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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mo., 7. September 2020

  1. Braunkohlevertrag kontrovers bewertet
  2. Weniger Lkw- und Bus-Neuzulassungen
  3. Recycling von Binnenschiffen thematisiert
  4. Netzausbau mit Bahn-Infrastruktur
  5. ICE-Anbindung Bodensee-Oberschwaben


01. Braunkohlevertrag kontrovers bewertet

Wirtschaft und Energie/Anhörung

Berlin: (hib/FLA) Insgesamt 4,35 Milliarden Euro sollen die Braunkohlen-Konzerne RWE und LEAG an Entschädigung für Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung erhalten. So steht es im Entwurf eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zwischen Bundesregierung und Betreibern (19/21120), der am Montag von den Sachverständigen bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie unter Vorsitz von Klaus Ernst (Die Linke) kontrovers beurteilt worden ist.

Der Rechtsanwalt Bernd Dammert verwies darauf, dass der Vertragsentwurf als Verwendungszweck der Entschädigung die Abdeckung der Tagebaufolgekosten festlegt. Das Risiko der öffentlichen Haushalte, für Kosten der Wiedernutzbarmachung der Tagebaue ersatzweise eintreten zu müssen, werde damit in einem ganz erheblichen Umfang gemindert. Der Vertragsentwurf gehe damit deutlich über dasjenige hinaus, was entschädigungsrechtlich durch Gesetz geregelt werden könnte.

Die Rechtsanwältin Cornelia Ziehm befand, wenn der Bundestag dem Vertragsentwurf zustimme, würde er sich hinsichtlich der ihm originär obliegenden energie- und klimapolitischen Gestaltungshoheit in die Abhängigkeit derjenigen Unternehmen begeben, deren Geschäftsmodell auf der Emission von klimaschädlichen Treibhausgasen gründe. Das wäre ihrer Ansicht nach nicht nur in hohem Maße demokratietheoretisch fragwürdig, sondern auch mit den von der Bundesregierung eingegangenen Klimaschutzverpflichtungen nicht vereinbar.

Martin Herrmann vom Sächsischen Oberbergamt machte klar, dass es sich bei der vorgesehenen Entschädigung nicht um eine Enteignungsentschädigung handle, sondern um einen Bestandteil einer mit den Anlagebetreibern vereinbarten Gesamtlösung. Es sei gerechtfertigt, in den Verträgen nähere Bestimmungen zur Verwendung der Entschädigung zu regeln. Es gehe um eine Gesamtentschädigung, die alle finanziellen Nachteile umfasse, die mit der vorzeitigen Stilllegung der Kraftwerke und Tagebaue verbunden sind.

Charlotte Kreuter-Kirchhof (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) beschrieb den Rückbau eines Tagebaus als langfristiges Vorhaben, das technisch, wirtschaftlich und rechtlich mit komplexen Fragen verbunden sei. Diese langfristige Aufgabe könne in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag einvernehmlich geregelt und so zukunftsorientiert gelenkt werden. Dass der Gesetzgeber einen solchen Vertrag anstrebe, entspreche den tatsächlichen Anforderungen und dem rechtlichen Rahmen für die Grundsatzentscheidung zum vorzeitigen Ende der Braunkohleverstromung.

Ida Westphal (ClientEarth - Anwälte der Erde) beklagte, dass mit dem Instrument der öffentlich-rechtlichen Verträge eine mangelnde Transparenz des Aushandlungsprozesses und fehlende Beteiligungsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft einhergingen - im Gegensatz zu gesetzgeberischen Verfahren. Das vertragliche Instrument eröffne darüber hinaus den Betreibern eine wesentlich größere Einflussmöglichkeit auf das Endergebnis als der Gesetzgebungsprozess. Überdies werde der Ausstiegspfad zementiert. Durch die Parallelität einer Regelung durch Vertrag und Gesetz hätten sich neue Unstimmigkeiten ergeben.

Der Rechtsanwalt Holger Schmitz lenkte den Blick darauf, dass das Kohleausstiegsgesetz den Anlagebetreibern einen Entschädigungsanspruch gewähre, wobei der Vertrag wesentliche Details dazu wie Auszahlungsmodalitäten oder Verwendung der Entschädigung regele. Diese eng verzahnte Kombination könne vom Ansatz her nur gelingen, wenn der Bund sowohl als Gesetzgeber als auch als Vertragspartner agiere. Nur so könne ein Gleichlauf von gesetzlichen und vertraglichen Pflichten garantiert werden. Es sei eine gute Entscheidung, begleitend zum Gesetz einen Vertrag schließen zu wollen.

