung der Fachpresse habe allerdings bereits 2015 vieles schon thematisiert, über das man später diskutiert habe. "Die Indikationen lagen in Rohform schon vor. Aber die waren noch nicht hinreichend konkret."



02. Nationale Stelle: Kritik an Zwangsmaßnahmen in Psychiatrien

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/SAS) Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat sich in seiner Sitzung am Mittwochnachmittag mit dem Jahresbericht 2019 (19/19680) der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter befasst. Daraus geht hervor, dass diese im Berichtsjahr sieben Abschiebungsmaßnahmen begleitet und 58 Einrichtungen besucht hat. Der Fokus habe dabei schwerpunktmäßig auf psychiatrischen Einrichtungen sowie Einrichtungen des Zolls gelegen, erläuterte der Vorsitzende der Länderkommission der Nationalen Stelle, Rainer Dopp, im Gespräch mit dem Ausschuss.

Kritisch äußerte er sich dabei insbesondere über die Praxis von Zwangsmaßnahmen: So habe die Nationale Stelle bei Besuchen "teils sehr lange Absonderungen" festgestellt. Patienten seien viele Monate lang ganz allein in einem Raum untergebracht worden, der nur mit einem Bett ausgestattet und nicht selten ohne Fenster gewesen sei. "Das ist etwas, das wir mit großen Bedenken sehen und das von den Aufsichtsbehörden überprüft und kontrolliert werden müsste", betonte Dopp. Immer wieder hätten Mitarbeiter der Nationalen Stelle bei ihren Besuchen auch "Krisenräume" mit nur einer Matratze vorgefunden. Wenn Patienten sich über einen längeren Zeitraum dort aufhalten müssten, sei es ein "Eingriff in die Menschenwürde", wenn es nicht einmal die Möglichkeit gebe, sich hinzusetzen, erklärte der Vertreter der Anti-Folter-Stelle.

Auch den Umgang mit Fixierungen habe die Nationale Stelle wiederholt beanstanden müssen, so der Vorsitzende der Länderkommission. Die Fixierung eines Patienten dürfe zwar seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2018 nur nach richterlicher Genehmigung erfolgen. "Wir sind aber auf eine Verfahrensweise gestoßen, bei denen Richter Vorratsbeschlüsse für das nächste dreiviertel Jahr gemacht haben. So konnte immer wieder fixiert werden, ohne dass der Anlass dafür nachzuvollziehen gewesen wäre." Das entspreche nicht der Intention des Verfassungsgerichts und müsse geändert werden, sagte Dopp. Problematisch seien zudem Fixierungen in Polizeistationen, die in einigen Bundesländern noch angewandt werden dürften. "Unser Eindruck ist aber, dass Polizeistationen nicht wirklich in der Lage sind, Fixierungen durchzuführen. Deswegen fordern wir, auf Fixierungen im Bereich der Polizei vollständig zu verzichten."

Im Ausschuss erläuterte der Vertreter noch einmal den präventiven Charakter der Arbeit der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter. Die Mitarbeiter besuchten "Orte der Freiheitsentziehung" - zum Beispiel auch Justizvollzugsanstalten, Polizeidienststellen, geschlossene Einrichtungen der Kinder-und Jugendhilfe sowie Alten- und Pflegeheime, um auf Missstände aufmerksam zu machen und Verbesserungsvorschläge zur Wahrung der Menschenwürde zu unterbreiten.

Die Wirksamkeit ihrer Tätigkeit sei jedoch trotz des inzwischen fast zwölfjährigen Bestehens der Nationalen Stelle noch immer begrenzt, monierte der Vertreter. An der Umsetzung ihrer Empfehlungen mangele es immer wieder. "Wir würden uns wünschen, dass die obersten Aufsichtsbehörden, die zuständigen Landes- oder Bundesministerien, sich noch intensiver mit unseren Vorschlägen befassen." Als Problem bezeichnete Dopp außerdem den Umstand, dass es der Nationalen Stelle immer noch nicht möglich sei, in ihren Berichten auch die Namen von Einrichtungen in privater Trägerschaft zu veröffentlichen. Dadurch fehle oftmals der Druck, Empfehlungen umzusetzen. Es brauche hier dringend eine Gesetzesänderung.

