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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mo., 16. November 2020

  1. Überwiegend Zustimmung zum Stromnetzausbau
    Wirtschaft und Energie/Ausschuss
  2. Hilfsprogramm für Bildungs- und Jugendstätten verlängern
    Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Anhörung
  3. Mehr Durchblick mit digitaler Rentenübersicht
    Arbeit und Soziales/Anhörung


01. Überwiegend Zustimmung zum Stromnetzausbau

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/FLA) Mehr Anstrengungen beim Stromnetzausbau sind von den Experten bei einer Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie ganz überwiegend begrüßt worden. Sie bewerteten in der Sitzung unter Leitung von Klaus Ernst (Die Linke) den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes (19/23491).

Stefan Kapferer (50Hertz Transmission) begrüßte die geplante Klarstellung im Zusammenhang mit kunststoffisolierten Erdkabeln. Sie erfüllten demnach die gesetzlich vorgegebenen Anforderungen an die technische Sicherheit. Das sei wichtig, um rechtssicher den Einsatz dieser innovativen Techniken zu ermöglichen. Beschleunigung und Optimierung des Netzes könne nur gelingen, wenn die Möglichkeit bestehe, innovative Techniken auch einzusetzen.

Für Jochen Homann von der Bundesnetzagentur leistet der Gesetzentwurf einen weiteren wichtigen Beitrag zur Beschleunigung des Ausbaus der Übertragungsnetze und somit zu einer erfolgreichen Energiewende. In den Bundesbedarfsplan würden der vorgeschlagenen Gesetzesänderung zufolge weitere Vorhaben aufgenommen, deren energiewirtschaftliche Notwendigkeit und vordringlichen Bedarf die Bundesnetzagentur im Rahmen der Prüfung des Netzentwicklungsplans Strom 2019 - 2030 festgestellt habe.

Oliver Brückl (Ostbayrische Technische Hochschule Regensburg) strich heraus, der Transportnetzausbau stelle die energieeffizienteste und kostengünstigste Form zur Umsetzung der Energiewende dar. Er müsse mit Nachdruck und ohne weitere Verzögerung umgesetzt werden. Brückl machte die Gleichung auf, weniger Netzausbau sei gleichzusetzen mit mehr Speicher plus mehr Erzeugungsanlagen plus mehr elektrische Verluste plus mehr Ressourcenverbrauch, mithin weniger Umweltschutz plus höhere Kosten.

Werner Götz (TransnetBW) befand, fehlende Stromnetzinfrastruktur dürfe nicht zu einem Engpass für die Dekarbonisierungsbestrebungen der süddeutschen Industrieunternehmen werden, die von konventionellen Energieträgern und Rohstoffen auf Strom und Wasserstoff umsteigen wollten und müssten. Er machte sich dafür stark, das Projekt SuedLink3 zwischen Heide/West und Altbach jetzt anzugehen. Das sei die minimalinvasivste und kosteneffizienteste Lösung - sowohl gegenüber einem gänzlich neuen Korridor als auch gegenüber einer zeitlich versetzen Umsetzung zu SuedLink 1 und 2. Der Experte der Bundesnetzagentur äußerte indes die Befürchtung, dass die sehr weit fortgeschrittenen Vorhaben SuedLink 1 und 2 beeinträchtigt werden könnten, wenn jetzt schon SuedLink 3 angegangen werde.

Michael Ritzau (Büro für Energiewirtschaft und technische Planung) begrüßte ausdrücklich die geplante umfassende Aufnahme zusätzlicher Vorhaben auf Basis des von der Bundesnetzagentur genehmigten Netzentwicklungsplans 2019-2030. Die grundsätzliche Berücksichtigung des erhöhten Ziels für den Ausbau der erneuerbaren Energien von 65 Prozent Anteil am Bruttostromverbrauch sei entscheidend zur Unterstützung der grundlegenden Transformation des Energiesystems. Die Anhebung des Offshore-Ausbauziels erfordere ebenfalls eine robuste Netzausbauplanung.

Für Felix Müsgens (BTU Cottbus-Senftenberg) ist der Leitungsausbau erforderlich, um die besten Windstandorte, die nun mal im Norden lägen, anzuschließen. Strom könne dort besonders günstig produziert werden. Dies führe zu niedrigeren Strompreisen für Verbraucher. Auch der Ausbau der Windenergie auf See werde noch zunehmen. Da ergebe es Sinn, Strom transportieren zu können.

