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Lucy & Dicki, Teil 21 – Eine Geschichte von Annemarie Stern aus Haldensleben

Besuch bei Bläcky

Haldensleben, 3. März 2019


Eine Geschichte von Annemarie Stern

Lucy war auch Tage später nach dem Genuss des vergifteten Fleisches nicht wieder die alte Frohnatur geworden. Dicki versuchte sie aufzuheitern. Er schnurrte ihr zärtliche Worte ins Ohr, rieb sein Fell an ihrem Körper, aber nichts half. Sie saß einfach nur neben Dicki und starrte ins Leere. Eines Tages schnurrte sie zurück. Dicki war sehr froh. Lucy erzählte ihm, sie hätte in ihren Träumen immer wieder von Prinzesschen geträumt. Auch die Katzenkinder Pünktchen, Mäxchen und Bläcky wären durch ihre Träume spaziert und hätten Spuren der Sehnsucht in ihrem Kopf und in ihrem Herzen hinterlassen. „Wie es unseren Kindern wohl ergangen ist? Wo mögen sie jetzt leben? Denken sie auch noch an uns?“, fragte Lucy mit zitterndem Schnurren ihren Dicki. 

Bereits am nächsten Vormittag machten sich die Beiden auf die Suche nach ihren Kindern. Aber ihre  Nachforschungen blieben erfolglos. Sie wussten nicht, wo sie suchen sollten. Da schoss Dicki ein Gedanke durch den Kopf. „Vielleicht kann uns Arno  helfen? Er hat auch bei der verschwundenen Emmi die besten Ideen gehabt! Und er kennt viele Katzen in unserer Stadt!“ Erleichtert besuchten sie Arno auf dem Schrottplatz. Arno wusste tatsächlich, wo ihre beiden Katzenkinder Mäxchen und Bläcky jetzt lebten! Er führte sie zu einem zweistöckigen, rot geklinkerten Bauernhaus. „Oben wohnt die Familie mit den Kindern und unten im Haus leben die Großeltern. Der Opa war der Förster hier im Ort. Er hat sich ein Herz für Tiere erhalten. Allerdings gehören Katzen nicht gerade zu seinen Lieblingstieren. Hier lebt auch euer Bläcky. Das Mäxchen wohnt hinter dem Lebensmittelladen bei Familie Meyer. 



Neugierig schlüpften Lucy und Dicki unter das Torweg von Bläckys neuem Zuhause hindurch. Erstaunt sahen sie sich um. Auf dem Hof liefen gackernde Hühner herum. Auf dem Misthaufen stand stolz der Herrscher des Hühnervolkes, ein prächtiger Hahn. Zwei Hennen führten stolz und aufmerksam ihre quirlige Kükenschar über den Hof. Gegenüber vom Torweg befand sich ein großes, eingezäuntes Gehege. Dort flatterten und sangen unzählige Vögel in einem Baum, der dort wuchs. Unten auf dem Boden des Geheges liefen zwei Meerschweinchen ihre Runden im Heu. Es standen Futternäpfe und Trinkschalen auf dem Boden des Geheges. Plötzlich erklang ein erstauntes Miauen zu Lucy und Dicki herüber. Es war ihr Kind, das vor Erstaunen miaut hatte! Die Drei liefen aufeinander zu, schnurrten und schmusten miteinander. Dadurch wurde ihre Aufmerksamkeit abgelenkt. Deshalb bemerkten sie auch nicht, dass sich der Dackel des Försters an sie herangeschlichen hatte. Er umkreiste die Katzen laut bellend. Seine Kreise wurden immer enger und er versuchte den beiden Eindringlingen in die Läufe zu beißen. Immer wieder schnappte er zu und seine Zähne schlugen heftig aufeinander, wenn er wieder vergeblich zugebissen hatte. Lucy und Dicki miauten laut vor Schreck. Sie hopsten in ulkigen Sprüngen in die Luft, um den Zähnen des Dackels zu entkommen. Auch Bläcky konnte ihnen nicht helfen, so sehr er auch versuchte dem Dackel klarzumachen, dass seine Eltern ihn besuchen gekommen waren. Das schauerliche Miauen nahm an Laut- stärke zu. Da ging das Bellen vom Dackel in ein schreckliches Heulen über. Die Vögel in der Voliere begannen zu flattern, und sie stießen ein lautes, schrilles Gepiepe aus. Die Hennen sammelten ihre Küken ein und versteckten sie unter ihrem Gefieder. Plötzlich war ein unvorstellbarer Lärm auf dem vorher so friedlichen Hof zu hören.



