Herzexpertin: Bei diesen Herzinfarkt-Symptomen sollten Frauen aufmerksam sein.
Foto: Prof. Dr. med. Christiane Tiefenbacher
Frankfurt/M. Laut Statistischem Bundesamt sind
Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland nach wie vor die führende
Todesursache bei Frauen. Im Jahr 2016 verstarben 185.867 Frauen an einer
Herz-Kreislauf-Erkrankung, davon 20.539 an einem Herzinfarkt (Myokardinfarkt).
„Viele Herzinfarkt-Todesfälle bei Frauen ließen sich
vermeiden, würden die Herzinfarkt-Symptome richtig gedeutet – und so wertvolle
Zeit gewonnen“, sagt Prof. Dr. med. Christiane Tiefenbacher vom
Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und Chefärztin der
Kardiologie am Marien-Hospital Wesel.
Für Frauen wie für Männer gilt: Zögern sie bei
Herzinfarkt oder akuten Brustschmerzen zu lange mit dem Notruf 112, riskieren
sie ihr Leben (www.herzstiftung.de/Anzeichen-Herzinfarkt.html).
In dieser Verzögerung liegt die Gefahr, dass der Patient plötzlich
Herzkammerflimmern bekommt, ohnmächtig wird und in wenigen Minuten am
Plötzlichen Herztod versterben kann. Ebenso kann durch den Infarkt ein größerer
Teil des Herzmuskels irreparabel zerstört werden und der Patient entwickelt
dadurch akut oder auch langfristig eine Herzschwäche. Beim Herzinfarkt zählt
deshalb jede Minute nach dem Prinzip: Zeit ist Herzmuskel.
Frauen rufen später den Notarzt als Männer
Bei über 65-jährigen Frauen vergehen bis zu viereinhalb
Stunden, bis sie in der Notaufnahme sind. Bei jüngeren Frauen dauert es
durchschnittlich zweieinhalb Stunden. Im Vergleich: Bei über 65-jährigen
Männern sind es rund dreieinhalb Stunden, bei jüngeren Männern gut drei
Stunden, wie die von der Deutschen Herzstiftung geförderte „MEDEA-Studie“ des
Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) in Kooperation mit dem
HelmholtzZentrum München und der Technischen Universität München zeigt.*
Herzinfarkt-Symptome: „Vernichtungsschmerz“ fehlt bei
älteren Frauen oft
Es gibt mehrere Ursachen für diese enorme
Verzögerungszeit bei Frauen. Zum einen leben ältere Frauen oft alleine und
haben im Notfall niemanden, der ihnen bei einem Herzinfarkt Hilfe holt. Zum
anderen erkennen sie den Herzinfarkt häufig nicht als solchen. Die
Herzinfarkt-Symptome sind vor allem bei älteren Frauen oft unspezifisch. Bei
ihnen tritt seltener ein starker Schmerz im Brustkorb (Vernichtungsschmerz)
auf. „Das Fehlen von Brustschmerzen ist ein Alterseffekt, der auch bei Männern
zu finden ist. Je älter die Herzinfarkt-Betroffenen sind, desto weniger
Brustschmerz nehmen sie wahr. Ältere Herzinfarkt-Patientinnen empfinden
häufiger eher ein Druck- oder Engegefühl in der Brust“, erklärt Prof.
Tiefenbacher. Begleitet ist dieses häufig von Oberbauchbeschwerden, Übelkeit,
Erbrechen, Schweißausbruch, Rückenschmerzen, Kurzatmigkeit und Müdigkeit.
Schmerzen im Oberbauch: Frauen vermuten oftmals eine Magenverstimmung
Da die Beschwerden in der Brust bei älteren Frauen
weniger intensiv ausgeprägt sind, rücken die unspezifischen
Herzinfarkt-Symptome wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen in den
Vordergrund. „Diese werden von den betroffenen Frauen nicht selten
fälschlicherweise als harmlose Magenverstimmung gedeutet. Der lebensrettende
Anruf bei der Rettungsstelle bleibt dann aus – oder findet erst verspätet
statt“, weiß Prof. Tiefenbacher. Die Kardiologin rät Frauen, bei Verdacht auf
einen Herzinfarkt sofort den Rettungsdienst unter der 112 zu rufen. Ältere
Frauen haben zudem die Möglichkeit, sich einem Hausnotrufsystem anzuschließen,
wie es der Malteser Hilfsdienst, die Johanniter, der Arbeiter-Samariter-Bund,
das Deutsche Rote Kreuz und andere anbieten.
Diabetes und Bluthochdruck erhöhen Herzinfarkt-Risiko bei
Frauen
Die meisten Frauen erleiden einen Herzinfarkt etwa zehn
Jahre nach der Menopause. Bis zu den Wechseljahren sind die Herzkranzgefäße
durch die Geschlechtshormone (Östrogene) relativ gut geschützt. Jedoch können
auch Frauen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren gefährdet sein, besonders wenn
sie rauchen. Neben Rauchen gehören Diabetes, Fettstoffwechselstörungen,
Bluthochdruck, Übergewicht, Bewegungsmangel und Stress zu den Risikofaktoren
für einen Herzinfarkt. Die genannten Einflussgrößen begünstigen die Koronare
Herzkrankheit (KHK).
Koronare Herzkrankheit geht Herzinfarkt voraus
Bei der Koronaren Herzkrankheit handelt es sich um eine
Herzkranzgefäßerkrankung, bei der sich die Herzkranzgefäße verengen, die das
Herz mit Blut versorgen. Verstopfen die Ablagerungen aus Fett und Kalk
(Plaques) ein Gefäß komplett, ist ein Herzinfarkt die Folge. Die KHK geht dem
Herzinfarkt fast immer voraus. „Der beste Schutz vor dem Herzinfarkt ist und
bleibt ein gesunder Lebensstil“, betont Prof. Tiefenbacher. „Darüber hinaus
sollten Frauen regelmäßig ihr Herz checken lassen und die dafür vorgesehenen
Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Wird die Koronare Herzkrankheit frühzeitig
erkannt und behandelt, kann einem Herzinfarkt vorgebeugt werden.“
Anzeichen: Herzinfarkt
Der Herzinfarkt lässt sich durch folgende typische
Alarmzeichen erkennen:
• Was:
Schmerzen, die länger als fünf Minuten anhalten.
• Wo: im
Brustkorb, häufig hinter dem Brustbein. Manchmal auch nur im Rücken (zwischen
den Schulterblättern) oder Oberbauch (Verwechslung mit „Magenschmerzen“
möglich). Die Schmerzen können in die Arme, den Hals oder den Oberbauch
ausstrahlen.
• Wie: Die
Schmerzen sind flächenhaft und werden als brennend und drückend mit Engegefühl
in der Brust beschrieben.
Tipp: Was Frauen über ihr Herz wissen sollten, erläutert
der aktualisierte Sonderdruck der Deutschen Herzstiftung „Was ist bei Frauen
anders? Koronare Herzkrankheit“. Dieser kann kostenfrei telefonisch unter 069
955128-400 oder per E-Mail bestellung@herzstiftung.de (Stichwort: Frauen und
Herzinfarkt) angefordert werden. Das eigene Herzinfarktrisiko können
Interessierte mit dem Onlinetest „Herzinfarkt: Sind Sie gefährdet“ der
Deutschen Herzstiftung unter www.herzstiftung.de
ermitteln. Einen Überblick über die Herzinfarkt-Symptome bietet der Link www.herzstiftung.de/Anzeichen-Herzinfarkt.html
Foto: Bildnachweis - Marien-Hospital Wesel
Text: Deutsche Herzstiftung e.V