Herbert Barthel (BUND) forderte, den seiner Meinung nach überdimensionierten Bundesbedarfsplan durch einen Netzplan mit dezentralen Varianten zu ersetzen. Wind und Sonne seien überwiegend dezentrale, lokale und regionale Stromlieferanten. Die Energiewende müsse dezentralen Konzepten folgen. Er warb dafür, den Gesetzentwurf nicht zu verabschieden und alternativ einen Planungs- und Gesetzgebungsprozess für ein dezentrales Energiekonzept in Deutschland zu starten. Die Umsetzung des Gesetzentwurfs werde zu massiven Mehrkosten in Milliardenhöhe für die kommenden Netzumlagen führen, die vor allem die kleineren Verbraucher tragen müssten. Zudem komme es zu umfangreichen unnötigen Belastungen von Natur und Umwelt.

Nadine Bethge (Deutsche Umwelthilfe) erwähnte, dass dezentrale Energieerzeugung oft als Alternative zum Stromleitungsbau gesehen werde. Allerdings funktioniere das nur, wenn auch dezentrale Speicher vorhanden seien und eine Bereitschaft existiere, sich auf teurere, lokale Strommärkte zu begrenzen. Insofern könne dezentrale Energieerzeugung Stromnetze nicht ersetzen. Nach ihrer Einschätzung ist die Geschwindigkeit des Aus- und Umbaus der Stromnetze zu langsam. Sie sehe nicht die Gefahr eines überdimensionierten Netzausbaus.



02. Hilfsprogramm für Bildungs- und Jugendstätten verlängern

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Anhörung

Berlin: (hib/AW) Gemeinnützige Jugend- und Bildungsstätten und Übernachtungsstätten sind in einem hohen Maß durch die Corona-Pandemie in ihrer Existenz bedroht. Dies wurde in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschuss über einen Antrag der Linksfraktion (19/20545) am Montag deutlich. Die geladenen Vertreter der Jugend- und Bildungstätten forderten übereinstimmend eine Verlängerung und eine Aufstockung des Hilfspaketes von 100 Millionen Euro, das der Bundestag im Juli dieses Jahres beschlossen hatte.

Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, ein Hilfsprogramm für gemeinnützige Bildungs- und Jugendstätten sowie Kinder- und Jugendübernachtungsstätten aufzulegen. So sollen 750 Millionen Euro in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen an die Einrichtungen ausgezahlt werden und ein Kreditprogramm in Höhe von weiteren 750 Millionen Euro für notwendige Sanierungen, Aus- und Umbauten sowie eine pandemiegerechte Ausstattung aufgelegt werden.

Der Vorsitzende des Verbands Deutscher Schullandheime, Heiko Frost, begrüßte den Antrag der Linksfraktion und wies auf die gesellschaftliche Bedeutung der gemeinnützigen Jugend- und Bildungsstätten hin. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig Demokratieförderung und Demokratievermittlung seien. Außerschulische Lernorte seien hierfür ein unverzichtbarer Bestandteil und müssten erhalten werden. Dies sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Im Bereich der außerschulischen Bildungsstätten existierten mehr als 5.000 Einrichtungen mit etwa 50.000 Arbeitsplätzen und einem geschätzten Jahresumsatz von 2,75 Milliarden Euro, führte Frost an.

Die Vorsitzende der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ), Susanne Keuchel, führte aus, dass das BKJ im Rahmen des Hilfspaketes der Bundesregierung Anträge auf Hilfen in Höhe von rund einer Million Euro von 39 Übernachtungsstätten der Kulturellen Kinder- und Jugendbildung bearbeitet habe. Der tatsächliche Liquiditätsengpass dieser Einrichtungen habe aber bei rund 2,2 Millionen Euro gelegen. Durch die Deckelung der Hilfen auf 400 Euro je Bett hätten zwei Drittel aller Einrichtungen nur einen deutlich geringeren Zuschuss beantragen können. Keuchel wies darauf hin, dass die Übernachtungs- und Bildungsstätten der Kinder- und Jugendarbeit voraussichtlich auch im kommenden Jahr von Schließungsanordnungen und Infektionsschutzanforderungen betroffen sein werden. Es sei daher unbedingt erforderlich, das Sonderprogramm auch im nächsten Jahr fortzuführen. Die bisherige Deckelung der Beihilfe auf 400 Euro pro Bett sollte wegfallen oder zumindest auf 800 Euro pro Bett erhöht werden, forderte Keuchel.

