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Rothensee Kirche

Magdeburger Stadtteile: Rothensee im Wandel der Zeiten

110 Jahre Stadtteil Rothensee – vom Weidedorf zum Industriestandort

Magdeburg, 8. Oktober 2018


Von Annett Szameitat

Der Magdeburger Stadtteil „Rothensee“, nordöstlich der Landeshauptstadt gelegen, zählt zu den ältesten Ansiedlungen vor den Toren Magdeburgs.

Geradezu „sagenhaft“ soll die Entstehung von „Rodense“ dem heutigen Rothensee gewesen sein: Der Legende nach hielt hier vor Urzeiten auf seiner Burg ein Raubritter eine schöne Prinzessin gefangen, bewacht vom Lindwurm, einem drachenähnlichen Tier. Ein kühner Recke tötete das Ungeheuer, besiegte den Raubritter und befreite die Prinzessin. Aus dem Blut des Lindwurms entstand ein See, „der rote See“. An diesen, wahrscheinlich aus einem alten Elbarm stammenden Badesee, erinnert noch heute die Badeteichstraße. 

Der Ortsname aus Roden und See entstammt der früheren Ortslage in der wald- und wasserreichen Elbniederung. Erstmalig erwähnt wurde der Ort 1176 in einer Urkunde des Magdeburger Erzbischofs Wichmann. Gemäß einer Nachricht von 1185 vom „flämischen Erbe“ waren die Siedler flämischer und holländischer Herkunft. Als Grundherren walteten die Ritter von Rothensee, deren Geschlecht bis 1313 nachweislich ist. Der erhaltene mittelalterliche Wohnturm im Turmhof ist vermutlich ein Relikt dieser Zeit. 



Um 1300 entstand die erste Dorfkirche. Mit dem sich  verändernden Verlauf der Elbe ging das Dorf zum Ende des 13. Jahrhunderts von der Mark Brandenburg zum Erzbistum Magdeburg über. Das Wald- und Weidedorf überstand die Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg und brannte 1731 fast völlig ab. 

Mit der Nähe zur Elbe bestand über Jahrhunderte die Bedrohung durch Hochwasser. Nach dem schweren Hochwasser von 1845 gründete sich der Magdeburg-Rothensee-Wolmirstedter Deichverband. Bis 1862 entstand ein hochwassersicherer Deich. Wirtschaftlich wurde das Waldgebiet um den Ort  bis Anfang des 19. Jahrhunderts zur Holzgewinnung und zur Jagd genutzt. Nach Abholzung des Rothenseer Busches gewann die Landwirtschaft mehr und mehr an Bedeutung. Der alte Ortskern mit seiner 1910 neu erbauten Kirche und seinen Hofanlagen hat noch heute seinen ländlichen Charakter erhalten.



Zahlreiche Straßennahmen erinnern an die wechselvolle Historie des Ortes Rothensee, dessen heutige Schreibweise seit dem 18. Jahrhundert gilt. Während der napoleonischen Kriege Anfang des 19. Jahrhunderts geriet das Dorf im Jahr 1806 bis 1814 unter französische Fremdherrschaft. Nach der Niederlage Napoleons kehrte Rothensee ins preußische Reich zurück, in den Kreis Wolmirstedt. 1897 wurde der Ort an die Bahnlinie Magdeburg-Stendal angeschlossen. 

Der Eingemeindung zu Magdeburg 1908 folgte eine zunehmende Industrialisierung und Erweiterung des Ortes. Der Bau des Winterhafens, eines großen Güterbahnhofes, der Anschluss an das Elektrizitätsnetz 1910 waren erste Meilensteine zum heutigen Industriegebiet. Mit der Industrialisierung vervielfachte sich die Einwohnerzahl. Neue Wohngebiete, wie 1921 das Wohnviertel Windmühlenstraße entstanden und 1925 die heutige denkmalgeschützte  August-Bebel-Schule. 1938 wurde das Schiffshebewerk Rothensee errichtet. Seit 1941 verkehrt die Straßenbahn zwischen Rothensee und Magdeburg.



Das KZ-Außenlager Magda bestand ab 1944. Nach den Zerstörungen im 2. Weltkrieg folgte in den 1960er Jahren eine weitere Industrialisierung. Großbetriebe, wie das Asbestzementwerk und die Stahlgießerei prägten den Standort. Ansonsten gab es im Stadtteil wenig strukturelle Veränderungen. Der politischen Wende 1990 folgte die weitgehende Schließung der meisten DDR- Industriebetriebe in Rothensee. 

Nach und nach entstanden neue Industrieansiedlungen zwischen Saalestraße und August-Bebel-Damm. Im Rahmen des Stadtteilentwicklungskonzeptes Rothensee der Landeshauptstadt Magdeburg wird seit Mitte der 1990er Jahre kontinuierlich an der Weiterentwicklung des gemischten Industrie- und Wohnviertels im Magdeburger Norden gearbeitet. Dabei geht es um die Vereinbarkeit der Interessen von Industrie, Umweltschutz und den Belangen der Einwohner. 

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Fotos: (c) Florian Schreiter