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05 Sabine Breer

Auf Spurensuche: NS-Raubgut im Bördemuseum Ummendorf?

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„Der Eintrag hier klingt verdächtig“, sagt die Provenienzforscherin und deutet auf ein Buch. Die Museumsleiterin Dr. Nadine Panteleon und die Kunsthistorikerin Sabine Breer schauen konzentriert in das älteste Inventarverzeichnis des Börde-Museums. Darin sind alle Objekte verzeichnet, die seit der Gründung in der Zeit zwischen 1924 bis 1945 an das Museum gekommen sind. „Inventarverzeichnisse sind meist die wichtigsten Quellen für die sogenannte Provenienzforschung, denn hier ist eingetragen, wann die Objekte und vor allem aus welchem Besitz (Herkunft, Provenienz) sie in das Museum gekommen sind. Wir können so erste Hinweise auf Raubgut erhalten“, hält Sabine Breer fest.

NS-Raubgut bezeichnet die Dinge, die in der Zeit des Nationalsozialismus und in den Wirren der Nachkriegszeit Verfolgten wie Juden, Kommunisten und Sozialisten, Freimaurern und vielen anderen durch die NS-Behörden entzogen wurden.

Sabine Breer wird die Herkunftsforschung in Ummendorf und in weiteren 16 Museen im Land durchführen. Das Projekt des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt e.V. wird vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste und dem Land Sachsen-Anhalt gefördert.

„Genau hier ist der verdächtige Eintrag“, sagt Sabine Breer. Dr. Nadine Panteleon liest die Stelle im Inventarbuch laut vor: „eine bäuerliche Streitaxt aus dem Harzgau, Geschenk des Landesbauernführers Lehmann, Ströbeck, 1943 und hier gibt es noch weitere 7 Waffen mit derselben Herkunft.“ Gerade die Objekte, die von NS-Behörden an das Museum gegeben wurden, sind verdächtig, da diese alle am Raub beteiligt sein konnten. Und dazu zählt auch die Landesbauernschaft Sachsen-Anhalt bzw. der Reichsnährstand.

In den 6 Tagen, die Sabine Breer für diesen „Erstcheck“ vor Ort an den einzelnen Museen arbeitet, sucht sie zunächst nach Verdachtsmomenten, um zu klären, ob weiterer Forschungsbedarf besteht. Ein sicherer Nachweis nach NS-Raubgut oder eine Rückgabe wird mit diesem ersten Schritt der Provenienzforschung noch nicht angestrebt. „Am Ende gibt es eine Empfehlung für jedes Museum. Danach kann die Leitung entscheiden, ob Sie eine vertiefende Provenienzforschung umsetzen will“ erläutert Frau Breer.

„Wir machen mit, weil wir wissen wollen, ob es Objekte bei uns gibt, die anderen geraubt wurden und uns eigentlich nicht gehören“, sagt die Museumsleiterin Panteleon. „Schon weil für die Provenienzforschung im Museumsalltag kaum Zeit bleibt, sind wir froh, dass diese Arbeit von einer externen Wissenschaftlerin durchgeführt wird. Nicht zuletzt wollen wir zeigen, dass wir ein lebendiges Haus sind und fachlich auf der Höhe der Zeit agieren. Wir freuen uns sehr, dass wir über das Projekt die notwendige personelle Unterstützung erhalten.“

Nach den ersten Hinweisen aus dem Inventarbuch zur „bäuerlichen Streitaxt“ ist für die Provenienzforscherin ein Gang ins Museumsdepot notwendig, um die genannten Geschenke des Landesbauernführers anzusehen und nach Beschriftungen oder Etiketten zu suchen, die weitere Hinweise auf die Provenienz geben können. Doch schnell stellt Sabine Breer fest, dass an der Streitaxt keine solche Spur zu finden ist. „Dieser Fall zeigt eines deutlich: Nur selten kann man während eines Erstchecks abschließend klären, ob tatsächlich Raubgut in der Sammlung ist.“

Und dennoch hat sich für die Mitarbeiter nebenbei eine ganz andere Erkenntnis ergeben, denn der anwesende Museumsmitarbeiter und Restaurator Axel Schnitzer resümiert: „Das ist allerdings keine Streitaxt, sondern ein stark abgenutztes Schlichtbeil, das man für das Bearbeiten von Balken braucht. Das hat man erst viel später als ‚Waffe‘ zusammengesetzt.“


Fotos

1: Kunsthistorikerin Sabine Breer auf Spurensuche
2: 
Sabine Breer wird die Herkunftsforschung in Ummendorf und in weiteren 16 Museen im Land durchführen
3: Inventarbuch
4: bäuerliche Streitaxt aus dem Harzgau

Fotograf: Burgmuseum Ummendorf