header-placeholder


image header
image
kw42 de regierungsbefragung bild

Heute im Bundestag : Amtschef bestreitet Nähe zu Autoindustrie.

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen
Fr., 27. Januar 2017

Übersicht


* Pofalla nur rudimentär informiert
* Offene Ermittlungsstränge im NSU-Komplex
* Amtschef bestreitet Nähe zu Autoindustrie

[-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-]-
Pofalla nur rudimentär informiert
1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss



Berlin: (hib/WID) Berlin (hib/wid) Das Kanzleramt ist im Herbst 2013 nur in äußerst rudimentärer Form über Lauschangriffe des Bundesnachrichtendienstes (BND) auf Einrichtungen verbündeter Staaten unterrichtet worden. Dies erklärte der damalige Amtschef Ronald Pofalla am Donnerstag in seiner Vernehmung durch den 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Vermutlich am 28. Oktober habe BND-Präsident Gerhard Schindler ihm mündlich mitgeteilt, dass seine Behörde "in Krisenländern befreundete Botschaften aufgeklärt" habe. Weitere Einzelheiten habe Schindler nicht nennen können. "Ich habe klar gemacht, dass ich den festen und klaren Willen habe, dass das zu unterlassen ist", betonte der Zeuge. 


Im Dialog mit den Abgeordneten blickte Pofalla auf seinen Dienstalltag im Sommer 2013 zurück, als die Enthüllungen des US-Geheimdienstkritikers Edward Snowden über Machenschaften seines ehemaligen Auftraggebers, der National Security Agency (NSA), fast täglich neue Schlagzeilen produzierten. In den Monaten Juni bis September habe die Affäre 70 bis 80 Prozent seiner Arbeitszeit verschlungen. Er habe ganze Sonntage mit zuständigen Mitarbeitern verbracht, um die Fülle der Anfragen zu beantworten. "Ich habe gegenüber dem BND deutlich gemacht, dass ich sofort informiert werden will, wenn es Vorwürfe gegen den BND gibt, die die Glaubwürdigkeit des BND in Frage stellen", betonte der Zeuge. 


In der Unterredung am 28. Oktober, an der auch Geheimdienstkoordinator Günter Heiß teilnahm, habe Schindler lediglich von "befreundeten Botschaften" gesprochen. Er habe nicht sagen können, welche diplomatischen Vertretungen betroffen waren. Er habe nicht einmal gewusst, von welchen "Krisenländern" die Rede war, und ob auch Botschaften in anderen Regionen überwacht wurden. Schindler habe den Eindruck erweckt, dass er selbst den Sachverhalt "auch gerade unmittelbar erfahren" hatte, und dass dies "auch für ihn überraschend" gewesen sei. Da der BND-Chef "nicht auskunftsfähig" gewesen sei, habe er "um weitere Klärung" gebeten und angeordnet, ihm "direkt und umfassend schriftlich zu berichten", sagte Pofalla. Der Bericht habe ihn vor dem Ende seiner Amtszeit am 17. Dezember 2013 allerdings nicht mehr erreicht. 


Da der Sachverhalt aus seiner Sicht mit Schindlers mündlicher Mitteilung nicht abschließend geklärt gewesen sei, habe er es unterlassen, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu unterrichten, erklärte der Zeuge weiter. Er habe ihr prinzipiell immer nur solche Vorgänge mitgeteilt, über die für ihn selbst keinerlei Unklarheiten mehr bestanden. Aus demselben Grund habe er auch seinen Nachfolger Peter Altmaier (CDU) bei der Amtsübergabe nicht in Kenntnis gesetzt. 


Er habe allerdings keinen Anlass zum Zweifel gehabt, dass der angeforderte Bericht des BND das Kanzleramt früher oder später erreichen werde, betonte Pofalla. Er habe Schindler als einen Behördenchef kennengelernt, der "selber Tempo gemacht" habe beim BND, um die Aufklärung der Affäre voranzutreiben. Er habe nie den Eindruck gehabt, dass Schindler irgendetwas habe verzögern wollen. Er sei ein "sehr autonomer Mann" gewesen, der versucht habe, "den BND vernünftig weiterzuentwickeln, und von manchen Dingen auch überrascht war". Er habe freilich oft zwei bis drei Monate benötigt, "um bestimmte Sachverhalte so zu klären, dass er sie mir als gesichert vortragen konnte". 


Ausdrücklich widersprach Pofalla dem von mehreren Zeugen erweckten Eindruck, erst Angela Merkels wiederholte Erklärungen gegen das "Abhören unter Freunden" hätten den BND zur kritischen Selbstprüfung veranlasst. Dies sei eine "naive Vorstellung".

