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Schule Lehrer Klasse   pexels

Magdeburg-News: Vorgriffstunde – trotz gewonnenen Urteils erneut in Sachsen-Anhalt vor Gericht


veröffentlicht am Freitag, 16. Mai 2025

Magdeburg/Halle. Der Lehrer Torsten Richter sieht sich gezwungen, auch in diesem Jahr erneut den Rechtsweg zu beschreiten, um die Vergütung seiner sogenannten Vorgriffsstunde einzufordern. Dies, obwohl er bereits im vergangenen Jahr vor dem Arbeitsgericht Halle in identischer Sache obsiegt hatte.
Im vergangenen Jahr hatte das Arbeitsgericht Halle im Fall von Torsten Richter entschieden, dass die Vorgriffsstunde monatlich und auch dann zu vergüten ist, wenn sie aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt. Das Gericht stellte klar, dass es sich bei der Vorgriffsstunde um einen festen Bestandteil der regelmäßigen Arbeitszeit handelt, der auch bei Entgeltfortzahlung an Feiertagen zu berücksichtigen ist. 

Trotz dieses rechtskräftigen Urteils verweigert das Land Sachsen-Anhalt in vergleichbaren Fällen weiterhin die Auszahlung der Vergütung. Torsten Richter sieht sich daher gezwungen, erneut Klage beim Arbeitsgericht einzureichen, um seine Ansprüche durchzusetzen.

„Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass ich trotz eines klaren und rechtskräftigen Urteils erneut den Klageweg beschreiten muss. Dies ist nicht nur für mich persönlich belastend, sondern wirft auch grundsätzliche Fragen zum Umgang mit gerichtlichen Entscheidungen im öffentlichen Dienst auf“, erklärt Torsten Richter,  der gleichzeitig Mitglied des Landesvorstandes der GEW Sachsen-Anhalt ist.

Der Fall verdeutlicht die bestehenden Unsicherheiten bei der praktischen Umsetzung der Vorgriffsstunden-Regelung in Sachsen-Anhalt und wirft Fragen hinsichtlich der Verlässlichkeit und Rechtsverbindlichkeit von gerichtlichen Entscheidungen im öffentlichen Dienst auf. Die wiederholte Notwendigkeit gerichtlicher Klärung bindet Ressourcen und belastet das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrkräften und dem Land Sachsen-Anhalt enorm.


Hintergrund: Die sogenannte Vorgriffsstunde wurde im Land Sachsen-Anhalt im Jahr 2023 als zusätzliche wöchentliche Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte eingeführt, um dem anhaltenden Lehrkräftemangel zu begegnen. Die Lehrkräfte können sich diese Stunde entweder auszahlen lassen oder sie auf ein Arbeitszeitkonto gutschreiben lassen. Das Land Sachsen-Anhalt kam der Verpflichtung zur monatlichen Zahlung nicht nach und verweigerte auch die Entgeltzahlung an Feiertagen, die sich für alle Arbeitnehmer aus dem Entgeltfortzahlungsgesetzes ergibt.

Dauraufhin hatte das Arbeitsgericht Halle im Fall von Torsten Richter mit Urteil vom 10. Juli 2024 – 3 Ca 1900/23 –  entschieden, dass die Vorgriffsstunde nicht nur monatlich zu zahlen sondern auch dann zu vergüten ist, wenn sie aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt. Das Land Sachsen-Anhalt zahlte im verurteilten Rahmen der Leistungsklage und stellt die Anwendung des Urteils auf weitere Feiertage in Abrede. Damit muss nun das Arbeitsgericht Halle nochmals – nun im Rahmen einer Feststellungsklage - über den Anspruch entscheiden. 


Text: GEW Sachsen-Anhalt
Symbolfoto: pexels