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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Fr.., 19. März 2021


01. Wirecard vergab besonders großzügige Beraterverträge

3. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/FMK) Die inzwischen insolvente Wirecard AG könnte die Vergabe von gut dotierten Beraterverträgen eingesetzt haben, um sich von Einzelpersonen und Institutionen eine wohlwollende Haltung zu erkaufen. Das geht aus Zeugenbefragungen durch den 3. Untersuchungsausschusses ("Wirecard") hervor. Auf der Sitzung am 18. März 2021 waren vor allem ehemalige Mitarbeiter der Wirecard AG als Zeugen geladen.

Der ehemalige Leiter der Buchhaltungsabteilung, Stephan Freiherr von Erffa, hatte im Dezember bei seiner ersten Ladung vor den Ausschuss versprochen, in diesem Jahr ausführlich auszusagen. Von Erffa befand sich in München in Untersuchungshaft: Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Teilnahme an dem groß angelegten Betrug vor, mit dem Wirecard die Existenz von mehreren Milliarden Euro vorgetäuscht hat. Das Gerichtsverfahren steht ihm noch bevor. Das macht von Erffa zu einem interessanten Zeugen, schränkt aber seine Möglichkeiten zur Aussage stark ein. Er muss sich vor dem Ausschuss in dem Strafverfahren nicht selbst belasten. Die Abgeordneten respektierten daher seinen Wunsch, Themen auszuklammern, um die es in dem Strafverfahren gegen sollte.

Dennoch konnte der Zeuge zahlreiche Details beitragen, die durchaus zum Untersuchungsgegenstand des Ausschusses gehören. Die Abgeordneten interessierten sich vor allem für die großzügigen Ausgaben für Berater, deren Verträge von Erffa teils mit unterschrieben hatte. So erhielt der ehemalige Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche, von Wirecard einen Vertrag für Beratungsdienste. Die Tätigkeit Fritsches war schon mehrfach Gegenstand der Erörterungen des Ausschusses gewesen. Er hatte beispielsweise einen Kontakt zum Wirtschaftsberater der Kanzlerin hergestellt. Fritsche wird im April vor dem Ausschuss vernommen.

Von Interesse war auch der Vertrag mit einem weiteren Wirecard-Berater: Burkhard Ley, der bis 2017 Finanzchef von Wirecard war. Sein Vertrag wies verblüffende Konditionen auf. Ley erhielt 900.000 Euro im Jahr für gelegentliche Beratung im Zusammenhang mit Firmenübernahmen. Auch einen Dienstwagen und eine Assistentin stellte sein ehemaliger Arbeitgeber ihm. Der Unions-Abgeordnete Matthias Hauer spekulierte in Form einer Frage darüber, ob diese Entlohnung nicht auch dazu dienen sollte, das ehemalige Vorstandsmitglied "bei Laune zu halten" - schließlich könnte er von den Praktiken des Konzerns gewusst haben.

Aufsichtsratschef bringt Kartenhaus zum Einsturz

Das Thema Beraterverträge bezog sich auch auf die Befragung zum Verhalten des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young (EY). Die Prüfer von EY hatten den Jahresabschlüssen von Wirecard jahrelang bescheinigt, weitgehend fehlerfrei zu sein. Jens Zimmermann (SPD) fragte den Zeugen von Erffa, ob er einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Vorgängen aus dem Jahr 2017 sehe: Erst verlangt EY zusätzliche Belege, kurz darauf ist bei Wirecard von der Vergabe zusätzlicher Beratungsmandate an das Unternehmen im Wert von mehreren Hunderttausend Euro die Rede. Von Erffa leugnete jedoch eine Verbindung. Schon im Normalbetrieb erhielt EY zwei bis drei Millionen Euro für seine Dienste, sagte der ehemalige Buchhaltungschef.

Generell beantwortete von Erffa viele der Fragen aus einer Grundhaltung heraus, als habe es zwar Betrug bei Wirecard gegeben, aber nicht in systemischer Form, sondern nur in Einzelfällen. Er stellte die fehlenden Gelder als Randphänomen dar, das sich gesondert aufklären lasse. Dabei waren die fingierten Zahlungen gerade die Hauptquelle für Umsatz und Gewinn. Von Erffa sprach dennoch davon, in welchen Bereichen der Konzern gewachsen sei - gerade so, als ob das Wachstum nicht rein auf Betrug basiert hätte. Von der Abgeordneten Cansel Kiziltepe (SPD) gefragt, wer an dem Betrug schuld sei, verwies er vage auf "die Täter". Er habe angenommen, Wirecard sei organisatorisch gegen Betrug gut gewappnet gewesen. Dabei hatte zumindest ein Teil des Vorstands, wie heute bekannt ist, einen Großteil seiner Energie auf zwielichtige Geschäfte aufgewandt.

Während von Erffa einen Innenblick bieten konnte, zugleich aber entsprechend befangen war, sollte der Zeuge Thomas Eichelmann eine neutralere Sichtweise mitbringen: Er war in den letzten Monaten vor dem Zusammenbruch der Aufsichtsratsvorsitzende von Wirecard. Zur Sorgfalt der Arbeit der Buchhaltungsabteilung, die von Erffa geleitet hat, sagte Eichelmann: "Mein Eindruck war vorsichtig ausgedrückt mittelmäßig." Es habe Anschuldigungen gegen von Erffa gegeben. Eichelmann hatte nach seinem Amtsantritt darauf gedrängt, im Unternehmen "aufzuräumen" und eine Sonderkontrolle durch die konkurrierende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG angeschoben. Die unabhängigen Prüfer sollten ausschließlich an den Aufsichtsrat berichten. Dieses Vorgehen hat letztlich zum Untergang von Wirecard geführt, weil KPMG innerhalb weniger Monate eindeutige Belege für groß angelegten Betrug zutage gefördert hat. Diese waren Ausgangspunkt für weitere Ermittlungen, die schließlich das Kartenhaus zum Einsturz gebracht haben.