Der alte Förster kam mit seinem Luftgewehr aus dem Hausflur gelaufen. „Was ist hier los! Wo ist der Fuchs? Wo? Oder sind es doch Katzen?“, schrie  er atemlos. Er rief seinen Dackel mit einem lauten „Aus“ zur Ruhe. Nur Lucy und Dicki miauten noch aus voller Kehle. „Ruhe, ihr zwei Schreihälse! Wo kommt ihr denn her?“ Da fingen Lucy und Dicki an stark zu zittern, sie erstarrten vor Angst und wurden stumm vor Schreck. Wie gebannt schauten sie auf den Flintenlauf, der nun genau auf sie gerichtet war. Sie waren noch nie vorher mit einer Flinte bedroht worden. Aber sie ahnten tief in ihrem Inneren, dass es etwas ganz Gefährliches war. 

Die Seitentür des Hoftores öffnete sich. Herein kam Mike mit seiner Schultasche und seinem Sportbeutel. „Mensch Opa! Was ist denn hier los! Das Gebelle, Miauen und das erschreckte Piepen der gesamten Vogelschar habe ich bis auf die Straße gehört! Oh, wem willst du denn mit dem Gewehr drohen? Ist der Herr Reineke Fuchs nun schon am helllichten Tag auf unseren Hof gekommen?“, fragte er den Opa. Dann erblickte Mike die beiden Besucher. „Ach, nimm bitte das Luftgewehr runter! Du zielst genau auf Lucy und Dicki! Die Beiden sind keine streunenden Katzen. Sie werden sich nicht an den kleinen Küken vergreifen. Lucy ist doch die Katzenmama von unserem Bläcky! Das weiß ich ganz genau. Ich habe ihn doch gemeinsam mit meiner Mutti abgeholt! Bestimmt möchten sie nur Bläcky mal besuchen!“, erklärte Mike seinem Opa. Mit großer Erleichterung sahen Lucy und Dicki, wie der Opa die Waffe sinken ließ.  

Lucy und Dicki packten die günstige Gelegenheit beim Schopf und schlängelten sich blitzschnell durch den Spalt des Torwegs. Erst auf der Straße holten sie tief Luft. Bläcky, der ihnen gefolgt war, klärte sie auf. „Es wurden jeden Tag weniger Küken. Da legte sich der Opa auf die Lauer, um den Dieb zu fangen. Aber der Fuchs roch den Braten. Opa hatte ihn noch weglaufen gesehen. Aber sein Pfeifenrauch hat ihn verraten und der Fuchs entkam ihm. Dann ging es einige Tage gut. Aber gestern verschwand wieder ein Küken. Opa vermutet nun, dass es von streunenden Katzen oder von einem Raubvogel geholt wurde. Da wurde mein Opi fuchsteufelswild. Er holte zur Abschreckung  das Gewehr aus seinem Waffenschrank hervor.“ „Damit werde ich den Räubern einen tüchtigen Schreck einjagen, wenn ich einmal in die Luft schieße“, hatte er zu Mike gesagt. Bläcky aber hatte zugehört.

Lucy, Dicki und Bläcky schnurrten einander immer wieder zu. Als es zu dämmern begann, verabschiedeten sich Dicki und Lucy mit einem zärtlichen Schnurren von Bläcky, dann liefen sie  glücklich nach Hause. Ihr erstes Kind hatten sie gefunden. Dicki war sehr froh, dass seine Lucy nun wieder glücklich war.