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LAMBSDORFF-Gastbeitrag: Handelsmacht Europa, super!



Das FDP-Präsidiumsmitglied und Vizepräsident des Europäischen Parlaments Alexander Graf Lambsdorff schrieb für die „Welt“ (Mittwoch-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Heute stimmt das Europäische Parlament über Ceta ab. Dabei geht es um mehr als Zölle und Marktzugangsregeln, es geht um die Zukunft der EU an sich. Rechts- und linkspopulistische Bewegungen haben sich zusammengefunden, um die gemeinsame Handelspolitik, eines der erfolgreichsten Felder europäischer Zusammenarbeit, zu zerstören.

Zwischen Marine Le Pen und Attac gibt es da keinen Unterschied, so wenig wie zwischen Donald Trump und der Linkspartei. Auch der DGB und die Grünen haben die Mär vom bedrohlichen Kanada verbreitet, das mit seinen 30 Millionen Menschen eine elementare Bedrohung für Sicherheit und sozialen Zusammenhalt von 500 Millionen Europäern sein soll.

Was für ein Unsinn! Wenn es nicht einmal mehr gelingt, ein Abkommen mit dem sozialliberalen, europäisch geprägten Kanada auszuhandeln, mit wem wollen wir dann überhaupt noch handeln?

Die Antwort auf Verunsicherung in der Bevölkerung darf nicht Abschottung sein. Stattdessen braucht es zweierlei: ein klares Bekenntnis zu offenen Märkten und eine ehrliche, kritische und offene Debatte darüber, wie die Spielregeln für den Handel künftig aussehen sollen.

Europa und die Europäer sind doch nicht zufällig Teil der Globalisierung, wir sind eine ihrer treibenden Kräfte und einer ihrer Hauptnutznießer.

Die Liste europäischer Exportschlager ist lang. Kein Land hat in den vergangenen Jahren stärker davon profitiert als Deutschland. 2016 wurde erneut ein Rekordüberschuss im Außenhandel erzielt, mittlerweile hängen hierzulande mehr als zehn Millionen Arbeitsplätze vom Export ab.

Doch die Welt steht nicht still, Umfang und Art der Nachfrage ändern sich in fast allen Märkten kontinuierlich. Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds entstehen in den nächsten zehn Jahren rund 90 Prozent der weltweiten Nachfrage außerhalb Europas.

Es ist die Pflicht der europäischen Politik, diese Märkte für unsere Unternehmen zu öffnen und ihre Wachstumspotenziale zu erschließen. Das ist auch eine soziale Frage: Wie sollen die Arbeitslosen in Südeuropa denn neue Jobs finden, wenn die Wachstumskraft des Handels geschwächt wird?

Zumindest Grünen-Chef Özdemir hat den Irrweg seiner Partei erkannt, ruderte bei Ceta zurück und signalisierte eine mögliche Zustimmung.

Die Frage muss erlaubt sein: Ist die von den Kampagneros mit „Fake Facts“ fantasievoll ausgemalte Bedrohung durch vermeintliche Hormonfleischimporte, klagewütige Großkonzerne und die „Aushöhlung von Demokratie und Rechtsstaat“ nach der Wahl von Trump plötzlich gewichen? Oder ist diese Kehrtwende als Eingeständnis zu werten, dass die Grünen einer Lügenkampagne aufgesessen sind?

Aus liberaler Sicht besteht kein Zweifel daran, dass Ceta ein gutes Abkommen ist, das breiteste Unterstützung verdient. Es ist umso wichtiger, weil unser größter Handelspartner USA weniger verlässlich geworden ist.

Dabei eröffnet die Wahl von Trump auch Chancen. Wo sich die USA aus dem Welthandel zurückziehen, bieten sich Räume für Europa. Dies zeigt sich in Mexiko, wohin Handelskommissarin Malmström gerade wirtschaftliche Brücken baut – statt Mauern wie Trump.

Auch mit Japan, der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt, gehen die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen nun zügig voran. Das trumpsche Dekret, mit dem sich die USA aus dem transpazifischen Abkommen TPP verabschiedet haben, wirkt dabei wie ein Katalysator. Als größter Markt der Welt ist die EU wirtschaftlich eine Supermacht.

Europa hat es in der Hand, aus der Not eine Tugend zu machen und auch in Zukunft für gelingenden Welthandel einzutreten. Die Zustimmung zu Ceta wird dabei heute der erste wichtige Schritt sein.