Verbessert habe sich hingegen die finanzielle Ausstattung der Anti-Folter-Stelle: Nachdem aufgrund gestiegener Miet- und Personalkosten die Zahl der Besuche 2018 verringert werden musste, sei die Stelle durch eine Aufstockung der Mittel um 100.000 auf jährlich 640.000 Euro durch Beschluss der Justizministerkonferenz nun wieder so arbeitsfähig wie zuvor, so Dopp. Allerdings merkte er an, dass die Nationale Stelle finanziell wie personell bei weitem nicht so ausgestattet sei, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen könne, die mehr als 13.000 Orte der Freiheitsentziehung in Deutschland regelmäßig zu besuchen.

In der anschließenden Diskussion äußerten Abgeordnete aller Fraktionen Anerkennung für die Arbeit der Nationalen Stelle. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD verwiesen zudem auf einen gemeinsamen Entschließungsantrag, mit dem sie sich für die Sicherstellung der finanziellen Ausstattung einsetzen. Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Linksfraktion kritisierten dies als unzureichend. FDP und Linke signalisierten zudem Unterstützung für die Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage, um Namen privater Einrichtungen veröffentlichen zu können, in denen Missstände entdeckt worden seien.



03. Kriterien für soziales Unternehmertum gefordert

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Die Politik sollte eindeutig definieren, wann ein Unternehmen tatsächlich ein "Social Business" ist. Diese Forderung erhob Paul Bethke, Gründer und Inhaber des Limonaden- und Eisteeherstellers Lemonaid am Mittwoch während eines öffentlichen Fachgespräches des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung zum Thema "Neue Unternehmensformen: Social Entrepreneurship". Derzeit gebe es kein Mindestmaß für den sozialen Beitrag. "Jeder kann sich Social Business nennen, ohne Auflagen", kritisierte er. Das führe zu Verwässerung und Konsumentenverwirrung. Es gefährde zudem die, "die es wirklich ernst meinen". Bethke schlug daher als Kriterien einen "fixen Umsatzbeitrag als Mindestmaß des Engagements" sowie einen "positiven Effekt des Firmenkerns auf die Gesellschaft" vor.

Sein Unternehmen garantiere, dass durch jede verkaufte Flasche der biologische Anbau, ein fairer Handel und zusätzlich noch Sozialprojekte unterstützt würden. "So haben wir fünf Millionen Euro für Sozialprojekte erwirtschaftet", sagte Bethke. Wenig hilfreich für Social Businesses sei aber, dass es derzeit einen Maximalbetrag für Spenden gebe, der bei 0,02 Prozent des Umsatzes liege. Das sei für Lemonaid problematisch, weil von jedem verkauften Produkt gespendet werden solle. Die Lösung könne in der Abschaffung der Höchstgrenzen für Spenden von sozialen Unternehmen bestehen. Betriebswirtschaftliche Anreize für Social Business Strukturen seien ebenfalls wünschenswert. Es gebe derzeit wenig Anreize in der Struktur. "Wir zahlen die gleichen Steuern wie jede andere Firma", sagte der Lemonaid-Inhaber.

Für nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung stehe auch das Chemieunternehmen Evonik Industries, sagte Stefan Haver, Leiter Corporate Responsibility von Evonik. Lange Zeit hätten Investments in Ökologie oder Soziales vor allem als Kostenfaktor gegolten. "Das ist bei weitem nicht mehr so", sagte er. Nachhaltigkeit sei auch in der Chemie längst Wachstumstreiber. Als Beispiel führte er das Venture-Capital-Engagement von Evonik beim Unternehmen In-Ovo an. Dort werde ein neuartiger Biomarker zur Geschlechtsbestimmung bei Hühnern entwickelt, womit die "beschämende Praxis des Schreddern männlicher Küken" beendet werden könne. Damit sei ein hoher ethischer Mehrwert verbunden. "Es ist aber auch ein gutes Geschäft", fügte Haver hinzu.

Ebenso wie Paul Bethke betonte auch der Evonik-Vertreter die Frage der Messbarkeit des sozialen Unternehmertums. Hier habe sich aber schon viel getan, befand er. Habe früher der Spruch: "Tue Gutes und rede darüber" gegolten, heiße es jetzt: "Tue Gutes und belege es". Das fange bei Gütesiegeln und akzeptierten Standards an und höre bei der EU-Taxonomie-Verordnung und der darin geforderten Offenlegung klimarelevanter Umsätze auch nicht auf. "Transparenzanforderungen sind längst zu einem Geschäftsfaktor geworden", sagte Haver.

