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Weltall Erde pixabay

Magdeburg-News: Geheime Weltraum- und Körperforschung der DDR • Autorin Ines Geipel liest aus ihrem Buch


veröffentlicht am Montag, 17. Oktober 2022

Magdeburg. Die Idee war so ambitioniert wie anmaßend: den Kommunismus auch im All real werden zu lassen. Und die Realität? Um einen "Körper mit optimaler Normierung" zu kreieren, wurde ab den 70er Jahren im Osten in hochgeheimen Laboren geforscht. Was surreal klingt, findet sich belegt in den Akten des Militärs der DDR, aber auch bei denen, deren Körper zum Material dieses Staatstraumas gemacht wurden. 

Einblicke in ein bisher unentdecktes Kapitel der DDR-Geschichte verspricht die Autorin Ines Geipel in ihrem aktuellen Buch "Schöner neuer Himmel". Am Donnerstag, 20. Oktober, stellt sie um 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek ihre Forschungsergebnisse aus den einstmals verborgenen Militärlaboren öffentlich vor. 

Ines Geipel hat auch ihr jüngstes Sachbuch in eine pointierte Sprache mit eingängigen Bildern gekleidet. Die bestechend dichte Erzählung wirft ein scharfes Licht auf ein bislang ausgeblendetes Erbe der DDR und ist zugleich eine Zeitdiagnose über Körperforschung, die scheinbar keine Grenzen mehr kennt. Aus den Verschlussakten der DDR-Militärforschung setzt Ines Geipel ein verstörendes Bild zusammen: Experimentiert wurde nicht nur an Tieren, sondern auch an Menschen, in Krankenhäusern, Gefängnissen, an Soldaten und im Hochleistungssport. 

Der "Neue Mensch im All" galt im Weltraumprogramm der Sowjetunion als absoluter Leitstern und löste in der DDR zwischen 1972 und 1989 eine gründliche Forschungstätigkeit aus. Die Unterwerfung und Beherrschung des Kosmos sollte durch Hochleistungsflieger, die sich über Jahre im All aufhalten konnten, möglich werden. Ziel war ein maximal normierter und bedürfnisloser Körper. Die Idee war so ambitioniert wie anmaßend: den Kommunismus auch im All real werden zu lassen. Um einen "Körper mit optimaler Normierung" zu kreieren, wurde ab den 70er Jahren geforscht. Was zunächst surreal anmutet, belegt die Autorin auch im Gespräch mit Zeitzeug*innen, deren Körper zum Material dieses Staatstraumas gemacht wurden. Doch die Autorin belässt es nicht bei der Rückschau. "Das Streben nach der Vorherrschaft im Kosmos ist nicht Vergangenheit, sondern erfährt heute eine Renaissance", warnt Ines Geipel. 

Ines Geipel, geboren 1960, ist Schriftstellerin und Professorin für Verssprache an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch". Die ehemalige Weltklasse-Sprinterin floh 1989 aus Jena nach Westdeutschland und trug mit ihren Veröffentlichungen wesentlich dazu bei, dass ein Entschädigungs-Fonds für DDR-Dopinggeschädigte eingerichtet wurde. Als studierte Germanistin und Soziologin publizierte sie fortlaufend zu weiteren gesellschaftlichen Themen wie Amok und der Geschichte der DDR. Die vielfach ausgezeichnete, aber auch angefeindete Autorin erhielt 2020 den Lessingpreis für Kritik. 

Gemeinsam mit der Stadtbibliothek Magdeburg lädt die Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt alle interessierten Besucher herzlich zur Lesung mit Ines Geipel am Donnerstag, 20. Oktober, um 19.30 Uhr in die Zentralbibliothek der Stadtbibliothek, Breiter Weg 109, ein. Der Eintritt ist frei.
Stadtbibliothek Magdeburg

Text: Landeshauptstadt Magdeburg
Foto: pixabay