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Aus dem Gerichtssaal: Wenn Großeltern das Wohl der Kinder aus dem Blick verlieren

Donnerstag, den 8. Juli 2021

Großeltern sind oftmals an der Erziehung und Förderung ihrer Enkelkinder beteiligt. Sie unterstützen die Eltern bei der Betreuung, ermöglichen den Kindern, ihre Wurzeln kennenzulernen und lassen sie an ihrer individuellen Lebensgeschichte und ihren Erfahrungen teilhaben. Es entstehen über die mit den Eltern und Geschwistern bestehenden Bindungen hinaus vielfach weitere Sozialbeziehungen, die es zu schützen und zu stärken gilt. 

Dies hat auch der Gesetzgeber gesehen und mit dem Kindschaftsrechtsreformgesetz im Jahr 1998 ein eigenes Umgangsrecht der Großeltern geschaffen, das sie gegebenenfalls auch gegen den Willen der Kindeseltern durchsetzen können. Dies setzt aber voraus, dass der Umgang dem Kindeswohl dient, denn allein durch die verwandtschaftliche Stellung der Großeltern wird ein solches Recht nicht begründet. In einem Konfliktfall muss das Familiengericht deshalb darüber entscheiden, ob der begehrte Umgang dem Wohl des Kindes entspricht.

Eine solche Entscheidung hatte der 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts Braunschweig im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens zu treffen (Az. 2 UF 47/21, Beschluss vom 30.06.2021), dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Die Großeltern väterlicherseits forderten von den getrenntlebenden Eltern, einen regelmäßigen Wochenend- und Ferienumgang zuzulassen. Der Vater befürwortete dies zusätzlich zu seinem eigenen Umgang mit den Kindern. Die Mutter hingegen sprach sich gegen weitergehende Umgänge mit den Großeltern aus, unter anderem mit der Begründung, dass die Beziehung zwischen den Großeltern und ihr sehr stark belastet sei.

Der Senat sah – ebenso wie bereits das Amtsgericht in der ersten Instanz – das Verhältnis der Großeltern zu der Mutter als derart tiefgreifend zerrüttet an, dass ein Umgang nicht zuzulassen war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diene der Umgang mit den Großeltern regelmäßig dann nicht dem Wohl des Kindes, wenn die Eltern und die Großeltern so zerstritten seien, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt gerate oder konkrete Anhaltspunkte dafür beständen, dass die Großeltern den verfassungsrechtlich eingeräumten Erziehungsvorrang der Eltern missachteten (BGH, Beschluss vom 12.07.2017, XII ZB 350/16). So war nach Auffassung des Senats der vorliegende Sachverhalt zu bewerten. 

Die Großeltern hätten sich wiederholt abwertend über die Kindesmutter und deren Biographie geäußert und dabei auch ihre Erziehungseignung in Frage gestellt, ohne dass dazu ein berechtigter Anlass bestanden hätte. So hätten sie beispielsweise die Herkunft der Familie der Mutter aus dem Osten und den Beruf der Großmutter mütterlicherseits als Reinigungskraft thematisiert, während sie sich selbst als Akademiker und gut situiertes Ehepaar als besser geeignet zur Förderung der Kinder dargestellt hätten. Sie hätten damit die Gefahr eines Loyalitätskonfliktes begründet.

Die in diesem Verfahren gezeigte offenkundig feindselige Haltung der Großeltern gegenüber der Mutter ziele auf deren Entwertung als erziehungsgeeignete Mutter ab und führte daher zu einer Zurückweisung des Antrags der Großeltern auf Durchsetzung eines eigenen Umgangsrechts.