Dieser Forderung schlossen sich auch Lisi Maier vom Deutschen Bundesjugendring, Maritta Strasser von den Naturfreunden Deutschlands und Kar Weber, Sprecher der Gemeinsamen Initiative der Träger der Politischen Jugendbildung, aus. Lisi Maier unterstützte ebenso den Vorschlag der Linksfraktion, ein Programm für Sanierungs- und Bauerhaltungsmaßnahmen aufzulegen. Dies sollte jedoch nicht in Form von Krediten, sondern von Investitionen erfolgen. Auch Anke Miebach-Stiens von der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen sprach sich für ein solches Investitionsprogramm aus. In diesem Sinne argumentierte auch der Leiter der DGB-Jugendbildungsstätte Flecken Zechlin, Robert Sprinzl. Er kritisierte, dass die bisherigen Hilfsprogramme des Bundes lediglich auf das "blanke Überleben" der Einrichtungen ausgerichtet seien. Liquiditätshilfen seien aber auf Dauer nicht ausreichend, die Einnahmeausfälle der Einrichtungen müssten idealerweise ganz oder zumindest teilweise kompensiert werden. Auch Sprinzl sprach sich für ein Investitionsprogramm für Sanierungs- und Baumaßnahmen aus.



03. Mehr Durchblick mit digitaler Rentenübersicht

Arbeit und Soziales/Anhörung

Berlin: (hib/CHE) Die Einführung einer digitalen Rentenübersicht wird von Experten überwiegend positiv bewertet. Zu diesem Ergebnis kam eine Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag. Thema war zu einen der Gesetzentwurf (19/ 23550) der Bundesregierung für eine Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie für eine Modernisierung der Sozialversicherungswahlen (Gesetz Digitale Rentenübersicht) und zum anderen ein Antrag (19/22560) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für eine Reform der Sozialversicherungswahlen. Ein grundsätzlich positives Echo ernteten auch die Vorschläge, die Transparenz bei Rehabilitationsangeboten zu verbessern und die Modalitäten der Sozialwahlen zu verändern, wenngleich hier Nachbesserungsbedarf gesehen wurde. Unter anderem wurde mehrfach darauf gedrängt, das Instrument der Friedenswahlen durch die Neuregelungen nicht zu erschweren.

Der Gesetzentwurf der Regierung sieht neben der Bündelung der Rentenvorsorgeinformationen verschiedener Träger unter anderem auch vor, die Rahmenbedingungen für die Ausübung eines Ehrenamtes in der Sozialversicherung zu verbessern und mehr Geschlechtergerechtigkeit bei der Listenbesetzung zu erreichen. Bei der Rehabilitation soll das "offene Zulassungsverfahren" reformiert werden. Ziel ist es, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit bei der Beschaffung medizinischer Rehabilitationsleistungen durch die Träger der Rentenversicherung zu verbessern. Neben dem Wunsch- und Wahlrecht des versicherten Rehabilitanden sollen die Selbstverwaltung der Rentenversicherung und die Interessen der Rehabilitationseinrichtungen gestärkt werden.

Reinhold Tiede von der Deutschen Rentenversicherung äußerte sich optimistisch, dass durch die geplante digitale Rentenübersicht der Kenntnisstand der Versicherten über ihre zu erwartende Rente wirklich verbessert werde. Bisher sei die Altersvorsorge für die meisten Menschen ein Puzzlespiel, aus dem sich kein Bild ergebe, sagte Andreas Hackethal, Wirtschaftsprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt. "Ziel muss sein, die Bausteine zusammenzufügen." Es müsse sichergestellt werden, dass die Daten nicht in fremde Hände gelangten, sondern nur in jene des Versicherten, betonte Klaus Stiefermann von der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung. Dafür sei die Nutzung der Steuer-Identifikationsnummer eine gute Möglichkeit, sagte er. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert in seiner Stellungnahme, dass das Gesetz nur grobe Linien für die Umsetzung der Rentenübersicht entwerfe. "Eine klare gesetzliche Vorgabe für die Ausgestaltung, insbesondere im Interesse der Versicherten, fehlt jedoch", schreibt der DGB. Bisher seien vor allem die Anbieter mit ihren spezifischen Interessen in der Erarbeitung der Rentenübersicht vertreten.