veröffentlicht am 21. Januar 2025
- Kontrollen vor Ort zur Verbesserung der Verkehrssicherheit
- Informationen und Rechte für Betroffene und Passagiere sicherstellen
21. Januar 2025 - Der Automobilclub von Deutschland (AvD) nimmt zu den Themen des 63. Deutschen Verkehrsgerichtstag, vom 29. bis 31. Januar 2025 in Goslar Stellung.
Gegenstand der Diskussionen sind die in Arbeitskreisen (AK) vorgestellten aktuelle Fachthemen aus allen Bereichen des Verkehrsrechts.
Arbeitskreis I: „Cannabismissbrauch im Straßenverkehr“
AvD: Wer ein Auto fährt, ist nüchtern
Der Arbeitskreis will eine erste Bilanz des neuen “Cannabis-Gesetzes” mit seinen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit ziehen.
Der Automobilclub von Deutschland (AvD) vertritt die Devise "Auto? - Kein Alkohol oder Drogen!", weil Konsumenten die Wirkung eines jeden Rauschmittels auf die Eignung zum Autofahren nicht zuverlässig einschätzen können.
Wer sich ans Steuer setzt, muss nüchtern sein. Der AvD sieht in der Setzung eines THC-Grenzwertes, die das Trennen des Konsums von Rauschmitteln und Fahren eines Kraftfahrzeuges in den Mittelpunkt stellt, als konsequent an. Die Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit bzw. deren Beeinträchtigung ist so sicher zu bestimmen.
Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit fordert der AvD aber verstärkte Anstrengungen der Kontrollen von Autofahrern vor Ort. Neben einer ausreichenden personellen Ausstattung der Polizei sind aber vor allem aussagekräftige Schnelltests notwendig. Die aktuell eingesetzten Probenkits geben lediglich über den Rauschmittelkonsum als solchen Auskunft. Schon die Expertenkommission, die den THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Liter Blutserum benannt hatte, verlangte die Einführung von spezifischen Speicheltests.
Im Cannabisgesetz gibt es eine Amnestieregelung für abgeschlossene Verfahren. Staatsanwaltschaften sind immer noch damit beschäftigt, Strafakten mit Bezug zum Betäubungsmittelgesetz händisch daraufhin auszuwerten, ob die betroffenen Sachverhalte nach der neuen Rechtslage straflos wären. Um diesen noch einige Zeit notwendigen Mehraufwand zu vermeiden, sollte die Überprüfung Tatrichtern vorbehalten sein. Im Rahmen von aktuellen Verfahren im Bereich Betäubungsmittel wäre dann die (bei Altfällen) nicht mehr vorhandene Strafbarkeit im Zusammenhang mit Cannabis in der Strafzumessung zu berücksichtigen.
Im Zusammenhang mit der Entkriminalisierung des Cannabiskonsums treten für Strafverfolgungsbehörden zudem negative Folgen bei der Bekämpfung organisierter Kriminalität auf. Das betrifft unter anderem die Verwertung verschlüsselter Chat-Nachrichten in Betäubungsmittelverfahren. Gerichte haben in Verfahren nach Inkrafttreten des Cannabisgesetzes vorgelegte Chats als Beweis schon zurückgewiesen, wenn kein Bezug zu anderen Rauschmitteln gegeben war. Eine Präzisierung der entsprechenden Vorschriften ist aus Sicht des AvD angezeigt.
Mit der Polizei ist zu fordern, dass der Tatbestand des Fahrens unter Cannabiseinfluss im Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz zu verankern ist. Die Auswirkungen des Cannabiskonsum auf die Straßenverkehrssicherheit sind so nachvollziehbar und man kann auf gesicherter Datengrundlage gegensteuern.
Arbeitskreis II: MPU-Vorbereitung unter der Lupe
AvD will mehr Qualität und Transparenz in der Beratung zur MPU
Eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) ist nach einer strafrechtlich oder verwaltungsrechtlichen sanktionierten Alkohol- oder Drogenfahrt, oder nach zu vielen Punkten in Flensburg, oft Pflicht vor der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Betroffene werden bei der Vorbereitung auf diese Hürde weder von den Behörden informiert noch gibt es offizielle Hilfestellungen oder auch nur gesetzliche Vorgaben. Aufgrund dieser Ausgangslage hat sich ein Markt mit einer Vielzahl von Vorbereitungskursen und Beratungsangeboten etabliert, der keinerlei Kontrolle unterliegt. Der Arbeitskreis diskutiert über mögliche Regulierungen der Szene.
Der AvD unterstützt dabei die Forderung nach einer Beratungspflicht bei jedem Entzug/Verzicht der Fahrerlaubnis als Voraussetzung für die Neuerteilung. Angesichts von rund 90.000 absolvierter MPU pro Jahr ist das eine einfache Maßnahme, die dazu beitragen kann, dass nur zum Führen eines Kfz geeignete Personen den Führerschein wiedererlangen.
Die Verankerung der Beratung im Normensystem der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) ist dabei sinnvoll. Der Nachweis einer Teilnahme sollte eine der Voraussetzungen bei Antragstellung auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis sein. Die Informationen sind schon im laufenden Straf- oder Verwaltungsverfahren dem Betroffenen verpflichtend mitzuteilen.
Die Behörde müsste unmittelbar nach Kenntnis des belastenden Ereignisses den Betroffenen auf die Beratungsverpflichtung hinweisen. Ein Ersttermin ist kostengünstig und ein auf die individuelle Situation abgestimmter erster Schritt zum neuen Führerschein. Eine solche Erstberatung sollte anbieterneutral und mit verbindlichem Kostenrahmen erfolgen.
Die notwendigen Zertifizierungen der Berater und Stellen können sich in das bestehende gesetzlich geregelte System zur Anerkennung der MPU-Stellen eingliedern. Der AvD befürwortet die bereits seit längerem vorgeschlagene Vereinheitlichung der Anerkennungsverfahren hinsichtlich sämtlicher verkehrspsychologischer Tätigkeitsfelder in Straßenverkehrsgesetz und Fahrerlaubnisverordnung in einer eigenen Regelung. Dabei sind die Rahmenbedingungen der Fahreignungsberatung und aller verkehrspsychologischen fahreignungsfördernden Maßnahmen im Vorfeld einer MPU aufzunehmen.
Ziele, Inhalte und Dokumentation der Beratung sowie zur gesetzlichen Regelung hinsichtlich der Qualifikation von Personen und Stellen, die verkehrspsychologische Maßnahmen zur Förderung der Fahreignung anbieten, sind dann ebenfalls vorzugeben. Eine seriöse und kompetente Fahreignungsberatung bzw. darüber hinausgehende verkehrspsychologische Fahreignungsförderung kann so am besten sichergestellt werden.
Mit vielen Experten erwartet sich der AvD dadurch eine höhere Transparenz und mehr Sicherheit für Betroffene auf dem Weg zum neuen Führerschein.
Text / Foto: AvD - Automobilclub von Deutschland