Berlin. Obwohl die meisten Auszubildenden ihren
Gesundheitszustand als gut oder sehr gut bewerten, haben 58,8 Prozent von ihnen
gesundheitliche Probleme, die mit dem Arbeitsplatz zusammenhängen. Das zeigen
aktuelle Befragungsergebnisse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
„Auch Azubis haben oft schon arbeitsbedingte Gesundheitsbeschwerden. Mit Blick
auf den Fachkräftemangel in Deutschland könnten sich Betriebe mit passenden
Gesundheitsangeboten für diese Zielgruppe einen Wettbewerbsvorteil
verschaffen“, sagt Klaus Zok, Studienleiter im Forschungsbereich
Gesundheitspolitik und Systemanalysen des WIdO.
Über die Gesundheit von Auszubildenden in Deutschland ist
bislang wenig bekannt. Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat
deshalb eine repräsentative Befragung zu ihrem Gesundheitsverhalten und den
Belastungen am Arbeitsplatz durchgeführt, an der 1.420 Nachwuchskräfte aus 359
Klein- und Mittelbetrieben teilgenommen haben.
Danach bewerten knapp vier von fünf Azubis (83,2 Prozent)
ihre Gesundheit als gut oder sehr gut. Dennoch berichten 63,7 Prozent von ihnen
von körperlichen und 52,3 Prozent von psychischen Beschwerden. Jeweils ein
knappes Viertel gibt sogar an, dass sie häufig oder immer unter Verspannungen
(27,8 Prozent), Kopfschmerzen (26,2 Prozent) oder Rückenschmerzen (21,7 Prozent)
leiden. 43,2 Prozent berichten, dass sie sich immer oder häufig müde oder
erschöpft fühlen.
Diese Symptome bringen die Azubis mehrheitlich mit ihrem
Arbeitsplatz in Verbindung: Laut WIdO-Umfrage gibt mehr als jeder zweite
Befragte (58,8 Prozent) mindestens eine arbeitsbedingte gesundheitliche
Beschwerde an. Körperliche Gesundheitsprobleme werden dabei häufiger genannt
als psychische Symptome (43,5 gegenüber 36,5 Prozent).
Arbeitsbedingungen werden überwiegend positiv beurteilt
Dennoch sind drei Viertel der Auszubildenden (79,8
Prozent) sehr zufrieden mit den Arbeitsbedingungen in ihrem Betrieb. So
äußerten 68,4 Prozent der Befragten, dass sie durch die Arbeit angemessen
gefordert werden. 90,4 Prozent erleben ihr Arbeitsklima als spannungsfrei und
83,4 Prozent fühlen sich im Kollegenkreis anerkannt. Auch das Verhältnis zu
ihrem Vorgesetzten bewertet die große Mehrheit als gut (87,7 Prozent). „78
Prozent der Azubis sehen für sich gute Entwicklungschancen in ihrem
Unternehmen. Das ist eine gute Nachricht für die Betriebe. Ausruhen können sie
sich darauf jedoch nicht. Denn gerade bei den Themen Führung und Fehlerkultur
gibt es laut unserer Befragung auch Defizite“, so Klaus Zok.
So hat mehr als jeder fünfte Azubi (21,5 Prozent) Angst
davor, bei der Arbeit Fehler zu machen. Ähnlich viele Auszubildende (20,9
Prozent) geben in der Befragung an, dass sie nur teilweise Anerkennung und Lob
erfahren, weitere 7,2 Prozent erleben dies gar nicht. Dabei werden insbesondere
Probleme mit dem Vorgesetzten von zwei von fünf Befragten (41,6 Prozent) als
sehr stark oder stark belastend empfunden.
Anzahl der Fehltage variiert mit Lebensstil
Die Befragung des WIdO erfasst darüber hinaus das
Bewegungs- und Ernährungsverhalten, die Schlafgewohnheiten, den Medienkonsum
sowie den Konsum legaler oder illegaler Drogen. Auf Grundlage der Antworten
wurde das Gesundheitsverhalten der Azubis in die Kategorien „eher
gesundheitsförderlich“ und „eher risikoreich“ eingeteilt. Im Ergebnis zeigt
sich, dass die Gruppe der Auszubildenden mit einem eher gesundheitsförderlichen
Verhalten deutlich seltener krank ist (durchschnittlich 6,7 Fehltage in den
letzten zwölf Monaten) als die Vergleichsgruppe mit einem eher riskanten
Gesundheitsverhalten (9,3 Fehltage). Im Durchschnitt gaben die Azubis in der Befragung
8,2 Krankheitstage in den letzten zwölf Monaten an.
Azubis sind offen für Betriebliches Gesundheitsmanagement
„Gesundheitsangebote können den Krankenstand eines
Unternehmens positiv beeinflussen. Die Azubis sind dafür sehr aufgeschlossen“,
sagt Studienleiter Zok. Vier von fünf Befragten halten betriebliche
Gesundheitsangebote für gut (81,5 Prozent). Bei Frauen fällt die Zustimmung mit
86,6 Prozent noch höher aus als bei Männern (73,8 Prozent). Den meisten
Zuspruch bekommt ein gesundes Kantinenangebot, aber auch Entspannungsangebote
und Rückenschulungen sind für viele interessant. „Die Angebote sollten jedoch
auf die junge Zielgruppe zugeschnitten sein. Das würde sie für weibliche und
männliche Azubis gleichermaßen interessant machen.“
Text: © 2019 WIdO – Wissenschaftliches Institut der AOK