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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Fr.., 15. Januar 2021 

  1. Pkw-Maut: Ex-Staatssekretär widerspricht den Betreibern
    2. Untersuchungsausschuss/Ausschuss
  2. Kreditgeber hatten lange keine Zweifel an Wirecard-Bilanzen
    3. Untersuchungsausschuss/Ausschuss


01. Pkw-Maut: Ex-Staatssekretär widerspricht den Betreibern

2. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/CHB) Der ehemalige Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Gerhard Schulz, hat ausgeschlossen, dass die Bieter für die Erhebung der Pkw-Maut angeboten haben, mit der Vertragsunterzeichnung bis nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu warten. "Ich bin aus meiner heutigen Sicht überzeugt, dass es ein solches Angebot von Herrn Schulenberg nicht gegeben hat", sagte Schulz am Donnerstag im 2. Untersuchungsausschuss ("Pkw-Maut"). Damit bekräftigte er die Aussage, die er in seiner ersten Vernehmung im Ausschuss am 1. Oktober 2020 getätigt hatte.

Schulz war bis Februar 2019 beamteter Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und ist seither Vorsitzender der Geschäftsführung der bundeseigenen Toll Collect GmbH. Mit seinen Äußerungen widersprach er der Darstellung, die Klaus-Peter Schulenberg und Georg Kapsch, die Chefs der beiden am Bieterkonsortium beteiligten Firmen CTS Eventim und Kapsch TrafficCom, im Ausschuss gegeben hatten. Demnach bot Schulenberg am 29. November 2018 in einem Gespräch mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Staatssekretär Schulz an, mit der Unterzeichnung des Betreibervertrags zuzuwarten.

In seinem rund 70-minütigen Eingangsstatement begründete Schulz detailliert, warum er überzeugt sei, dass es ein solches Angebot nicht gegeben haben könne. Man sei zu diesem Zeitpunkt von einer Vertragsunterzeichnung weit entfernt gewesen, da noch gar kein zuschlagfähiges Angebot auf dem Tisch gelegen habe. Zudem finde sich in den Unterlagen des Verkehrsministeriums nicht der geringste Hinweis auf ein solches Angebot. Dies sei bemerkenswert, da er, Schulz, ein solches Angebot auf jeden Fall an die Arbeitsebene weitergeleitet hätte. Hinzu komme, dass die Chefs des Bieterkonsortiums zuvor die lange Dauer des Vergabeverfahrens kritisiert hätten. An einer weiteren Verschiebung hätten sie keinerlei wirtschaftliches Interesse gehabt.

Es spreche für sich, dass ein Vermerk der Betreiberseite über das angebliche Angebot zur Verschiebung erst wenige Tage vor seiner Vernehmung am 1. Oktober 2020 angefertigt worden sei, sagte der Zeuge weiter. In diesem Zusammenhang griff Schulz die Frage auf, was Schulenberg und Kapsch zu ihrer Aussage veranlasst haben könnte. Dabei verwies er auf das laufende Schiedsverfahren und erklärte, dass sich dessen Ergebnis direkt auf das persönliche Vermögen der beiden Zeugen auswirke. Außerdem werde in Verhandlungen nicht selten die Schwächung des Spitzenpersonals der Gegenseite "gezielt herbeigeführt".

Ausführlich schilderte Schulz auch ein vorangegangenes Spitzentreffen am 3. Oktober 2018. Daran teil nahmen neben Schulz Minister Scheuer sowie Georg Kapsch und Volker Schneble von den Bietern. Das zu diesem Zeitpunkt noch laufende Verfahren zur Erhebung der Infrastrukturabgabe (Pkw-Maut) sei ausdrücklich nicht Thema dieses Gesprächs gewesen, betonte der Zeuge. Vielmehr habe der Minister Kapsch kennenlernen wollen. Zudem habe er sich erhofft, über den einflussreichen österreichischen Unternehmer einen Gesprächsfaden zur österreichischen Regierung aufzunehmen, die vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage gegen die deutsche Pkw-Maut erhoben hatte.

Zu diesem Zeitpunkt sei nicht klar gewesen, dass zum Ende der Bieterfrist am 17. Oktober 2018 nur ein einziges Angebot eingehen würde, führte Schulz weiter aus. Zwar hätten die drei anderen ursprünglichen Bieterkonsortien zuvor mitgeteilt, kein Angebot abgeben zu wollen. Sie seien aber alle informiert worden, dass die Angebotsfrist verlängert und die Startvergütung von 60 auf 100 Millionen Euro angehoben werde. Der Bieter Arvato habe daraufhin mitgeteilt, die Änderungen mit großem Interesse aufgenommen zu haben. Obwohl man der Bitte von Arvato um ein Gespräch aus vergaberechtlichen Gründen nicht nachgekommen sei, habe das Ministerium den Eingang eines Angebots von Arvato für möglich gehalten.

Thematisiert wurde auch die Frage, wann Schulz Kenntnis davon erhielt, dass das finale Angebot von CTS Eventim und Kapsch TrafficCom deutlich über dem haushaltsrechtlichen Rahmen lag und damit unwirtschaftlich war. Schulz bestätigte die Darstellung früherer Zeugen, dass das erst am 14. November 2018 und damit vier Wochen nach Eingang des Angebots der Fall war. Er habe allerdings bereits am 18. Oktober erfahren, dass das Angebot eingegangen sei, und eine Mitarbeiterin aus dem Ministerium gefragt, ob die Summe in Ordnung sei. Dies habe die Mitarbeiterin bejaht. Als er am 14. November erfuhr, dass das Angebot nicht wirtschaftlich war, sei er "ziemlich sauer" und "extrem ungehalten" gewesen, berichtete der Zeuge.



02. Kreditgeber hatten lange keine Zweifel an Wirecard-Bilanzen

3. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/LL) In der öffentlichen Sitzung des 3. Untersuchungsausschusses ("Wirecard") unter Vorsitz von Kay Gottschalk (AfD) befragten die Abgeordneten am Donnerstag Vertreter der Banken, die dem insolventen Zahlungsdienstleister Wircard Geld geliehen hatten. Als Zeugen erschienen unter anderem Manager der Commerzbank.

Seit 2003 habe man mit Wirecard eine geschäftliche Beziehung unterhalten, berichtete Markus Chromik, Chief Risk Officer der Commerzbank AG. Am Ende sei die Commerzbank "Opfer eines in seiner Dimension unvorstellbaren Betrugs geworden". Zweifel an der durch die Wirtschaftsprüfer testierten Bilanz habe man viele Jahre nicht gehabt. Angesichts der vorgelegten Zahlen habe man im Rahmen des Konsortiums der Kreditgeber Kredite von knapp 200 Millionen Euro ausgereicht.

"Damals war der Kredit voll gerechtfertigt", sagte Chromik. Angesichts der anhaltend negativen Presse habe man allerdings das interne Monitoring sowie die Gespräche mit dem Management von Wirecard verstärkt. Die Bemühungen bei der Kreditprüfung seien weit über das hinaus gegangen, was normalerweise üblich sei. Man habe bei Wirecard "100 Prozent mehr Aufwand" betrieben als bei anderen Krediten.

Die Commerzbank sei dann zu dem Schluss gekommen, dass die gegen Wirecard erhobenen Vorwürfe die Rückzahlung des Kredits nicht gefährdeten. "Es gab zu keinem Zeitpunkt Anlass davon auszugehen, dass die Kreditmaterialität gefährdet war", sagte Martin Zielke, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Commerzbank AG. Außerdem hätten immer wieder ordentliche zertifizierte Abschlüsse der Wirtschaftsprüfer vorgelegen. Das sei eine wesentliche Voraussetzung für die Kreditvergabe. "Darauf verlassen wir uns bei unserer Arbeit", betonten beide Bänker.

Und schließlich habe es Gespräche mit dem Kunden Wirecard gegeben, die uns "das Gefühl einer kontinuierlichen Verbesserung" gegeben hätten, so Chromik. Dass es bei Wirecard Unregelmäßigkeiten geben könnte, sei ihm erstmals im Frühjahr 2018 bei einer Sitzung des Kreditkomitees zu Ohren gekommen. Mit weiteren internen Prüfungen sei die Commerzbank den durch die Financial Times erhobenen Vorwürfen nachgegangenen.

Bald habe sich der Verdacht erhärtet, "dass da etwas anders dargestellt wurde" als es gewesen sei, dass es in Südostasien, wo sich das Unternehmen mit Zukäufen engagierte, "seltsame Vehikel gibt, die nicht mehr plausibel erschienen", so der Zeuge weiter.

Die Bank habe sich schließlich entschieden, das Engagement bei Wirecard innerhalb eines Jahres, bis Frühjahr 2019, zu beenden. Ausschlaggebend für diesen "soft exit" seien die sich verdichtenden Hinweise auf Geldwäsche gewesen. Rechtlich habe dies kein Einzelkündigungsrecht des Kreditvertrags eröffnet, erläuterte Zielke. Die Frage sei gewesen: "Wie kommen wir aus der Geschäftsbeziehung raus, wenn es keine rechtliche Handhabe gibt."

Man sei dann mit dem Management von Wirecard übereingekommen, dass anstelle der Commerzbank ein anderer Konsortialpartner gesucht werden müsse. Schneller als die Ablösung des Kredits durch eine andere Bank war aber im Juni 2020 dann die Insolvenz gekommen.

Ausschussmitglieder fragten unter anderem, wie hoch der Schaden für den Steuerzahler und die Commerzbank sei, an der der deutsche Staat infolge der Finanzkrise noch zu 15 Prozent beteiligt ist.

Man habe den Kredit weiterhin in den Büchern, jedoch um etwa 187 Millionen Euro wertberichtigt. "Eine sehr große Abschreibung" sei dies. Aber der endgültige Schaden, wirtschaftlich wie rechtlich, könne noch nicht beziffert werden. Am Markt gebe es weiterhin Interessenten, etwa Hedgefonds, die Forderungen zu übernehmen. "Wir warten mal ab, wie sich das entwickelt", sagte Chromik, vielleicht komme man nach einiger Zeit besser aus der Sache heraus. Bei den Wirecard-Resten laufe im Übrigen eine "Recovery".