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nicola beer

BEER: Frau Bundeskanzlerin, noch ist Zeit, Uploadfilter zu verhindern

Montag, den 8. April 2019


Die Spitzenkandidatin der FDP zur Europawahl, FDP-Generalsekretärin Nicola Beer (Foto), hat im Vorfeld der anstehenden Entscheidung im Europäischen Rat über Urheberrecht und Uploadfilter den folgenden offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben:


Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

mit großer Sorge über die anhaltende Diskussion um die Reform der EU-Urheberrechts-Vorschriften wende ich mich heute mit einem offenen Brief an Sie:

Das Europäische Parlament hat am 26. März 2019 den Trilog-Entwurf der EU-Urheberrechts-Richtlinie gebilligt. Im Vorfeld der Abstimmung kam es nicht nur zu Demonstrationen mit rund 150.000 Teilnehmern, auch die urheberrechtsnahen Verbände haben kräftig für ihre Interessen geworben. Es gab Lob und Kritik von beiden Seiten.

Wir sind der Überzeugung, dass der Schutz des Eigentums gewährleistet werden muss. Dies muss selbstverständlich auch für geistiges Eigentum gelten. Deswegen sind alle politischen Parteien herausgefordert, das Urheberrecht so zu reformieren, dass urheberrechtlich geschützte Leistungen nicht nur in der realen Welt, sondern auch im Internet geschützt werden. Auch Internetnutzer verstehen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist – und dass Inhalte finanziert werden müssen. Sonst wird es in Zukunft keine neuen Inhalte mehr geben, und das Netz bleibt leer. Ziel muss sein, dass diejenigen Urheber, die tatsächlich gelesen, gesehen und gehört werden, von ihrer Arbeit auch leben können.

Wir Freie Demokraten plädieren daher nachdrücklich für ein Urheberrecht, das erfolgreiche Urheber fair entlohnt. Durch Sperren via Uploadfilter geschieht dies nicht. Wir setzen uns für eine Kreativindustrie ein, die auch in Zukunft die Inhalte schafft, ohne die Plattformen nicht existieren können und ohne welche die Verfügbarkeit von Inhalten nicht gewährleistet werden kann.

Es gibt bessere Möglichkeiten, um das Urheberrecht im Internet durchzusetzen, die nicht derart tiefgreifend in das freie Internet eingreifen wie Uploadfilter: Zum Beispiel über eine Blockchain-Technologie, die automatisiert und unbürokratisch Lizensierung und damit auch Bezahlung von Kreativen vornimmt, ein verbessertes Notice- und Takedown-Verfahren oder eben auch über eine pauschale Lizensierungsregelung für große Plattformen.

Die nun von Ihrer Partei eingebrachte Idee, Uploadfilter nur in der nationalen Umsetzung in Deutschland zu vermeiden, ist mit Blick darauf, dass das beschriebene Spannungsfeld kein rein deutsches ist, keine gangbare Lösung. Zumal auch deren Zulässigkeit vollkommen unklar ist. Während die eine Seite von Experten behauptet, der neue Text verpflichte in der nationalen Umsetzung nicht zu Uploadfiltern, meldete Kommissar Oettinger bereits am Freitag, den 29. März 2019 auf Facebook, dass Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren drohe, sollte der Text ohne verpflichtende Uploadfilter in deutsches Recht umgesetzt werden.

Daher ist es nicht zielführend, in diesem Streit um die Durchsetzung des Urheberrechts weiter Internetnutzer und Urheber zulasten der Meinungsfreiheit gegeneinander auszuspielen.

Noch gibt es ein kleines Zeitfenster, auf der oben skizzierten Basis einen Urheberrechtsschutz im Netz zu schaffen, der auch ohne Uploadfilter auskommt. Wir haben das Thema Uploadfilter nächste Woche für die Tagesordnung im Bundestag beantragt, weil die Betroffenheit bei diesem Thema so groß ist und die verschiedenen Lager so kompromisslos sind.

Deswegen bitte ich Sie, Ihren Koalitionsvertrag mit der SPD in diesem Punkt zu erfüllen und im Rat gegen die Richtlinie zu stimmen, solange sie Uploadfilter enthält. Wir sind weiterhin bereit, mit allen Betroffenen und allen politischen Parteien an einem fairen und zukunftsfesten reformierten Urheberrecht mitzuarbeiten.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Nicola Beer