Für Hanns Koenig (Aurora Energy Research) ist die Entschädigungssumme in ihrer Gesamthöhe von 4,35 Milliarden Euro und ihrer Aufteilung auf die beiden Unternehmen RWE und LEAG weder durch den Vertragsentwurf noch durch gutachterliche Stellungnahmen dazu begründet. Es fehle ein transparenter Berechnungsansatz, wie sich die verringerte Braunkohleförderung in eine Entschädigung für die Betreiber übersetzt.

Ralf Bartels von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vertrat die Auffassung, das vertragliche Einvernehmen mit den Unternehmen gewährleiste ein rechtssicheres Vorgehen. Das erhöhe die klimapolitische Wirksamkeit einer gesicherten schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung. Er wolle nicht infrage stellen, dass die im Vertragsentwurf vorgesehenen Entschädigungen den Unternehmen reichen werden, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Frage der Sozialverträglichkeit werde berücksichtigt.



02. Weniger Lkw- und Bus-Neuzulassungen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) In der ersten Jahreshälfte 2020 gab es deutlich weniger Lkw- und Bus-Neuzulassungen (304.388) als im gleichen Zeitraum des Vorjahres (378.977). Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/21804) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/21575) hervor. Besonders stark war der Einbruch bei den Neuzulassungen in den Monaten März (2019: 69.719; 2020: 49.990), April (2019: 69.218; 2020: 41.239) und Mai (2019:72.228; 2020: 53.983). Im Juni 2020 stieg die Zahl der Neuzulassungen der Vorlage zufolge auf 61.678 an (Juni 2019: 66.666).



03. Recycling von Binnenschiffen thematisiert

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Das Recycling von Binnenschiffen thematisiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (19/21833). Die Abgeordneten verweisen in der Vorlage darauf, dass das Recycling von Seeschiffen seit 2013 auf europäischer Ebene über die Schiffsrecyling-Verordnung geregelt sei. Bei Binnenschiffen hingegen fehle ein zielführender Ansatz in Deutschland. Auch gebe es auf europäischer Ebene keine Harmonisierung. Werftkapazitäten für sicheres und umweltgerechtes Recycling von See- und Binnenschiffen seien in Deutschland "kaum bis gar nicht" vorhanden.

Die Bundesregierung wird nun gefragt, welche Bedingungen ihrer Auffassung nach verbessert werden müssen, um das Recycling von Binnenschiffen auch in Deutschland anbieten zu können. Welchen Bedarf die Bundesregierung für eine europäische Harmonisierung der Vorgaben zum Recycling von Binnenschiffen sieht und inwieweit eine europäische Harmonisierung des Recyclings von Binnenschiffen Gegenstand der fachpolitischen Beratungen auf EU-Ebene war, interessiert die Grünen ebenfalls.



04. Netzausbau mit Bahn-Infrastruktur

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Die Nutzung der Bahn-Infrastruktur für den Ausbau von Gigabitnetzen und Mobilfunk in Deutschland thematisiert die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (19/21832). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung unter anderem wissen, wann und aus welchen Gründen der Vorstand der Deutschen Bahn AG (DB AG) beschlossen hat, die bestehenden Glasfaserverbindungen an Bahnstrecken beziehungsweise die vorhandene Infrastruktur zum Glasfaserausbau - wie etwa Kabelkanäle und Leerrohre - kommerziell zu nutzen und über die DB broadband GmbH externen Kunden anzubieten. Gefragt wird auch, warum die DB AG die Glasfaserverbindungen nicht in Eigenregie baut, "etwa um die vollen Einnahmen der Nutzung durch Dritte zusätzlich und dauerhaft in das Schienennetz investieren zu können".



05. ICE-Anbindung Bodensee-Oberschwaben

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Zum Fernverkehr auf der Württembergischen Südbahn (Bahnstrecke Ulm-Friedrichshafen) hat die FDP-Fraktion eine Kleine Anfrage (19/21784) vorgelegt. Darin wollen die Abgeordneten von der Bundesregierung unter anderem wissen, ob sie die Ansicht teilt, "dass eine Anbindung der Region Bodensee-Oberschwaben an das Fernverkehrsnetz (ICE und IC) auf der Südbahn aufgrund der damit erreichten Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erstrebenswert ist", und ob schon Überlegungen oder konkrete Planungen bestehen, Bahnhöfe auf der Südbahn an das ICE-Netz anzuschließen.