(Apothekerkammer S-A, 31. Mai 2017). „Wer sagt, dass der
Versandhandel modern und innovativ ist, der irrt. Genau das Gegenteil
ist der Fall. Er ist ein anonymer Logistiker ohne Händedruck und warme
Worte. Genau das aber liefert ihre Apotheke vor Ort, an 365 Tagen im
Jahr“, erklärt Dr. Jens-Andreas Münch ( Foto ), Präsident der Apothekerkammer
Sachsen-Anhalt. Grund für seine Aussagen ist der anstehende Tag der
Apotheke am 7. Juni.
Nach dem Motto „Näher am Patienten“ sichern die 599 Apotheken in
Sachsen-Anhalt täglich die flächendeckende Arzneimittelversorgung der
Bevölkerung. Darüber hinaus leisten sie weitere Gemeinwohlaufgaben, wie
etwa die Notdienste. Schließlich halten sich Krankheiten nicht an
Öffnungszeiten, Wochenenden oder Feiertage. In rund 45 Apotheken pro
Nacht erhalten Patienten die benötigten Medikamente und eine persönliche
Beratung. Pharmazeutische Sicherheit ist also garantiert – rund um die
Uhr, an sieben Tagen in der Woche. Und ist ein Medikament nicht sofort
verfügbar oder der Patient bettlägerig, bringt ein Bote es direkt nach
Hause. Dieser Bote ist immer ein Mitarbeiter der Apotheke und kann im
Bedarfsfall auch beraten.
Doch die Apotheken geraten unter Druck. Weil Internetversender immer
mehr Rezepte beliefern und anonym Päckchen verschicken wollen, könnten
Apotheken vor Ort in ihrer Existenz bedroht sein. „Noch sind die
Versorgung und insbesondere die Notdienste abgesichert. Wenn aber
international agierende Versandhändler sich die "Rosinen" aus unserem
System picken, ohne das zu leisten, was meine Apotheke vor Ort
absichert: Nacht- und Notdienst, persönliche Beratung,
Rezepturherstellung, Botendienste, dann könnten in absehbarer Zeit
zuerst die kleineren Apotheken auf dem Land schließen. Im Ergebnis
werden die Wege im Notfall extrem weit“, zeigt der Kammerpräsident eine
düstere Entwicklung auf.
Um diese Versorgungslücken nicht entstehen zu lassen, fordern die
Apotheker von der Politik ein Verbot des Versandhandels mit
verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Am 19. Oktober 2016 hatte der
Europäische Gerichtshof entschieden, dass sich ausländische
Versandhändler nicht mehr an die in Deutschland geltende
Arzneimittelpreisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel halten
müssen. Rabatte, wie sie Versender offerieren, dürfen und können die
Apotheken vor Ort nicht gewähren. Persönliche Betreuung und ständige
Präsenz von Fachpersonal sind auch mit höheren Kosten verbunden. „Unsere
hochqualifizierten Mitarbeiter geben nicht nur Arzneimittel ab, sondern
sie beraten zum Arzneimittel, beantworten Gesundheitsfragen, stellen
Arzneimittel her, bieten zahlreiche Serviceleistungen, leisten
Notdienste und vieles andere mehr“. erläutert Apotheker Dr. Münch.
Jeder Inhaber trägt die volle Verantwortung für seine Apotheke und gibt
der Apotheke ein individuelles Gesicht. Gerade das schätzen die
Patienten. Dr. Münch: „Wir sind die am einfachsten erreichbare
Anlaufstelle für eine erste Beratung zu gesundheitlichen Fragen - und
das ganz ohne Termin und Wartezeit.“
Politischer Hintergrund:
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte einen Gesetzentwurf
zum geplanten Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen
Arzneimitteln vorgelegt. Die SPD hat das Gesetz blockiert und sucht nach
Alternativen. Sie will die Apotheken erhalten und den als vermeintlich
modern gepriesenen Versand nicht behindern. Sie will die bundesweit
einheitlichen Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel aufheben.
Dabei dient dieses System dem Interessenausgleich. Die bundesweit
gleichen Preise für rezeptpflichtige Arzneimittel schützen einerseits
die Patienten davor, in einer Notlage überhöhte Preise zahlen zu müssen.
Andererseits machen sie eine unabhängige und objektive Beratung der
Patienten in der Apotheke vor Ort möglich. Die jetzige Situation mit
einem dem deutschen Recht widersprechenden Agieren ausländischer
Versender schwächt die Apotheken vor Ort und gefährdet die
flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln.