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DGB-Vorsitzender will digitalen Kapitalismus zivilisieren und fordert Ende des „digitalen Tagelöhnertums“

14. Mai 2018

Der wiedergewählte DGB Vorsitzende Reiner Hoffmann hat die Mitgliedsgewerkschaften ermutigt/aufgerufen, die großen Umbrüche in Gesellschaft und Wirtschaft wie Digitalisierung, Globalisierung, Klimawandel und demographischen Wandel demokratisch, sozial gerecht und nachhaltig zu gestalten: „Keiner hat mehr Erfahrung darin, den Strukturwandel zum Wohle der Menschen zu gestalten, als wir Gewerkschaften. Keiner ist darin erfolgreicher als wir, weil wir Gewerkschaften die Experten der Arbeitswelt sind, weil wir gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen“, sagte Hoffmann (Foto). Solidarität und demokratische Teilhabe seien die Basis, um die tiefgreifenden Veränderungsprozesse so zu gestalten, dass Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen besser würden.

Gewerkschaftliches Ziel sei, Gute Arbeit für alle zu erreichen, zu Tariflöhnen, mitbestimmt und mit starken Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerrechten- auch in der Digitalisierung. Für die Beschäftigten heiße Gute Arbeit immer häufiger: „Arbeit, die zu meinem Leben passt“. „Der  technologische Wandel bietet Chancen, birgt aber auch Risiken. Wohin die Reise geht, entscheiden immer noch wir! Denn die Frage ist, wie wir den Wandel gestalten. Die Frage ist, ob wir die Digitalisierung als Chance nutzen, um mit ihrer Hilfe Gute Arbeit und mehr Selbstbestimmung für die Menschen zu ermöglichen, oder ob wir zulassen, dass Maschinen und Algorithmen die Kontrolle übernehmen“, sagte Hoffmann.

Die Ablösung monotoner Tätigkeiten durch Maschinen sei „eine großartige Perspektive“, sagte Hoffmann. Bedingung sei aber eine Politik die dafür sorge, dass der Einsatz digitaler Technologien mehr Freiheit und Selbstbestimmung für die Menschen ermöglicht, nicht weniger. „Was wir erleben ist die Entstehung eines digitalen Kapitalismus, den wir zivilisieren werden“, kündigte der DGB-Vorsitzende an. Dafür müsse die Tarifbindung auch auf die Plattformökonomie ausgeweitet werden. Er forderte die Bundesregierung auf, das „digitale Tagelöhnertum“ auf diesen Plattformen zu beenden: „Dafür muss der Gesetzgeber für einen erweiterten Arbeitnehmerinnen- bzw. Arbeitnehmerbegriff sorgen, mit dem Arbeits- und Sozialrecht auch diese Beschäftigten zu schützen“, nannte er als Beispiel für eine solche Politik.

Voraussetzung für einen zivilisierten digitalen Kapitalismus sei Bildung: „Wir brauchen mehr Investitionen und dringend eine präventive Bildungsstrategie, wenn wir Arbeitslosigkeit durch Digitalisierung und Rationalisierung verhindern wollen“, sagte Hoffmann.

Der DGB-Vorsitzende forderte in seiner Rede zudem eine „faire Globalisierung“: „Auch für die Globalisierungspolitik muss gelten: Solidarität statt Spaltung! Nur so können wir dem aufkommenden Nationalismus wirksam begegnen. Eine faire Globalisierung - das heißt für uns: Internationale Arbeits-, Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards regulieren das Geschehen auf den Kapital-, Güter- und Dienstleistungsmärkten – und diese Standards werden weiterentwickelt und besser durchgesetzt.“ Mit ihrem neoliberalen Kurs habe sich die Globalisierung selbst in die Sackgasse manövriert.

Zu einer fairen Globalisierung gehöre dringend ein Kurswechsel in Europa, das seine Rolle als  soziales Referenzmodell verloren habe: „Wir wollen, dass Schluss ist mit Lohn- und Sozialdumping und der Deregulierung nationaler Schutzvorschriften im Sozial- und Arbeitsrecht – ebenso wie mit der Demontage unserer Unternehmensmitbestimmung. Wir wollen ein soziales Fortschrittsprotokoll, das Arbeitnehmerrechten und dem Sozialschutz Vorrang vor den Binnenmarktfreiheiten einräumt.“

Um die Herausforderungen zu bewältigen, müsse der DGB in den nächsten Jahren zu einem zentralen Ort strategischer Debatten über gesellschaftliche Zukunftsfragen werden. „Wir brauchen den DGB als Ort dieser Debatte, um unsere gewerkschaftlichen Interessen zu bündeln und gemeinsame Strategien zu entwickeln“, sagte Hoffmann. Hier solle ein „breiter gesellschaftlicher Dialog über die Zukunft unserer Arbeitswelt und Gesellschaft angestoßen werden“.