Um Social Entrepreneurship zu stärken, so der Evonik-Vertreter, müsse überlegt werden, wie es gerade jungen Unternehmen erleichtert wird, neue Wege in diese Richtung zu gehen. Das sei eine Frage von Bürokratieabbau und auch von Digitalisierung. "Es ist aber auch eine Frage der richtigen Koordination von Fördermöglichkeiten durch die Politik über Ministeriumsgrenzen hinweg", sagte er. Dabei gebe es noch einiges zu tun.



04. Experten für Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds

Recht und Verbraucherschutz/Anhörung

Berlin: (hib/MWO) Einen Systemwechsel bei der Insolvenzsicherung von Reiseunternehmen sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/28172) vor, der Thema einer öffentlichen Anhörung am Mittwoch im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz war. Die sieben eingeladenen Sachverständigen stimmten der Änderung grundsätzlich zu, sahen jedoch zum Teil erheblichen Nachbesserungsbedarf. Der Entwurf eines "Gesetzes über die Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds und zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften" sieht vor, dass die Insolvenzsicherung künftig über einen Reisesicherungsfonds erfolgt, der in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisiert ist und ein Fondsvermögen verwaltet, in das die Reiseveranstalter einzahlen.

Nils Hellberg vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft begrüßte die beabsichtigte Reform als längst überfälligen Schritt. Zu begrüßen sei auch, dass kleine Reiseanbieter, die weniger als drei Millionen Euro Umsatz mit Pauschalreisen erzielen, sich weiter ausschließlich über eine Versicherung oder ein Kreditinstitut absichern können. Sachgerechter dürfte hier allerdings eine höhere Umsatzgrenze von zehn Millionen Euro sein. Als zentrales Problem des Regierungsentwurfs bezeichnete Hellberg den fehlenden Gleichlauf zwischen dem grundsätzlichen Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Juli 2021 und der Haftungsübernahme durch den Fonds, die erst für einen noch offenen Zeitpunkt vorgesehen ist.

Dirk Inger vom Deutschen Reiseverband DRV präsentierte eine gemeinsame Stellungnahme von potenziellen Gründungsgesellschaftern des Reisesicherungsfonds, zu denen neben dem DRV die Allianz selbstständiger Reiseunternehmen (ASR), der Internationale Bustouristik Verband (RDA) und der Verband Internet Reisevertrieb (VIR) gehören. Die vier Verbände wollen die Erlaubnis als Reisesicherungsfonds beim Bundesjustizministerium beantragen, sobald das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist. Laut Inger unterstützen die vier Verbände eine Neuausrichtung der Insolvenzsicherung. Dies gehe jedoch mit erheblichen Mehrkosten und Mehraufwand für Reiseveranstalter einher und stelle gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise eine extreme Belastung dar. Inger sprach sich dafür aus, das Entgelt pro Reise auf 0,6 Prozent festzusetzen und die Aufbauphase auf mindestens sieben Jahre zu verlängern.

Auch Michael Buller vom VIR sprach sich für die Verlängerung der Aufbauphase von bisher fünf Jahren aus, da man nicht wisse, wie lang die Krise noch dauere. Da viele Unternehmen bis zum Start des Sicherungsfonds Insolvenz anmelden könnten, brauche man mindestens sieben Jahre. Buller sagte, dass die Umstellung zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt überhaupt komme. Es sei nicht abzusehen, wann das Reisegeschäft wieder ordentlich aufgenommen werden könne. Deshalb müsse auch die Hochlaufphase des Fonds angepasst werden. Dazu komme, dass viele Veranstalter nur mit Krediten durchhalten konnten. Deshalb werde es für diese Unternehmen schwierig, neue Bürgschaften für den Reisesicherungsfonds zu bekommen.

