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Aus dem Gerichtssaal: Geschwindigkeitsmessungen mit dem Messgerät LEIVTEC XV3 sind nicht immer zuverlässig genug

Samstag, den 3. Juli 2021

NACH EINER ENTSCHEIDUNG DES OBERLANDESGERICHTS CELLE KÖNNEN MESSERGEBNISSE DIESES GERÄTES IN BUSSGELDVERFAHREN DERZEIT NICHT MEHR OHNE WEITERES ZUGRUNDE GELEGT WERDEN 

CELLE. Geschwindigkeitsmessungen von Kraftfahrzeugen werden vor Gericht immer wieder als fehlerträchtig angegriffen. Dabei sind die Messgeräte im Zulassungsverfahren einer strengen technischen Prüfung unterworfen. Besteht ein Gerät diese Prüfung, bietet es bei Einhaltung der vorgegebenen Bedienvorschriften i.d.R. die hinreichende Gewähr für die Richtigkeit der erzielten Messergebnisse. Messungen können dann als sog. standardisierte Messverfahren in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren ohne weitere Überprüfungen zugrunde gelegt werden.

Gibt es trotz Einhaltung der Bedienvorschriften jedoch Anhaltspunkte für Fehlerquellen und unzulässige Messwertabweichungen, setzt die Verurteilung eines vermeintlichen „Temposünders“ voraus, dass das Gericht im Einzelfall feststellen kann, dass solche Messfehler zu Lasten des Betroffenen ausgeschlossen sind.

Einen derartigen Fall hatte jüngst der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Celle zu entscheiden (Beschluss vom 18. Juni 2021, Az.: 2 Ss (Owi) 69/21): Ein Kraftfahrzeugfahrer wurde mit dem Geschwindigkeitsmessgerät LEIVTEC XV3 kontrolliert. Hiernach sollte er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 37 km/h überschritten haben. Das Amtsgericht Walsrode hatte ihn deshalb zu einer Geldbuße von 140 € verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hin hob der Senat dieses Urteil auf und verwies das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück. Grund hierfür war, dass die für die Bauartprüfung dieses Messgeräts zuständige Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) zwischenzeitlich bei bestimmten Versuchsanordnungen seltene Messfehler reproduzieren konnte, die zulässige Toleranzen überschritten. Da der Abschlussbericht der PTB nicht eindeutig erkennen lässt, unter welchen Messbedingungen sich Messwertabweichungen zu Ungunsten bzw. ausschließlich zu Gunsten Betroffener auswirken können, sieht der Senat bei diesem Messgerät derzeit keine hinreichende Gewähr mehr für die Annahme eines standardisierten Messverfahrens und für die Zuverlässigkeit der erzielten Messergebnisse.

Das Amtsgericht muss deshalb mithilfe eines Sachverständigengutachtens genauer aufklären, ob in diesem konkreten Einzelfall die ausgewiesene Geschwindigkeitsüberschreitung sicher festzustellen ist.