Nach der vom Bildungsministerium vorgelegten Bedarfsplanung für den
zukünftigen Lehrkräftebedarf soll in den kommenden Jahren bis 2030
angeblich ein Neueinstellungsbedarf von durchschnittlich nur 650
Lehrkräften pro Jahr bestehen. Zu diesem Ergebnis erklärt der
bildungspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Thomas Lippmann:
„Mit der vorgelegten Planung will Bildungsminister Tullner den seit
nunmehr fünf Jahren anhaltenden Bildungsabbau zementieren und für mehr
als ein weiteres Jahrzehnt fortsetzen. Damit werden allen künftigen
Regierungen die Hände für Korrekturen und Verbesserungen gebunden und
ganzen Schülergenerationen ihre Zukunftsperspektiven versperrt. Denn
selbst wenn sich eher früher als später die Einsicht durchsetzen wird,
dass das Bildungsangebot in den allgemeinbildenden Schulen für die
individuellen Bildungschancen der Kinder und die weitere Entwicklung
Landes inakzeptabel niedrig ist, werden zusätzliche Einstellung im
notwendigen Umfang nicht möglich sein, weil viel zu wenige ausgebildete
Lehrkräfte zur Verfügung stehen.
Die Planungen gehen davon aus, dass die schlechten Rahmenbedingungen,
die im kommenden Schuljahr den Schulbetrieb kennzeichnen werden,
zuzüglich der weiteren Verschlechterungen, die für die beiden kommenden
Schuljahre 2018/19 und 2019/20 bereits heute absehbar sind, in die
Zukunft bis 2030 fortgeschrieben werden. Die errechneten 650 Lehrkräfte
pro Jahr sollen nur gewährleisten, dass das Niveau des Schuljahres
2019/20 gehalten werden kann. Das wird aber gegenüber der erforderlichen
Normalausstattung der Schulen, die sich am Niveau des Schuljahres
2012/13 – also vor dem Beginn der bedarfsmindernden Maßnahmen –
orientiert, ein Defizit von mindestens 1.100 Vollzeitlehrkräften
aufweisen. Dies entspricht etwa der berechtigten Forderung der
voraussichtlich erfolgreichen Volksinitiative und muss daher bei den
Planungen mit berücksichtigt werden.
Außerdem wurde der Neueinstellungsbedarf an den Schulen in freier
Trägerschaft bei der Darstellung des Ergebnisses unterschlagen, der bei
etwa 60 Lehrkräften pro Jahr liegt und die auch vom Land ausgebildet
werden müssen. Auch wurde nicht mitangegeben, dass viele Lehrkräfte in
Teilzeit arbeiten möchten und daher mehr Personen benötigt werden, um
das errechnete Ergebnis in Vollzeitstellen auch tatsächlich umsetzen zu
können. Allein nach Berücksichtigung dieser beiden vernachlässigten
Faktoren ergibt sich aus den eigenen Berechnungen des
Bildungsministeriums ein Neueinstellungsbedarf von 730 Lehrkräften pro
Jahr und nicht von 650 Lehrkräfte.
Minister Tullner sollte sich lieber noch einmal auf die Schulbank setzen
und nicht so voreilig halbfertige Ergebnisse in die Öffentlichkeit
posaunen.
Bei ordentlicher Beteiligung der Expertengruppe wären solche Fehler
möglicherweise auch vermieden worden. Um schrittweise wieder das alte
Niveau des schulischen Angebotes aus dem Schuljahr 2012/13 zu erreichen,
sind pro Jahr durchschnittlich weitere 80 Neueinstellungen zusätzlich
erforderlich. Insgesamt müssen in den nächsten 13 Jahren bis 2013
folglich durchschnittlich mehr als 800 Lehrkräfte pro Jahr neu
eingestellt werden – vorausgesetzt, dass sich die vom
Bildungsministerium vorgelegten Schülerzahlprognosen als tragfähig
erweisen und nicht schon in wenigen Wochen in den Papierkorb wandern.
Um dies gewährleisten zu können, sind in den beiden Universitäten so
schnell wie möglich Ausbildungskapazitäten für mindestens 1.200 – 1.300
Erstsemester zu schaffen, da nach den langjährigen Erfahrungen kaum zwei
Drittel der Studienanfänger auch tatsächlich zu einem Studienabschluss
kommen. Das ist ein Ausbau der Studienplätze um 50 Prozent gegenüber den
bisherigen Planungen und muss den Standort Magdeburg zwingend mit
einbeziehen. Wenn hier jetzt nicht endlich konsequent gehandelt wird,
übernimmt diese Landesregierung die Verantwortung für eine schwere
Hypothek, die ganze Schülergenerationen zu tragen haben.“
Magdeburg, 14. Juli 2017