[-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-]-
Offene Ermittlungsstränge im NSU-Komplex
3. Untersuchungsausschuss (NSU)/Ausschuss



Berlin: (hib/FZA) Der 3. Untersuchungsausschuss (NSU II) des Bundestages unter Vorsitz von Clemens Binninger (CDU) hat am Donnerstag, 26. Januar 2017, erneut auf offene Spuren im NSU-Verbrechenskomplex hingewiesen. Im Zentrum der öffentlichen Zeugenbefragung stand diesmal die Ermittlungsarbeit des Bundeskriminalamtes. Als Zeuge war Otmar Soukup, Leitender Kriminalkommissar des BKA, geladen. 


Soukup leitete von November 2011 bis August 2012 die sogenannte Besondere Aufbauorganisation "BAO Trio", die nach der Enttarnung der rechten Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) eingerichtet worden war, um die bundesweite Verbrechensserie des NSU polizeilich aufzuarbeiten und Beweise für den aktuellen Strafprozess gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte am Oberlandesgericht in München zu sammeln. Dem NSU wird zur Last gelegt, über dreizehn Jahre hinweg insgesamt zehn Morde, 15 Raubüberfälle und drei Sprengstoffanschläge begangen zu haben. 


Die Abgeordneten konfrontierten Soukup mit einer ganzen Reihe von Ermittlungsansätzen, die dem Urteil des Ausschusses nach noch nicht ausermittelt worden sind. Ein Thema war dabei einmal mehr der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter, die im April 2007 in Heilbronn mutmaßlich von den NSU-Mitgliedern Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos erschossen worden ist. Der Mordfall sei weiterhin "ein offenes Buch mit vielen Fragezeichen", sagte SPD-Obmann Uli Grötsch. 


Der Ausschuss hat die bisherigen Ermittlungsergebnisse, nach denen die NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die alleinigen Täter waren, in der Vergangenheit mehrfach kritisch hinterfragt. In Bezug auf den Heilbronner Mordfall beschäftigte sich der Ausschuss unter anderem mit den Aussagen mehrerer Zeugen, die unabhängig voneinander mehrere Täter gesehen haben und die ein zuständiger Kriminalbeamter vor dem Ausschuss als glaubhaft beschrieben hat. Zwischenzeitlich waren die Ermittler in Heilbronn von bis zu sechs Tätern ausgegangen. 


Der Vorsitzende Binninger wies darauf hin, dass an keinem der NSU-Mordtatorte DNA von Mundlos und Böhnhardt gefunden worden sei, dafür aber zahlreiche anonyme DNA-Spuren, die bis heute keiner Person zugeordnet werden können. Insbesondere verwies er auf zwei DNA-Funde, einer männlichen und einer weiblichen Spur, die an der Kleidung des Mordopfers Kiesewetter und ihres bei dem Überfall lebensgefährlich verletzten Kollegen Martin Arnold sicher gestellt worden sei. 


Da die Täter nach den Schüssen auf Kiesewetter und Arnold nachweislich an ihre Opfer herantraten, um ihnen unter anderem die Dienstwaffen zu entwenden, liegt die Vermutung nahe, dass die Spuren von ihnen stammen könnten. Binninger fragte Soukup, warum gerade diese Spuren nicht abschließend untersucht worden seien. Der zuständige Einsatzabschnitt sei vom BKA geschlossen worden, noch bevor die Überprüfung der Spuren abgeschlossen gewesen sei. Soukup war dieser Umstand nicht bekannt: "Wer die Entscheidung getroffen hat, das zu stoppen, kann ich Ihnen nicht sagen." Der Ausschuss fordert schon seit Längerem eine Komplettrevision des DNA-Spurenkomplexes und der an den Tatorten erhobenen Funkzellendaten. 


Wie Soukup deutlich machte, teilt er die Zweifel an der alleinigen Täterschaft von Böhnhardt und Mundlos nicht. Hinweise auf weitere Mittäter seien intensiv geprüft worden, hätten sich aber letztendlich nicht erhärtet. Auch die lange gehegte Hypothese, dass es sich bei dem Heilbronner Polizistenmord um eine Beziehungstat oder einen gezielten Racheakt handeln könnte, habe sich nicht bestätigt. Ein Grund für diese Annahme war, dass Kiesewetter und die NSU-Täter aus derselben Region in Thüringen stammen. Den Ermittlungsergebnissen nach waren Kiesewetter und Arnold Zufallsopfer. Welche Bezüge der NSU nach Heilbronn und zu den weiteren neun Mordtatorten hatte und wie er seine Anschlagsziele im Einzelnen auswählte, sei weiterhin ungeklärt, bestätigte Soukup. 


Obfrau Petra Pau (Die Linke) kritisierte, gerade gegen V-Personen des Verfassungsschutzes im Umfeld des NSU sei zuweilen nur mit angezogener Handbremse ermittelt worden. Sie verwies unter anderem auf einen im NSU-Komplex bereits hinreichend bekannten Kölner Neonazi und langjährigen V-Mann des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen, der zwischenzeitlich mit einem der Sprengstoffanschläge des NSU in Verbindung gebracht worden ist. Trotz eines Hinweises des Bundesamts für Verfassungsschutz auf eine mögliche Mittäterschaft des V-Manns bei dem Anschlag sei nicht einmal eine Woche lang gegen ihn ermittelt worden. Vorhandene Lichtbilder des Verdächtigen seien nicht in die Ermittlungen eingeflossen, auch sei er nie persönlich vernommen worden. Warum das in diesem Fall nicht geschehen ist, konnte auch Soukup nicht sagen.

