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nicola beer

Politik-News: BEER-Interview: Ein harter Brexit muss verhindert werden

Mittwoch, den 3. April 2019


Die FDP-Generalsekretärin und Spitzenkandidatin der FDP zur Europawahl, Nicola Beer (Foto), gab der „Main-Post “ (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Michael Czygan.

Frage: Frau Beer, das Hickhack um den Brexit lähmt Europa. Wie soll es weitergehen?

Beer: Das müssen zuallererst die Briten selbst entscheiden. Wenn aber die Parlamentarier im Unterhaus nicht in der Lage sind, Mehrheiten zu finden, sollte man meiner Meinung nach wieder der Bevölkerung das Heft des Handelns in die Hand geben und sie in einem neuen Referendum entscheiden lassen.

Frage: Aber man kann die Briten doch nicht abstimmen lassen, bis es ein Ergebnis gibt, das uns passt.

Beer: Völlig richtig. Aber es liegen ja jetzt konkrete Vorschläge auf dem Tisch. In einem Referendum bestünde die Möglichkeit zu fragen: Wollt ihr den Deal von Theresa May, wollt ihr einen harten Brexit oder wollt ihr, nachdem ihr das Ergebnis der Verhandlungen seht, doch lieber in der EU bleiben?

Frage: Verstehen Sie die Menschen, die sagen, wir haben keine Lust mehr, mit den Briten zu diskutieren?

Beer: Dieses Genervt-Sein auf beiden Seiten des Ärmelkanals kann ich gut nachvollziehen. Nichtsdestotrotz wissen wir, ein harter, ungeregelter Brexit wäre für beide Seiten die schlechteste aller Alternativen. So ein klarer Bruch der Beziehungen bedeutet auch für unsere Wirtschaft mehr Bürokratie, mehr Kosten. Da sind Arbeitsplätze gefährdet. Aber auch die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung bei der inneren und äußeren Sicherheit wäre betroffen. Nicht zu vergessen die Folgen für Briten und EU-Bürger, die auf der jeweils anderen Seite leben und arbeiten. All das ist die Mühe wert, weiter zu versuchen, einen harten Brexit zu verhindern.

Frage: „Ein rabenschwarzer Tag für das freie Internet“ haben Sie nach dem Ja des Europaparlaments zur Reform des Urheberrechts getwittert. Die FDP war dagegen. Warum eigentlich? Eigentumsrechte werden von Liberalen sonst hoch gehalten.

Beer: Das ist auch weiterhin so. Geistiges Eigentum ist Eigentum und muss geschützt werden. Wir glauben nur, dass es dafür bessere Möglichkeiten gibt als Upload-Filter. Etwa durch eine Verbesserung des Notice-und-Take-down-Verfahrens, unrechtmäßig hochgeladene Inhalte wieder zu entfernen, aber vor allem eine faire Bezahlung derjenigen zu erreichen, deren Musik gehört, deren Texte gelesen und deren Filme geschaut werden – zum Beispiel durch Pauschal-Lizenzverträge zwischen den großen Plattformen und den Verwertungsgesellschaften oder durch Mikrolizensierungen mithilfe der Blockchain-Technik.

Frage: Würden Sie als Abgeordnete CSU-Mann Manfred Weber zum Präsidenten der EU-Kommission wählen?

Beer: Wir haben mit Margrethe Vestager, der amtierenden Wettbewerbskommissarin aus Dänemark, eine sehr kompetente, durchsetzungsstarke Frau als alternatives Angebot. Ich würde am liebsten sie zur Kommissionspräsidentin wählen.

Frage: Die Liberalen arbeiten im Europa-Wahlkampf mit Emmanuel Macron zusammen. Was hat der französische Präsident, was Angela Merkel nicht hat?

Beer: Er hat eine europäische Vision. Man kann über die Details seiner Vorschläge durchaus diskutieren, man muss es aus Sicht der Freien Demokraten in Deutschland auch, aber er will so wie wir die EU reformieren, damit sie besser wird.

Frage: Macron fordert unter anderem eine gemeinsame Finanz- und Sozialpolitik, da war die FDP bislang – Stichwort Griechenland-Hilfen – eher skeptisch.

Beer: Es geht erst einmal um die Grundsatzentscheidung: Überlassen wir Europa den Populisten oder den Ewig-weiter-so-Formalisten von EVP und Sozialisten? Haben wir die Kraft, den Mut und vor allem die Konzepte, dieses Europa zu verändern, um es stärker für die Bürgerinnen und Bürger aufzustellen?

Frage: Was wollen Sie konkret?

Beer: Wir müssen die Union befähigen, schneller zu entscheiden und vor allem auch zu handeln. Wir brauchen dringend gemeinsame Lösungen in der Migrationspolitik, in der Klimapolitik, bei äußerer und innerer Sicherheit, wir müssen wieder mehr auf Freihandel setzen. Dazu müssen wir die Struktur verändern: Die Kommission muss kleiner werden, niemand braucht 28 Kommissare. Wir müssen dem Parlament das Recht geben, selbst Gesetzesinitiativen zu starten und wir brauchen mehr Mehrheitsentscheidungen im Rat, damit aus dem trägen Flusskahn EU endlich ein hochseetauglicher Segler wird.

Frage: CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat gefordert, entweder Brüssel oder Straßburg als EU-Parlamentssitz aufzugeben. Wären Sie dabei?

Beer: Ja. Es ist an der Zeit, den Wanderzirkus zwischen Straßburg und Brüssel zu beenden. Ob es dann Straßburg oder Brüssel wird, sollten wir den Parlamentariern überlassen. Wichtig wäre, dass es für den anderen Standort, ähnlich wie damals bei der Debatte um Bonn oder Berlin, einen Ausgleich gibt. Wir Liberale können uns zum Beispiel die Gründung einer europäischen Universität vorstellen.