Christiane Leonard vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer erklärte, das gesetzgeberische Ziel, Verbraucher und Verbraucherinnen vor Insolvenzen in der Reisebranche zu schützen, sei berechtigt. Gerade die durch familiengeführte Unternehmen geprägte Busbranche lebe von zufriedenen Verbrauchern. Jedoch überforderten die im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Neuregelungen den Mittelstand. Weder die Sicherheitsleistungen noch die Entgelte seien für diese Unternehmen darstellbar und auch nicht erforderlich. Ohne deutliche Nachbesserungen würden unzählige Unternehmen vom Markt verschwinden.

Felix Methmann von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) betonte in seiner Stellungnahme, dass der vzbv bereits seit vielen Jahren darauf hinweise, dass die Insolvenzabsicherung im deutschen Pauschalreiserecht - insbesondere die Haftungsbegrenzung auf 110 Millionen Euro pro Versicherer und Geschäftsjahr - nicht europarechtskonform ausgestaltet sei. Das jetzt geplante brancheninterne Solidaritätsprinzip sei weitaus vorzugswürdiger, als das Schadensrisiko wie bislang den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufzubürden.

Ansgar Staudinger, Lehrstuhlinhaber an der Universität Bielefeld, erklärte, das bisherige Absicherungsmodell sei zweifellos europarechtswidrig. Das habe sich bei der Krise von Thomas Cook gezeigt. Die Fondslösung sei der richtige Weg. Die vorliegenden Kennziffern eines solchen Fonds seien überzeugend und sollten den Risiken ausreichend Rechnung tragen, die es abzusichern gelte. Zur Diskussion über die Zugangsschwellen für Unternehmen von drei, fünf oder zehn Millionen Euro sagte Staudinger, ein Fonds könne dann effektiv arbeiten, wenn möglichst viele mitmachten. Deswegen sollte eine Anhebung der Drei-Millionen Grenze nur mit Vorsicht erfolgen, damit so viele Unternehmen wie möglich von dem Fondsmodell erreicht werden.

Klaus Tonner von der Universität Rostock, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Europäisches Recht, sprach sich angesichts der COVID-19-Pandemie für ein zeitlich gestrecktes Hochfahren des Reisesicherungsfonds aus, um die finanzielle Belastung der Reiseveranstalter in Grenzen zu halten. Eine Erstreckung auf zehn Jahre sei mit dem fiskalischen Interesse des Bundes, die staatliche Garantie zeitlich zu begrenzen, vereinbar. Die Grenze für Reiseveranstalter, die sich nicht über den Reisesicherungsfonds absichern müssen, sollte von drei auf zehn Millionen Euro angehoben werden.



05. Ausweitung des EUTM-Mali-Einsatzes

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Bundeswehr soll die Beteiligung an der EU-geführten Ausbildungsmission EUTM Mali (European Union Training Mission Mali) um ein weiteres Jahr fortsetzen und dafür den Personaleinsatz erhöhen. Wie die Bundesregierung in ihrem Antrag (19/28804) schreibt, sollen bis zu 600 statt wie bisher bis zu 450 Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten entsendet werden können.

Schwerpunkt der seit 2020 neu ausgerichteten EU-Mission sei die einsatznähere militärische Beratung und Ausbildung der malischen Soldatinnen und Soldaten sowie - nach Schaffung der Voraussetzungen seitens der EU und der aufnehmenden Länder - die Ausweitung des Missionsgebietes auf die weiteren G5-Sahel-Staaten Burkina Faso, Mauretanien, Niger und Tschad. Diese Maßnahme ziele vor allem darauf ab, die Reichweite der Mission an grenzüberschreitende terroristische Aktivitäten anzupassen und Beratung und Ausbildung insbesondere auch in Burkina Faso und in Niger anbieten zu können. "Für die im Rahmen von EUTM Mali eingesetzten deutschen Soldaten heißt dies konkret, dass durch Ausbildung, Beratung und Begleitung zum Zweck der Evaluierung an gesicherten Orten wie Kasernen, Übungsräumen, Einsatzstützpunkten und Führungseinrichtungen gezielt einsatzrelevantes Wissen an die Streitkräfte vermittelt werden soll", schreibt die Bundesregierung.