[-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-]-
Amtschef bestreitet Nähe zu Autoindustrie
5. Untersuchungsausschuss/Ausschuss



Berlin: (hib/STU) Der Präsident des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA), Ekhard Zinke, weist Vorwürfe der Kungelei seiner Behörde mit der Automobilindustrie von sich. Sein Amt sei seit Jahrzehnten der Objektivität und Neutralität verpflichtet, sagte Zinke am Donnerstagabend im Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages. "Das ist und war mir immer ein sehr hohes Anliegen." Es treffe ihn persönlich, wenn dem KBA Mauschelei vorgehalten und es als "Bettvorleger der Industrie" bezeichnet werde. 


Der KBA-Präsident gehört der von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im September 2015 eingesetzten Untersuchungskommission an. Zinke bezog sich unter anderem auf eine bekannt gewordene Mail an zwei Mitarbeiter seines Hauses, in der er Einwände von Opel auf den Berichtsentwurf für nachvollziehbar erklärte und "Mit industriefreundlichem Gruß" endete. Zinke sprach von einer "bitterironischen Formulierung" angesichts der großen Arbeitsbelastung in seinem Hause, die,"nicht den Funken an Ernsthaftigkeit" gehabt habe und von den beiden Kollegen auch nicht so verstanden worden sei. 



Das KBA steht in der Kritik, weil es illegale Abschalteinrichtungen, mit denen Volkswagen die Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen manipulierte, nicht erkannte. Zinke sagte, davon habe er am 18. September 2015 aus den ARD-"Tagesthemen" erfahren. Auch den Begriff Abschalteinrichtung habe er zuvor nicht gekannt. Ausschussmitglieder der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen zeigten sich darüber erstaunt. Immerhin regelt eine EU-Verordnung von 2007 deren grundsätzliches Verbot und den erlaubten Einsatz in Ausnahmefällen, etwa zum Motorschutz. Verstöße sollen mit wirksamen und abschreckenden Sanktionen belegt werden. Zu dieser Frage wollte Zinke mit Blick auf das im Dezember von der EU-Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren nichts sagen. Brüssel wirft der Bundesregierung und sechs weiteren Staaten vor, keine Sanktionen gegen VW verhängt und nicht alle Informationen aus der nationalen Untersuchung offengelegt zu haben. 


Verkehrsminister Dobrindt hatte nach Bekanntwerden des VW-Skandals eine Untersuchungskommission eingesetzt. VW wurde verpflichtet, die umstrittene Software zu beseitigen. Warum man VW nicht die Typgenehmigung entzogen habe, wollte der Grünen-Obmann Oliver Krischer vom zuständen KBA-Referatsleiter Klaus Pietsch wissen. Laut Verwaltungsrecht müsse das mildeste Mittel genutzt werden, antwortete dieser. Dies sei die nachträgliche Anordnung gewesen, wieder den gesetzeskonformen Zustand der Autos herzustellen. 


Die Kommission nahm auch andere Hersteller unter die Lupe, insgesamt 53 Modelle. Die Nutzung illegaler Abschalteinrichtungen wie bei VW konnte nicht nachgewiesen werden, jedoch wiesen viele andere Fahrzeuge auffällige Stickoxid-Emissionen auf. Sie nutzten sogenannte Thermofenster, außerhalb derer die Abgasreinigung abgeriegelt wird. Die Hersteller erklären dies mit dem Motorschutz. Letztlich wurden sie nicht zu Rückrufen verpflichtet, sondern erklärten sich freiwillig zur Nachrüstung bereit. Europaweit rund 630.000 Autos von Audi, Mercedes, Opel, Porsche und VW waren betroffen. 


Vor der Veröffentlichung des Kommissionsberichts am 22. April 2016 wurden die betreffenden Hersteller einbestellt und um Stellungnahmen gebeten. Zinke bestritt, dass Formulierungen "abgestimmt" worden seien. "In keinem Fall habe sich das KBA von der Bewertung der Industrie beeinflussen lassen", betonte der KBA-Präsident. Man habe aber sicherstellen müssen, dass man bei den Messungen von richtigen technischen Sachverhalten ausgehe. So wollte das KBA laut Zinke auch teuren Schadenersatzklagen vorbeugen. 



Einschließlich Zinke standen in den vergangenen Wochen sieben Mitarbeiter des KBA dem Ausschuss Rede und Antwort. Das Amt untersteht dem Bundesverkehrsministerium.

[-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-][-]-
Deutscher Bundestag - Fr., 27. Januar 2017