Die Überwindung der Ursachen von Gewalt und Terrorismus in der Sahelregion mit zivilen Maßnahmen setze ein hinreichend sicheres Umfeld voraus. Vor diesem Hintergrund konzentriere sich das sicherheitspolitische Engagement der Bundesregierung auf den Aufbau und die Stärkung effektiver und von der Bevölkerung anerkannter Sicherheitskräfte, die Menschrechte und Demokratie achten und politischer Kontrolle unterliegen. "Ziel ist es, die Partner zur eigenständigen Wahrnehmung von Sicherheitsverantwortung gegenüber leistungsstarken bewaffneten Gruppen zu befähigen."

Der Einsatz erfolge auf Ersuchen der malischen Regierung und, "wenn dieses EU-seitig geschaffen wurde, dem Einverständnis der jeweiligen weiteren G5-Sahel-Staaten" sowie auf Grundlage entsprechender Beschlüsse des Rates der Europäischen Union in Verbindung mit mehreren Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Das Mandat ist befristet bis Ende Mai 2022. Die einsatzbedingten Kosten beziffert die Bundesregierung auf rund 117,5 Millionen Euro.



06. Bundeswehr soll MINUSMA-Einsatz in Mali fortsetzen

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Bundeswehr soll sich ein weiteres Jahr an der "Multidimensionalen Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali" (MINUSMA) beteiligen. Wie bisher sollen laut Antrag der Bundesregierung (19/28803) bis zu 1.100 Soldatinnen und Soldaten entsendet werden können.

Deutschland beteilige sich seit 2013 mit einem Kontingent der Bundeswehr sowie mit Polizistinnen und Polizisten an MINUSMA und leiste damit einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung Malis. Das deutsche Kontingent sei robust aufgestellt und trage wesentlich zur Sicherheit in Nordmali, zum Lagebild der Mission in Zentralmali und insgesamt zur Umsetzung des Friedensvertrags von Algier bei. "Die Bundeswehr unterstützt MINUSMA durch die Bereitstellung eines gemischten Aufklärungsverbandes mit Objektschutz- und Aufklärungskräften inklusive der Hochwertfähigkeit Heron 1, dem Flugabwehrwaffensystem MANTIS in der Konfiguration "Aufklärung und Warnung" ("Sense&Warn") sowie erforderlichen Einsatzunterstützungs- und IT-Kräften", schreibt die Bundesregierung. Dies werde ergänzt durch Expertise mit Einzelpersonal in den Stäben der Mission und mit den Fähigkeiten der geografischen Informationsberatung sowie der Bereitstellung von Brandschutz- und Bodendiensten zur Unterstützung des Flugbetriebs in Gao.

Die Verschlechterung der Sicherheitslage in der Sahel-Region und die Ausweitung des Einflusses global vernetzter Terrorgruppen berührten außen- und sicherheitspolitische Interessen Deutschlands und Europas unmittelbar. Ziel des Engagements der Bundesregierung sei es daher, dass die Regierungen im Sahel mittel- und langfristig Sicherheit auf ihrem Staatsgebiet weitgehend selbst garantieren können, eine Grundversorgung mit staatlichen Dienstleistungen in allen Regionen sichergestellt ist und die staatlichen Akteure von der Bevölkerung als glaubwürdig und legitim akzeptiert werden.

Das Mandat ist befristet bis Ende Mai 2022. Die Kosten für die einsatzbedingten Zusatzaufgaben beziffert die Bundesregierung auf rund 362 Millionen Euro.



07. FDP fordert Modellregionen für Verfahrenslotsen

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Nach dem Willen der FDP-Fraktion sollen im Rahmen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetz bereits jetzt die ab 2024 geplanten Verfahrenslotsen in 50 Modellregionen eingeführt werden. In diesen Regionen soll jeweils mindestens ein Modellprojekt für inklusive Wohnformen unter Einbeziehung der Verfahrenslotsen finanziert werden, in denen die Zusammenarbeit zwischen freien und öffentlichen Trägern der Jugendhilfe in der Praxis entwickelt und erprobt wird, heißt es in dem entsprechenden Antrag (19/28769). Die Liberalen verweisen darauf, dass die Rolle der Verfahrenslotsen bei der Zusammenführung aller Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bislang nicht klar definiert sei. Daher wäre eine Erprobung ihrer Rolle und Zuständigkeiten ein wichtiger und sinnvoller Schritt, um 2024 bereits Erfahrungen aus der Praxis zu haben.